1. Über dieses Buch

1.1. Kann Paketmanagement Spaß machen?

Ja! Und wir werden Ihnen in diesem Buch zeigen, warum das so ist.

Software ist heute meist sehr komplex und darum modular aufgebaut. Das gilt nicht nur für das Betriebssystem Linux und andere freie Anwendungen, sondern hat sich als allgemeines Prinzip in der Softwareentwicklung durchgesetzt.

Modularität hat mehrere Facetten: einzelne Bausteine für spezifische Aufgaben, klare Beschreibungen zu deren Funktion, definierte Schnittstellen und Protokolle zur Kommunikation untereinander. All dies gewährleistet die Kombination und Austauschbarkeit von Komponenten, also die flexible Anpassung der Software an konkrete Anforderungen. Modularität heißt aber auch Abhängigkeiten: Bausteine und Funktionen bedingen einander, bauen aufeinander auf, verlangen bei der Installation eine vorgegebene Reihenfolge – und stehen ggf. zueinander in Konflikt. Das betrifft insbesondere Varianten und Entwicklungsstufen einer Implementierung.

Auf die Verwaltung von Software übertragen, heißt das: Die einzelnen Module werden als Pakete (Packages) bereitgestellt. Das setzt voraus, dass deren Bezug zueinander (Relation) klar geregelt ist; nur so kann ein Betriebssystem wie Debian GNU/Linux (siehe [was-ist-debian]) funktionieren und weiterentwickelt werden, an dem Hunderte von Entwicklern aus der ganzen Welt mitwirken und das inzwischen aus mehr als 40.000 Paketen besteht. Ohne ein leistungsfähiges Paketmanagement wäre dies unmöglich.

Debian GNU/Linux und davon abgeleitete Betriebssysteme – wie Ubuntu [Ubuntu], Linux Mint [LinuxMint], Knoppix [Knoppix] oder Grml [Grml] – setzen auf dem Paketformat deb und der Paketverwaltung mit dpkg und APT auf. Neben dem RPM-Paketformat (siehe [varianten-und-formate-fuer-softwarepakete]) ist die Kombination aus dem deb-Format und seinen Werkzeugen am weitesten unter den verschiedenen Linux-Distributionen verbreitet. Das hat mehrere Gründe:

  • Es funktioniert verlässlich.

  • Es ist ausführlich und meist auch verständlich dokumentiert. Leider ist die Dokumentation aber nicht ganz einheitlich und recht verstreut – weshalb nicht zuletzt auch dieses Buch entstanden ist.

  • Pakete für Debian GNU/Linux sind aufeinander abgestimmt, wurden vorab intensiv getestet und unterliegen strengen Qualitätskontrollen.

  • Pakete für Debian GNU/Linux werden nach ihrer Veröffentlichung (Release) bzw. ihrem Entwicklungszweig kategorisiert: oldoldstable, oldstable, stable, testing, unstable oder experimental. Ein Paket für Debian GNU/Linux kann in mehreren dieser Zweige parallel vorliegen und unterscheidet sich nur in seinem jeweiligen „Reifegrad“. Als Benutzer wissen Sie daher genau, worauf Sie sich einlassen, wenn Sie einen bestimmten Entwicklungsstand benutzen (falls nicht, lesen Sie in [veroeffentlichungen] nach). Das Debian-Derivat namens Ubuntu handhabt das etwas anders: Es unterscheidet nur zwischen mehreren stabilen Veröffentlichungen und dem Entwicklungszweig. Im Rahmen einer halbjährlichen Freigabe wird aus dem Entwicklungszweig die nachfolgende, stabile Veröffentlichung.

  • Kein Stress mit Lizenzen. Es ist klar geregelt, welche Bedingungen ein Paket erfüllen muss, damit es überhaupt in den offiziellen Bestand von Debian GNU/Linux unter den Distributionsbereich main Eingang findet. Alle anderen Pakete werden in die Bereiche contrib oder non-free einsortiert. Ubuntu kennt kein Äquivalent zu contrib und verwendet statt non-free die beiden Bereiche restricted und multiverse (siehe [distributionsbereiche]).

  • Die beiden Debian-Entwicklungszweige unstable und testing (siehe [veroeffentlichungen]) wie auch der Bereich Debian Backports (siehe [debian-backports]) bekommen regelmäßig neue Pakete, die das Paketverwaltungswerkzeug aptitude (siehe [aptitude]) in einer eigenen Liste übersichtlich darstellt. Das ist fast wie Weihnachten, nur günstiger und häufiger.

All dies gewährleistet zwar nicht, dass Software fehlerfrei ist, allerdings reduziert dieses Vorgehen die Zahl der Fehlerquellen deutlich. Es stellt insbesondere sicher, dass sich Softwarepakete unter Berücksichtigung ihrer Abhängigkeiten konfliktfrei installieren, konfigurieren, ausprobieren und auch wieder vollständig aus dem System entfernen lassen. Der Fall, dass andere, bereits integrierte Komponenten Schaden nehmen, ist bei korrektem Vorgehen nahezu ausgeschlossen. Falls das Problem doch auftritt, ist es definitiv in überschaubarer Zeit mit Bordmitteln zu beheben. Diese Werkzeuge stehen im Mittelpunkt dieses Buches.

Die Sorge, dass Sie durch Ausprobieren Ihr Arbeitsgerät unbenutzbar machen, ist unberechtigt – zumindest innerhalb von Debian stable. Aber auch in Debian unstable passiert das nur sehr selten. Ausführlicher gehen wir darauf im Zusammenhang mit Distributionsbereichen (siehe [distributionsbereiche]) und Veröffentlichungen (siehe [veroeffentlichungen]) ein. Fühlen Sie sich also ausdrücklich ermutigt, mit den Paketen Ihres Debian-Systems zu experimentieren!

1.2. Zum Buch

1.2.1. Über die Autoren

Dipl.-Inf. Axel Beckert [Beckert-Webseite] hat Informatik mit Nebenfach Biologie an der Universität des Saarlandes studiert. Er arbeitet u.a. als Linux-Systemadministrator an der ETH Zürich, ist sowohl Mitglied des Debian-Projekts als auch in den Vorständen des Vereins Debian.ch und der Linux User Group Switzerland (LUGS).

Er benutzt aptitude seit Anfang der 2000er Jahre und ist seit der Neuformierung des aptitude-Teams zum Jahreswechsel 2011/2012 als Mentor, Versuchskaninchen für neue Versionen und Paketsponsor bei aptitude mit an Bord. Seit 2015 ist er auch offiziell einer der Maintainer des Pakets aptitude und kümmert sich primär um die Paketierung. Desweiteren hat er im Namen des Debian Perl Teams die Pflege der im Buch erwähnten Pakete debsums und equivs übernommen.

Dipl.-Inf. Frank Hofmann hat Informatik mit Nebenfach Englisch an der Technischen Universität Chemnitz studiert. Er bevorzugt das Arbeiten von unterwegs aus als Entwickler, Trainer und Autor. Nach Berlin, Kapstadt und Besançon (Franche-Comté) arbeitet er von Freiburg im Breisgau aus.

1.2.2. Wie und warum dieses Buch entstand

Das Thema „Paketmanagement“ beschäftigt uns als Autoren schon sehr lange. Obwohl jeder die Werkzeuge und Mechanismen tagtäglich verwendet, entdeckten wir zunächst unabhängig voneinander immer wieder neue Aspekte, die sich schrittweise zu einem komplexen Gesamtbild ergänzten.

Beim gemeinsamen Fachsimpeln entstanden aus dieser Begeisterung heraus zunächst Beiträge für die Zeitschrift LinuxUser [Hofmann-Osterried-Alien-LinuxUser] [Hofmann-Winde-Aptsh-LinuxUser] [Hofmann-Debtags-LinuxUser]. Parallel dazu arbeiteten wir weitere Aspekte digital auf und veröffentlichten entsprechende Blogbeiträge [Beckert-Blog], hielten Vorträge bei Linux-Veranstaltungen und versuchten uns in einem Screencast zum Thema.

Im Herbst 2012 hatte Axel die Idee, einen LinuxUser-Artikel zu aptitude im Alltagsgebrauch zu schreiben. Dazu kam es bisher noch nicht
[Jörg, bitte nicht böse sein!]
, denn eine Reihe von Vorarbeiten waren dazu notwendig. Wir einigten uns daher auf einen Beitrag zu den Unterschieden zwischen apt-get und aptitude, der jedoch immer länger und länger wurde und schließlich im Frühjahr 2013 in einen Zweiteiler mündete [Beckert-Hofmann-Aptitude-1-LinuxUser] [Beckert-Hofmann-Aptitude-2-LinuxUser].

Bevor wir uns daran machten, Passagen aus diesen umfangreichen Beiträgen wieder herauszustreichen, fiel irgendwann der Satz: „Wenn wir so weitermachen, können wir eigentlich gleich ein Buch schreiben“. Seitdem ließ uns diese Idee nicht mehr los. Teile der Texte und Abbildungen wurden aus den erwähnten Veröffentlichungen übernommen und nach Bedarf für das vorliegende Werk überarbeitet. Das Ergebnis halten Sie nun in Ihren Händen.

1.2.3. Motivation

Uns fasziniert die Paketverwaltung unter Debian, deren Mächtigkeit und unglaubliche Robustheit. Sie funktioniert so klaglos, dass man schon wieder skeptisch werden müsste und nach konzeptionellen Fehlern sucht – aber es gibt tatsächlich kaum welche. Wie in jedem größeren IT-Projekt gibt es neben den intensiv genutzten, gut dokumentierten Bereichen aber auch „dunkle Ecken“ und unangenehme Bugs, kuriose Lösungen und kurzfristige Workarounds; es sind allerdings nur wenige, die auch nur in recht ausgefallenen Situationen zutage treten.

Genießen Sie also das beruhigende Gefühl, dass bei der Verwendung der Werkzeuge eigentlich nichts schiefgehen kann – und wenn doch, gibt es immer einen kurzen Weg, das Malheur wieder zu beseitigen. Hier im Buch zeigen wir Ihnen die verschiedenen (Schleich-)Wege, die wir kennen.

Sich hingegen in dem vielschichtigen Geflecht aus dpkg, APT und aptitude zurechtzufinden und ein Verständnis für die einzelnen Programme und Mechanismen zu entwickeln, bedarf Ihrerseits ein wenig Geduld: Ohne nachzulesen und intensiv auszuprobieren, geht es nicht – und auf eben diesem Weg möchte Sie unser Buch begleiten.

Nach einem ersten, flüchtigen Blick auf die genannten Werkzeuge zur Paketverwaltung scheint es so, als sei es unerheblich, welches wann zum Einsatz kommt. Dem ist nicht so, denn jedes hat seine ureigene Aufgabe in der Hierarchie der Paketverwaltung. Subtile Unterschiede zwischen APT und aptitude sorgen mitunter für eine blutige Nase, und insbesondere Ein- und Umsteiger aus der RPM-Welt haben es zu Beginn nicht so leicht. Daher gibt es im Anhang eine Übersicht zu den analogen Aufrufen von RPM, YUM, DNF und Zypper — siehe [kommandos-zur-paketverwaltung-im-vergleich]. Bitte beachten Sie, dass sich nicht alle Verhaltensweisen identisch in beiden Welten abbilden lassen.

Das vorliegende Buch will darum vor allem Klarheit schaffen und Ihnen die Zusammenhänge zwischen den einzelnen Programmen deutlich machen. Es hilft Ihnen, in jeder Situation das passende Werkzeug zur Paketverwaltung auszuwählen und es danach gekonnt einzusetzen. Die einzelnen Kapitel sind aufgabenbezogen zusammengestellt. In jedem Abschnitt finden Sie Lösungen, wie Sie die jeweilige Aufgabe mit den verschiedenen Werkzeugen umsetzen.

Der Praxisteil fokussiert auf komplexere Fragestellungen. Dazu fassen wir den aktuellen Stand der Entwicklung zusammen und beleuchten darüber hinaus die angrenzenden Programme bzw. die damit verbundenen Situationen im Alltag der Systembetreuung.

1.2.4. Baustellenstatus

Zum aktuellen Zeitpunkt (Frühsommer 2023) hat das Buch den Umfang von 500 Seiten bereits überschritten. Als inhaltlich vollendet sehen wir den Teil 1 „Konzepte“ an. Kleinere Baustellen finden sich noch in Teil 2 „Werkzeuge“. Hingegen klaffen im Teil 3 „Praxis“ noch größere Lücken. Wir arbeiten kontinuierlich daran, diese Lücken zu schließen. Das gelingt nicht so einfach, weil dafür bspw. komplexere Setups notwendig sind oder auch weil die Dokumentation der Werkzeuge für den betrachteten Fall schlicht und einfach nicht vorhanden, (bislang) unverständlich oder gar veraltet ist.

1.2.5. Technische Basis

Rein technisch setzt das Buch auf AsciiDoc [AsciiDoc] auf — einem Textformat, aus welchem dann über mehrere Zwischenstufen diverse Ausgabeformate wie PDF, EPUB oder HTML entstehen. Basierend auf einer einzigen Quelle stehen damit passende Ergebnisse für die verschiedenen Ausgabegeräte zur Verfügung. Die AsciiDoc-Dateien liegen in einem Versionskontrollsystem namens Git und sind auf der Plattform GitHub verfügbar [dpmb-github]. Neben der Möglichkeit, während des Arbeitens auch auf eine frühere Revision zurückgreifen zu können, ermöglicht das ein paralleles, verteiltes Arbeiten von verschiedenen Standorten aus. Zudem kann jeder Interessierte am Buch in Form von Vorschlägen und Korrekturen beitragen. Wir freuen uns über alle Anmerkungen, die uns erreichen und helfen, das Buch für alle besser zu machen.

Tipp
Versionsverwaltung mit Git

Den Einstieg zu Git erleichtert Ihnen das gleichnamige Buch von Julius Plenz und Valentin Haenel (Julius Plenz und Valentin Haenel: Git. Verteilte Versionsverwaltung für Code und Dokumente, Open Source Press, München, 2. Auflage November 2014, ISBN 978-3-95539-119-5).

1.2.6. Online-Fassung

Unter https://buch.dpmb.org/ gibt es den jeweils aktuellsten Stand des Buches auch in diversen Formaten zum Online-Lesen oder Herunterladen. Derzeit sind es HTML, PDF und EPUB. Diese Fassungen werden automatisch bei jedem git push frisch generiert.

Sollte die Ihnen vorliegende Fassung (sei es als Paket in einer Debian-Veröffentlichung oder als gedrucktes Buch) nicht aktuell genug sein, so schauen Sie doch mal in die Online-Fassung. Vielleicht wurde die entsprechende Stelle dort bereits aktualisiert.

1.2.7. Quellcode und Lizenz

Der o.g. Quellcode des Buches findet sich auf GitHub [dpmb-github] und ist unter der Creative Commons Namensnennung — Weitergabe unter den gleichen Bedingungen 4.0 International Lizenz [CreativeCommons] frei verfügbar.

Änderungswünsche oder -vorschläge zum Buch senden Sie bitte dort als Issue [github-issue] — oder sogar noch besser — als Pull-Request mitsamt Patch [github-pull-request] ein.

1.2.8. Organisatorisch

Beide Autoren leben und arbeiten in recht unterschiedlichen Regionen — Axel Beckert in Zürich und Frank Hofmann in Kirchzarten bei Freiburg. Aufgrund der mitunter recht großen Distanz sind regelmäßige Arbeitstreffen nur begrenzt möglich und wurden daher mit Hilfe von Buchsprints sowie elektronischer Kommunikation überbrückt.

Das Buch entsteht seit dem Frühjahr 2013 und häufig auch im Rahmen von Linux-Events. Besonders hervorzuheben sind hierbei die Chemnitzer Linux-Tage [CLT], die Rencontres Mondiales du Logiciel Libre [RMLL] und die Debian Entwicklerkonferenz [DebConf]. An diesen Veranstaltungen nehmen wir gern aktiv teil und nutzen die Gelegenheit, das Buch gemeinsam zu vervollständigen.

Viele Texte verfassen wir zudem von unterwegs aus. Die bisherigen Stationen umfassen Aix-les-Bains, Ajacchio (Korsika), Ålesund (Norwegen), Andorra, Augsburg, Beauvais (Picardie), Bergneustadt, Berlin, Bern, Besançon, Biel/Bienne, Bottighofen (Bodensee, Schweiz), Bratland (bei Bergen, Norwegen), Bruchsal, Canterbury (Kent), Chemnitz, Cudrefin, Delémont, Edinburgh (Schottland), Engelberg-Titlis, Essen, Frankfurt/Main, Freiburg im Breisgau, Friedrichshafen, Genf, Germersheim, Goizueta (Baskenland, Spanien), Großer Sankt-Bernhard-Paß, Hamburg, Hannover, Heidelberg, Hout Bay und Kapstadt (beide Western Cape, Südafrika), Kirchzarten bei Freiburg im Breisgau, Koblenz (Rheinland), Konstanz am Bodensee, Lauchringen (Baden, Wutachtal), Laveno Mombello (Lago Maggiore, Italien), Lausanne, London, Magdeburg, Mannheim, Meersburg (Bodensee), Montpellier, Montreux, München, Oldenburg in Oldenburg, Orø (Dänemark), Port del Cantó (Katalanische Pyrenäen, Spanien), Radebeul bei Dresden, Rømø (Dänemark), Rostock-Warnemünde, Saint-Cergue (Jura, Schweiz), Saint-Claude (Jura, Frankreich) Saint-Étienne, Saint-Jouin-Bruneval (Normandie), Saint-Victor-sur-Loire (Auvergne-Rhône-Alpes), Sankt Augustin (bei Bonn), Savines-le-Lac (Hautes Alpes, Frankreich), Insel Sokn (bei Stavanger, Norwegen), Tübingen, Tvinnefossen (Norwegen), Zernez (Engadin, Schweiz) und Zürich (siehe [fig.buchkarte]). Orange Kreise mit rotem Rand markieren Axels Stationen, rote Kreise mit orangenem Rand die Arbeitsorte von Frank. Manchmal überlappt sich das auch — dann ist es nur einer von beiden. Wir nahmen uns dabei an der Philosophie von Debian GNU/Linux ein Beispiel: ohne Hektik, mit dem Blick fürs Detail und zumeist pedantisch bis ins letzte i-Tüpfelchen, aber trotzdem mit viel Freude, Neugierde und unserem Entdeckerdrang folgend.

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Abbildung 1. Orte, an denen das vorliegende Buch entstand

1.2.9. Grundlagenwissen für Administratoren

Der sichere Umgang mit der Paketverwaltung zählt zu Ihrem Grundwissen als Administrator, um ein UNIX-/Linux-System einrichten und in Bezug auf die eingesetzte Software betreuen zu können. Betreiben Sie Ihre Systeme als Benutzer in Eigenverantwortung, sind diese Kenntnisse für Sie im Alltag ebenso unverzichtbar.

Unabdingbar ist die Auseinandersetzung mit dem Paketmanagement für Zertifizierungen. Die Prüfungen des Linux Professional Institutes (LPI), der Linux Foundation (LFC) [lfc] sowie die Linux+-Prüfung von CompTIA [comptia-linux] widmen dem Thema einen eigenen Schwerpunkt mit hoher Gewichtung (für LPIC-1 siehe [lpic-101]).

Tipp
Material für Ihre LPIC-Prüfungen

Ihre Vorbereitung auf die anspruchsvollen Tests des LPI ergänzen Sie am besten mit dem Buch „LPIC-1. Sicher zur erfolgreichen Linux-Zertifizierung“ von Harald Maaßen [Maassen-LPIC-1].

Dokumentation zu aptitude

Das vorliegende Buch resultiert auch aus einem Ärgernis, das zur weltweit verteilten Zusammenarbeit über das Netz gehört: Das Internet vergisst nichts, und irgendwo ist immer noch eine veraltete Dokumentation verlinkt, deren Hinfälligkeit mangels Verfallsdatums auch nicht zu erkennen ist.

Bei der Recherche nach aptitude-Optionen verzweigen Suchtreffer häufig auf unklare, überholte und vielfach verteilte Erläuterungen. Als erster Anhaltspunkt bei einer überschaubaren Fragestellung mag das helfen, kann aber auch in eine Sackgasse oder gar zu Fehlern führen, wenn sich die Software just in diesem Punkt weiterentwickelt hat.

Der Wunsch nach einem aktuellen, konsistenten und einsprachigen Nachschlagewerk zur Paketverwaltung mit dpkg, APT und aptitude erhielt also ausreichend Nahrung, zumal auch die an recht prominenter Stelle verlinkte Online-Dokumentation zu aptitude veraltet war (Stand: 2008). Auf Axels Initiative wurde sie aber mittlerweile auf den neuesten Stand gebracht und steht seit August 2013 wieder in sämtlichen bisherigen Übersetzungen zur Verfügung [aptitude-dokumentation], mittlerweile sogar auf der offiziellen Webseite von Debian.

Das kommt insbesondere Anwendern entgegen, die Dokumentation lieber online lesen (oder „ergooglen“) statt sich die (stets aktuellen) Dokumentationspakete aus den Repositories auf ihrem System zu installieren. Ausführlicher gehen wir auf das Thema in [dokumentation] ein.

Bei unserer Arbeit am Buch entdeckten wir zahlreiche Lücken in den Programmbeschreibungen, den Manpages und den beigefügten, weiterführenden Dokumentationen [bugs-found-during-book-writing]. Dabei wurde uns auch bewusst, welche Bedeutung dem persönlichen Erfahrungsschatz und insbesondere dem passiven Wissen zukommt. Wir haben uns bemüht, davon möglichst viel in dieses Buch einfließen zu lassen.

1.2.10. Dokumentation deb vs. rpm

Trotz vieler Fortschritte sind manche Programme zur Paketverwaltung und Hinweise zum Zusammenspiel von dpkg, APT und aptitude nur bruchstückhaft oder gar nicht beschrieben – oder sie sind über viele Köpfe und Online-Ressourcen hinweg verstreut. Auch an Übersetzungen mangelt es: So liegt trotz des hohen Nutzungsgrades beispielsweise die aptitude-Dokumentation bisher nicht in deutscher Sprache vor.

Im Vergleich steht das Paketformat RPM etwas besser da. In seinem Buch „Maximum RPM“ [Bailey-Maximum-RPM] hat Edward C. Bailey im Jahr 2000 die Regieanweisungen für den Umgang mit diesem Format veröffentlicht. Aktueller sind der „RPM Guide“ des Fedora-Projekts [Foster-Johnson-RPM-Guide] und weiterführende Dokumentationen auf der rpm-Projektseite [RPM-Webseite].

Ein vergleichbares Buch zur Debian-basierten Paketverwaltung fehlte bislang. Viele hervorragende Kompendien (siehe dazu [weitere-buecher]) behandeln zwar die einzelnen Kommandozeilenwerkzeuge dpkg, APT, aptitude oder Synaptic, aber meist fehlt der (entscheidende) Entwurf eines Gesamtbildes, das sich erst aus der geschickten Kombination dieser Werkzeuge ergibt.

1.2.11. Was ist das Buch – und was nicht …

Wir stellen dpkg, APT und aptitude mit den zugrundeliegenden Mechanismen in den Mittelpunkt. Wir erläutern die Unterschiede und ordnen die Werkzeuge anhand konkreter Aufgabenstellungen in den realen Einsatzkontext ein. Diesem problemorientierten Ansatz folgend, werden Sie die Programme künftig effizienter einsetzen und Paketmanagement als ebenso hilfreichen wie angenehmen Teil der Administration der Ihnen anvertrauten Systeme erleben.

Gedacht ist das Buch als Nachschlagewerk und Lernmedium für den Alltag. Es hilft Ihnen, (typische) Fehler oder Umwege zu vermeiden, und räumt mit zahlreichen Missverständnissen auf, die beim Thema Paketmanagement immer noch kursieren.

Unser Buch ist kein allgemeines Linux-Einsteiger-Buch in der Geschmacksrichtung „Debian GNU/Linux“, sondern widmet sich mit der Paketverwaltung bei Debian-Systemen einem speziellen Teilaspekt der Systembetreuung. Folglich spielen andere Paketformate als deb allenfalls eine Nebenrolle (siehe [varianten-und-formate-fuer-softwarepakete]). Andere Debian-Derivate (siehe [welche-unix-artigen-betriebssysteme-verwenden-das]) und Linux-Distributionen haben vieles von Debian GNU/Linux übernommen, und die Rezepte lassen sich daher oft in gleicher Weise anwenden. Wir können jedoch nicht garantieren, dass wirklich alle Ausführungen uneingeschränkt für andere Distributionen gelten. Sofern uns gravierende Abweichungen vom Debian-Standard bekannt sind, benennen wir diese und erklären, wie Sie in einem solchen Fall am besten verfahren.

Weiterhin ist dieses Werk kein Entwicklerhandbuch, aus dem Sie erfahren, wie Sie deb-Pakete bauen und diese in Debian einbringen. Dieses Thema würde den Rahmen des vorliegenden Werkes um ein Mehrfaches sprengen und bleibt daher außen vor. Für den Bau von Debianpaketen empfehlen wir Ihnen den Blick in das Debian-Paketierbuch (kurz: dpb) von Michael und Mechtilde Stehmann [Debian-Paketierbuch].

Was Sie allerdings im vorliegenden Buch finden, ist die Zusammenstellung eines deb-Pakets — sprich: aus welchen Einzelteilen es besteht (siehe [aufbau-und-format]), wie Sie dieses in die Komponenten zerlegen (siehe [paket-auseinandernehmen]) und auch wieder zusammenbauen (siehe [pakete-bauen-mit-checkinstall]).

1.2.12. Zielgruppe und Lernziele

Dieses Buch richtet sich in erster Linie an Systemadministratoren und „Gehäusedeckelabschrauber“
[Dieter Thalmayr in: Oberflächliches – Enlightenment als Alternative zu Gnome und KDE, Vortrag im Rahmen des 11. Linux-Infotages Augsburg, 24. März 2012]
. Richtig sind hier Verwalter und Betreuer Debian-basierter Infrastrukturen sowie Fortgeschrittene, die eine solche Funktion anstreben. Ihnen dienen Teil 1 (Konzepte) und 2 (Werkzeuge) mit den darin beschriebenen Optionen als Nachschlagewerk. Teil 3 (Praxis) hingegen nutzen sie als Arbeits- und Planungsmittel zur bestmöglichen Nutzung der beschriebenen Werkzeuge im Alltag.

Für Anwender, die den Linux-Einstieg mit Ubuntu oder Linux Mint bereits erfolgreich absolviert haben und nun der Systemverwaltung jenseits graphischer Oberflächen entgegenfiebern, bilden die Teile 1 und 2 das unverzichtbare Handwerkszeug. Teil 3 entspricht der Kür fortgeschrittener Kenntnisse. Die Lernkurve wird für sie deutlicher steiler ausfallen, aber stets beherrschbar sein.

1.2.13. Vorkenntnisse

Der Umgang mit der Kommandozeile sollte Ihnen vertraut sein. Wir legen uns nicht auf eine bestimmte Shell oder eine Terminalemulation fest. Alle Beispiele wurden unter bash getestet, funktionieren aber auch unter anderen Shells, wie z.B. der zsh (Axel nutzt auf einigen seiner Systeme die zsh als Login-Shell für den Benutzer root, wie es auch auf der Linux-Live-CD Grml gehandhabt wird). Die von uns ausgewählten und hier abgedruckten Ausgaben im Terminal sind unabhängig von der verwendeten Shell.

Graphische Werkzeuge spielen hier nur eine untergeordnete Rolle. Sie kommen nur dann zum Einsatz, wenn etwas nicht anders möglich ist oder es um genau deren Besonderheiten geht. Wir gehen davon aus, dass Sie auf einem Serversystem arbeiten und dieses ggf. sogar aus der Ferne betreuen. In dieser Konstellation bilden graphische Werkzeuge die absolute Ausnahme.

Für Teil 1 (Konzepte) ist Linux-Grundwissen unabdingbar: neben der Arbeit auf der Kommandozeile also auch grundlegende Kenntnisse über den Filesystem Hierarchy Standard (FHS), der die Struktur der Hauptverzeichnisse und deren Inhalte definiert (siehe dazu [FHS-Linux-Foundation] und [Debian-Wiki-FHS]).

Teil 2 (Werkzeuge) bespricht neben Strukturen zur Paketverwaltung alle Paketoperationen im Alltag und setzt dafür zumindest das Wissen aus Teil 1 voraus. Um manche Beispiele oder vorgestellte Konzepte leichter nachvollziehen zu können, ist mehrjährige Erfahrung mit Linux oder als UNIX-Systemadministrator von Nutzen.

Teil 3 (Praxis) beleuchtet ausschließlich konkrete, komplexere Anwendungsfälle aus dem Alltag. Voraussetzung dafür ist eine Vertrautheit mit den Werkzeugen zur Paketverwaltung, da es in diesem Abschnitt „ans Eingemachte“ geht.

Hilfreich sind darüber hinaus Englischkenntnisse: Viele Bildschirmausgaben erscheinen in englischer Sprache, nicht zuletzt weil die Lokalisierung der einzelnen Pakete bislang unvollständig ist. Die verwendeten Ausgaben auf dem Bildschirm und die Screenshots stammen hierbei von ganz unterschiedlichen Linux-Varianten und Veröffentlichungen — Debian GNU/Linux, Ubuntu, Xubuntu und Linux Mint. Die dabei eingestellten Lokalisierungen sind Deutsch oder Englisch.

Sie müssen auf Ihrem System über administrative Benutzerrechte verfügen, um einen Großteil der Beispiele nachvollziehen zu können. Wir weisen nicht jedes Mal explizit darauf hin
[Sie erlangen diese Berechtigung je nach Konfiguration Ihres Systems über die Kommandos su oder sudo – oder indem Sie sich als Benutzer root auf Ihrem System anmelden.]
. In den Beispielen für die Kommandozeile erkennen Sie anhand des verwendeten Prompt-Zeichens, ob dafür administrative Rechte notwendig sind oder nicht: # bedeutet hierbei ja und $ bedeutet nein. Auf Ausnahmen weisen wir Sie an der betreffenden Stelle explizit hin.

Auch wenn dpkg, APT und aptitude stabil und zuverlässig funktionieren – gerade in der Rolle und mit den Berechtigungen eines Administrators können falsche Befehle viel kaputt machen. Wir empfehlen Ihnen darum, die vorgestellten Beispiele zunächst auf einem separaten Testsystem auszuprobieren – sei dies ein eigener Rechner, eine virtuelle Maschine oder auch nur eine chroot-Umgebung [Debian-Wiki-chroot].

Dabei spielt es kaum eine Rolle, welches APT-basierte System Sie verwenden. Begonnen haben wir das Buch zu dem Zeitpunkt, als Debian 7 Wheezy die stabile Debian-Veröffentlichung war. Daher stammen viele Beispiele im Buch aus diesem Zeitraum. Spätere Inhalte setzen auf den Nachfolgern Debian 8 Jessie, Debian 9 Stretch, Debian 10 Buster, Debian 11 Bullseye und Debian 12 Bookworm auf. Alle Ausnahmen sind entsprechend gekennzeichnet, bspw. wenn wir zur Illustration auf ein Derivat wie Ubuntu zurückgegriffen haben.

1.2.14. Und das können Sie nach der Lektüre …

Haben Sie das Buch gelesen und die Beispiele am Rechner nachvollzogen, verfügen Sie über profunde Kenntnisse in der Paketverwaltung unter Debian GNU/Linux. Dazu gehört:

  • Debian-Pakete sauber verwalten, d.h. installieren, aktualisieren und löschen

  • kleinere und mittlere Debian-basierte Infrastrukturen pflegen

  • die richtigen Werkzeuge für die Pflege benutzen und mit der Paketverwaltung sowie den Werkzeugen effektiv umgehen

  • nicht nur die Software verwenden, sondern auch wissen, warum etwas funktioniert

  • Pakete und Software nach Wunschkriterien finden

  • alternative Auflösungen für Paketabhängigkeiten finden, verstehen und anwenden

All dies qualifiziert Sie für das entsprechende Lernziel einer Linux-Zertifizierung. Darüber hinaus schaffen Sie sich damit die Grundlagen, um später eigene und fremde Pakete zu bauen und die Paketierung für Debian durchzuführen. Das ist zugleich eine Voraussetzung, um später auch als Debian-Paket-Maintainer agieren zu können [Debian-Wiki-Debian-Entwickler].

1.2.15. Buchinfo

Wir pflegen eine buchbegleitende Webseite unter der URL:

Darauf finden Sie neben einer Liste der Errata und deren Korrekturen auch inhaltliche Ergänzungen und Aktualisierungen. Natürlich freuen wir uns auch über Ihre Fragen und Anmerkungen!

1.3. Danksagung

Etliche Menschen haben uns bei der Realisierung dieses Buches direkt oder indirekt unterstützt, sei es in Form von Anregungen, Kritik, Vorschlägen zur Ergänzung oder Fach- und Verständnisfragen. Diesen Menschen gebührt unser Dank:

  • Elmar Heeb (für aptitude-robot und viele interessante Diskussionen)

  • Dirk Deimeke (für Tipps zum Autor-Werden) [Hackerfunk]

  • Arne Wichmann (für das Diagramm der Vertrauenskette in Debian – unter GPL)

  • Annette Kalbow (für inhaltliche Vorschläge mit apt-file, dpkg -l, dpkg -L und dpkg -x, die graphische Umsetzung der Landkarte, die vielen Anregungen zum Aufsetzen und Betreiben eines Proxies (siehe [http-proxy]) sowie dem Thema „Kryptographische Signaturen in Debian-Repositories“

  • Mechtilde Stehmann (für die Sprachkorrekturen und die Vorschläge für die FAQ)

  • Marco Uhl (für die Idee zum FAQ-Eintrag über Debian Snapshots [Debian-Snapshots] bei Testing- vs. Produktiv-Umgebung)

  • Werner Heuser (für die Installation und den Umgang auf Embedded und Mobile Devices)

  • Claude Becker (für Ideen, Korrekturlesen rund um das Parsen von Debian-Versionsnummern und APT-Pinning sowie Konsistenzprüfung)

  • Christoph Berg (für Tipps und Tricks rund um reprepro und seine Erfahrungen mit apt.postgresql.org) [APT-Repo-PostgreSQL]

  • Dr. Thomas Fricke (für Ergänzungen rund um die Verteilung von Paketen auf mehrere Maschinen)

  • Jens Wilke (Konfigurationsmanagement)

  • Martin Schütte (reprepro)

  • Michael Vogt (für Erklärungen rund um APTs mirror:// Methode und gdebi)

  • David Kalnischkies (für viele Detailerklärungen – z.B. zur Parameterverarbeitung von apt-get – und die endlosen Diskussionen darüber, die dennoch meist irgendwann in Erleuchtung endeten)

  • Albrecht Barthel (für die vielen Infos und Einblicke zum Univention Corporate Server, UCS)

  • Martin Venty Ebnöther (für ein weiteres paar Augen und Ohren zum Thema Paketmanagement)

  • Dr. Markus Wirtz für die lange Unterstützung und Hilfe, das Buch auf seinen Weg zu bringen, für den Klappentext sowie fürs Lektorat der Einleitung und dem erstem Kapitel.

  • Oliver Rath für seine Vorschläge zur besseren Lesbarkeit von Programmcode

  • Karsten Merker für viele kleine Korrekturen

  • Wolfram Schneider für den Hinweis zu dh-make-perl als spezialisierte Variante von checkinstall sowie zum Aktualisieren von LTS-Versionen (siehe [umgang-mit-lts])

  • Jörg Brühe für die Anregungen zu den Paketabhängigkeiten

  • Sebastian Andres für seine Anregungen zu Debian Backports

  • Gregor Herrmann für den Hinweis, das Buch auf Links zu alioth.debian.org-Webseiten hin zu überprüfen

  • Alf Gaida für Hinweise auf nicht shell-unabhängige Beispiele

  • Ingo Wichmann für die Hinweise zu den rpm- und yum-Kommandos

Nicht zu vergessen sind die Probeleser, die sich durch unser Manuskript gekämpft haben: Arne Wichmann, Thomas Winde, Jana Pirat, Jörg Dölz, Hagen Sankowski und Eberhard Hofmann. Vielen Dank für Eure Mühe und Geduld!

Konzepte

1. Willkommen im Linux-Dschungel!

1.1. Was ist Debian?

Je nach Kontext bezeichnet „Debian“ entweder

  • das Debian-Projekt, also den Zusammenschluss von mittlerweile um die 1000 Entwicklern (Debian Developers, kurz: DD) weltweit, die das freie Betriebssystem gemeinsam entwickeln und veröffentlichen

oder

  • das vom Debian-Projekt entwickelte Betriebssystem „Debian GNU/Linux“ bzw. dessen Varianten. Dazu zählen derzeit auch Debian GNU/kFreeBSD [Debian-Wiki-Debian-GNUkFreeBSD] und Debian GNU/Hurd [Debian-Wiki-Debian-GNUHurd], die statt eines Linux-Kerns einen FreeBSD- bzw. GNU-Hurd-Betriebssystemkern nutzen.

Einer der Eckpunkte des vom Debian-Projekt entwickelten Betriebssystems ist die ausschließliche Verwendung freier Software. Dafür sind die Debian Free Software Guidelines (DFSG) [DFSG] maßgeblich, die im Debian-Gesellschaftsvertrag festgelegt sind [Debian-Social-Contract]. Sichtbar wird das auch darin, dass Pakete in den beiden Entwicklungszweigen contrib und non-free offiziell kein Bestandteil von Debian GNU/Linux sind. Genauer gehen wir darauf in [distributionsbereiche] ein.

Debian ist weder kommerziell noch profitorientiert. Das gesamte Projekt finanziert sich ausschließlich durch Spenden [Debian-Donations]. Dazu zählen nicht nur Geldspenden zufriedener Benutzer, sondern auch die Arbeitszeit von Entwicklern, Hardwarespenden oder das Betreiben eines Debian-Mirrors oder gar eines dedizierten Rechners für das Debian-Projekt.

Angestrebt wird ein universelles Betriebssystem, d.h. es gibt keinen Fokus auf einen spezifischen Einsatzbereich wie bei vielen Derivaten von Debian. Desweiteren werden dem Benutzer viele Entscheidungen selbst überlassen: Er muss – anders als z.B. in Ubuntu – wissen, was er möchte. Daher richtet sich Debian an zielorientierte, ambitionierte Einsteiger, Fortgeschrittene, Experten und Profis oder solche, die es wirklich werden wollen.

Debian stellt dafür ein ausgereiftes, stabiles und zuverlässiges Betriebssystem inklusive aller Software dar. Es ist ein Betriebssystem, das die Debian-Entwickler selbst benutzen wollen
[„The project consists of a group of people who are working together to create something that, primarily, we all want to use“ [Allbery-Debian-Popularity]]
. Daher unterstützt Debian viele verschiedene Architekturen und ermöglicht eine einheitliche Administration auf verschiedensten Plattformen (siehe [debian-architekturen]). Ausführliches Testen und das Bereinigen von Fehlern hat Vorrang vor brandaktueller Software.

Aus diesen Grundsätzen folgen weitere Eigenschaften, die sich insbesondere im Einsatzzweck von Debian und der Einordnung in die Distributionsvielfalt widerspiegeln. Die typischen Anwendungsbereiche sind Server, Systeme für die Infrastruktur sowie Low-End Systeme wie etwa die Hardware-Lernplattform Raspberry Pi [RaspberryPi]. Dennoch hat sich Debian (nicht nur bei den Autoren) auch einen festen Platz auf dem Desktop erobert.

Zudem leiten sich aus Debian sehr viele Derivate für ausgewählte Zielgruppen oder Einsatzzwecke ab, z.B. Ubuntu, Linux Mint, Knoppix, Grml oder Damn Small Linux (DSL). Einen vollständigen Überblick („Stammbaum“) erhalten Sie in [welche-unix-artigen-betriebssysteme-verwenden-das] sowie der GNU Linux Distribution Timeline [GNU-Linux-Distribution-Timeline].

1.2. Debian-Architekturen

Debian kommt mit den unterschiedlichsten Hardware-Architekturen zurecht. Die offizielle Liste der aktuell unterstützten Architekturen finden Sie auf der Debian-Webseite [Debian-Architekturen] sowie im Anhang dieses Buches (siehe [anhang-offizielle-debian-architekturen]). Neben den veralteten Architekturen (siehe [anhang-veraltete-debian-architekturen]) werfen wir auch einen Blick in die Zukunft (siehe [anhang-debian-architekturen-zukunft]).

Nicht alle „Architekturen“ sind wirklich nur von der Hardware-Architektur abhängig, auf der die Programme einsetzbar sind, sondern auch von weiteren Punkten. Dazu zählen etwa der Betriebssystemkern, wie Linux, GNU Hurd [Hurd] oder FreeBSD [FreeBSD], aber auch die Art, wie die Programme kompiliert wurden (Application Binary Interface, kurz ABI). Daher bezeichnen Entwickler dies als Portierung (Port) und sich selbst als Porters. Hier verwenden wir durchgängig den Begriff Architektur, da das entsprechende Feld in den Metadaten eines Pakets (siehe [debian-paketformat-im-detail]) architecture heißt und Debian selbst die Begriffe bislang nicht konsistent verwendet.

Eine vollständige Liste der von dpkg verstandenen Architekturen gibt Ihnen der Aufruf dpkg-architecture -L im Terminal aus. Viele der in der Ausgabe des Kommandos genannten Architekturen existieren allerdings nur in der Theorie und zeigen auf, welche Möglichkeiten bestehen.

Architekturen, die das Werkzeug dpkg unterstützt (Ausschnitt)
$ dpkg-architecture -L
uclibc-linux-armel
uclibc-linux-alpha
uclibc-linux-amd64
m68k
sparc
sparc64
...
$

Die Übersicht der Architekturen im Anhang (siehe [anhang-debian-architekturen]) beschreibt die einzelnen Architekturen näher. Die verwendeten Bezeichnungen in Klammern geben dabei das entsprechende GNU-Triplet an, sofern dieses bekannt ist. Das GNU-Triplet besteht aus der Hardware-Plattform, dem Kernel und dem ABI.

Mit Hilfe des Perl-Moduls Dpkg::Arch ermitteln Sie diese Bezeichnungen im Handumdrehen selbst. Nachfolgend sehen Sie einen Aufruf für die Plattformen PPC64, PowerPC-spe, Arm, Armel und Armhf.

Perl-Aufruf zur Ermittlung der GNU-Triplets einer Debian-Architektur
$ perl \
    -MDpkg::Arch=debarch_to_gnutriplet \
    -E 'map { say "$_ = ".debarch_to_gnutriplet($_) } @ARGV' \
    ppc64 powerpcspe arm armel armhf

ppc64 = powerpc64-linux-gnu
powerpcspe = powerpc-linux-gnuspe
arm = arm-linux-gnu
armel = arm-linux-gnueabi
armhf = arm-linux-gnueabihf
$

1.2.1. Debian-Ports-Projekt

Das Debian-Ports-Projekt [Debian-Ports-Projekt] stellt die Infrastruktur für APT-Archive und automatisiertes Bauen von Paketen für Architekturen bereit, die Debian noch nicht oder nicht mehr unterstützt. Typischerweise gibt es dort nur zwei Kategorien von Veröffentlichungen: unstable und unreleased. Ersteres sind die gleichen Pakete wie in Debian unstable, nur wurden diese aus demselben Quellcode für diese spezifische Architektur übersetzt. Letzteres sind speziell für diese Architektur entwickelte oder modifizierte Pakete, die in den offiziellen APT-Archiven von Debian auch nicht im Quellcode zu finden sind.

In gewisser Weise stellt das Debian-Ports-Projekt dadurch gleichzeitig den Kreißsaal und das Altersheim für Debian-Architekturen dar – Anfang und Ende.

1.2.2. Pakete für alle Architekturen

Neben den bereits genannten Architekturen gibt es noch Pakete mit dem Eintrag all. Dies sind architekturunabhängige Pakete und Sie können diese auf beliebigen Architekturen installieren.

Dazu zählen z.B. Pakete von Programmen, die vollständig in den Skriptsprachen Perl, Python, Ruby oder Tcl geschrieben wurden. Ebenfalls gehören zu dieser Gruppe Pakete, die lediglich Daten enthalten, die auf jeder Architektur identisch sind. Das betrifft z.B. Bilder, Musik und Dokumentation.

Auswahl der installierten, architektur-unabhängigen Pakete
$ dpkg -l | fgrep " all" | head -5
ii  abiword-common        3.0.0-8    all
    efficient, featureful word processor with collaboration -- common files
ii  acpi-support-base     0.142-6    all
    scripts for handling base ACPI events such as the power button
ii  adduser               3.113+nmu3 all
    add and remove users and groups
ii  adwaita-icon-theme    3.14.0-2   all
    default icon theme of GNOME
ii  aglfn                 1.7-3      all
    Adobe Glyph List For New Fonts
...
$

1.2.3. Multiarch: Mehrere Architekturen gleichzeitig auf einem System

Seit etwa 2004 läuft unter den Debian-Entwicklern die Diskussion um den Support für multiarch [Debian-Wiki-multiarch]. Unterstützung dafür gibt es in Debian seit Version 7 Wheezy und in Ubuntu seit Version 11.10 Oneiric Ocelot. Es beschreibt zwei Dinge:

  • Systeme, auf denen Sie Pakete unterschiedlicher Architekturen nebeneinander benutzen können.

  • Architekturspezifische Pakete, die explizit auf mehreren Architekturen installierbar sind.

Die Gründe für diese Mischung sind vielfältig:

  • die Existenz von Systemen mit (nahezu) identischen Prozessorbefehlen (Instruction Set), aber unterschiedlicher Verarbeitungsbreite. Dazu zählen z.B. i386/x86_64, ppc/ppc64, sparc/sparc64 und s390/s390x. Unterstützung hierfür gibt es bei RedHat/Fedora unter dem Namen biarch bereits länger [biarch].

    Dies ist insbesondere relevant bei proprietärer, nicht-quelloffener Software, die für 32-Bit-Linux kompiliert wurde, aber auf einem 64-Bit-System installiert bzw. verwendet werden soll.

  • Systeme, die gemischte Prozessorbefehle unterstützen – entweder als Emulation in Hardware oder per Software. Dazu gehören z.B. i386/ia64 mittels Hardware-Emulation und arm/jede Plattform (via Qemu Userland-Emulation).

  • gemischte Betriebssystemumgebungen. Darunter fallen die Verwendung und Ausführung von Binärcode anderer Plattformen über eine Kompatibilitätsebene. Beispiele dafür sind Linux/i386 auf FreeBSD/i386 und Solaris/sparc auf Linux/sparc.

  • Cross-Kompilieren. Darunter fällt das Übersetzen von Programmcode für eine andere Zielplattform.

Um diese Eigenschaft zu ermöglichen, bedarf es z.T. erheblicher Änderungen in den Übersetzungswerkzeugen und der Integration von Daten in der Dateistruktur. Dieser Vorgang ist bislang noch nicht vollständig abgeschlossen.

Benötigen Sie Pakete von einer anderen Architektur — bspw. ein i386-Paket (32 bit) auf einer amd64-Installation (64 bit) — ist diese parallele Installation und Benutzung der Software durchaus möglich. Wir zeigen Ihnen in [multiarch-einsetzen], wie Sie diesen Schritt mit dpkg und apt erfolgreich bewerkstelligen.

1.2.4. Bevor es Multiarch gab

Wie oben bereits beschrieben, ist einer der Gründe hinter multiarch das Nutzen bereits kompilierter 32-Bit-Software auf 64-Bit-Systemen. Der Bedarf hierfür war auch schon vor der Entstehung von multiarch sehr groß.

Der Aufwand, alle üblicherweise genutzten Shared Libraries (zu dt.: gemeinsam genutzte Bibliotheken) der 32-Bit-Architektur i386 zusätzlich auch noch als eigenes amd64-Binärpaket anzubieten, ist immens. Pakete dieser Form tragen üblicherweise das Präfix ia32- im Paketnamen. Vor der Entstehung von multiarch wurden daher alle notwendigen 32-Bit-Bibliotheken in ein einziges amd64-Binärpaket namens ia32-libs [Debian-Paket-ia32-libs] gepackt. Dieses Paket umfasste am Ende etwa stolze 800 MB und wurde in regelmäßigen Abständen mit den Sicherheitsaktualisierungen der entsprechenden Bibliotheken aufgefrischt.

Allein die Pflege dieses Pakets war schon recht mühsam. Ab der Einführung von multiarch wurde es gegenstandslos. Darum ist es in Debian 7.0 Wheezy ein (leeres) Übergangspaket auf die passenden multiarch-fähigen Einzelpakete der Architektur i386. In Debian 8 Jessie ist es bereits nicht mehr enthalten, auch wenn man selbst heutzutage hier und da noch Pakete von Drittparteien findet, die davon abzuhängen scheinen.

1.3. Vom tar.gz zur Linux-Distribution

Der Begriff Linux-Distribution bezeichnet die Zusammenfassung von Softwarepaketen aus unterschiedlichen Quellen und deren gemeinsame Verteilung unter einem Distributionsnamen. Einen hohen Bekanntheitsgrad haben heute z.B. RedHat/Fedora, Debian, SuSE-Linux, Ubuntu, Knoppix und Linux Mint erreicht.

Die Vorteile einer Distribution liegen klar auf der Hand: aktuelle, stabile Versionen der Programme und insbesondere die Abstimmung der einzelnen Pakete aufeinander. Letzteres leistet der Distributor und nimmt damit Ihnen als Nutzer erhebliche Arbeit ab. Sie können sich darauf konzentrieren, die Distribution bzw. die Programme daraus zu verwenden.

Die ersten Linux-Distributionen entstanden zu Beginn der 1990er Jahre. Zu den Pionieren zählen Yggdrasil, SLS, Slackware, SuSE, RedHat und Debian. Bis dahin gab es kaum spezifische Pakete für jedes System – jeder Anwender passte die Software nach seinen eigenen Bedürfnissen an und pflegte diese Version dann kontinuierlich weiter. Zumeist waren das einfache tar.gz-Archive, die von Hand ergänzt und vorrangig für das eigene System übersetzt wurden.

Ein automatisiertes Verwalten der Software war zu diesem Zeitpunkt noch nicht möglich, weil die Strukturen nicht erdacht und umgesetzt waren. Abhängigkeiten der Software ließen sich nicht automatisch auflösen. Als Benutzer mussten Sie einerseits wissen, welche Software einander bedingte, und andererseits, welche Versionen und Varianten sich miteinander vertrugen. Namensgleiche Dateien und Verzeichnisse waren problematisch. Die große Kunst bestand im Wissen, in welcher Reihenfolge Sie zueinander passende Versionen von Software zunächst auswählen und diese nachfolgend auf Ihrem Linuxsystem installieren und konfigurieren mussten.

1.4. Debians Paketsystem

Aus diesen Erfahrungen heraus startete 1993 das Debian-Projekt unter Ian Murdock [Debian-History] mit einer revolutionären Idee: dem Bereitstellen kompilierter, vorkonfigurierter und sauber aufeinander abgestimmter Softwarepakete. Es folgte die Entwicklung von dpkg , welches bis heute ein robuster Grundstein des Systems geblieben ist. Dabei steht d für Debian und pkg für Package. Das verwendete deb-Paketformat und die dazugehörigen Werkzeuge wurden später von etlichen Linux-Distributionen übernommen. Ausführlicher beleuchten wir diesen Aspekt in [welche-unix-artigen-betriebssysteme-verwenden-das].

Bald aber stieß das Werkzeug dpkg an Grenzen: Es installiert lediglich deb-Pakete, löst aber die Abhängigkeiten zwischen einzelnen Paketen nicht automatisch auf. Zudem muss das Paket bereits lokal vorliegen, d.h. dpkg kann es nicht direkt aus einem FTP- oder HTTP-Archiv beziehen.

Daraufhin begann die Entwicklung von dselect, welches aus dem Quellcode von dpkg gebaut wird, aber als eigenständiges Programm gilt. Später folgten console-apt (inzwischen aufgegeben) und tasksel (siehe [tasksel]), ab 1998 APT (Advanced Packaging Tool) sowie ab 1999 aptitude als Ncurses-basierte Oberfläche für dpkg. dselect wurde später weiterentwickelt und konnte somit auch APT als Backend benutzen.

Dabei lag die Zielrichtung auf der konsequenten Anwendung des UNIX-Prinzips „Ein Werkzeug für eine Aufgabe“. Das zeigt sich insbesondere darin, dass sich APT und aptitude an dpkg andocken und die verfügbaren Funktionen integrieren, indem die Programme bereits bestehende dpkg-Bibliotheken mitnutzen. Weitere Details dazu finden Sie in [softwarestapel-und-ebenen].

Heute stehen weitere textbasierte und graphische Benutzeroberflächen für dpkg zur Verfügung. Neben aptitude sind das Synaptic (siehe [gui-synaptic]), PackageKit (siehe [gui-packagekit]) – als Basis für Gnome-PackageKit und Apper bei KDE – sowie Muon (siehe [gui-muon]), PackageSearch (siehe [debtags-werkzeuge]) und SmartPM (siehe [gui-smartpm]). Einen genaueren Blick werfen wir auf diese Programme in [werkzeuge-zur-paketverwaltung].

1.5. Welche UNIX-artigen Betriebssysteme verwenden das Paketformat und das APT-Paketmanagement

Debian-Binärpakete liegen in einem spezifischen Format vor – dem deb-Paketformat. Sowohl das Format, als auch die dazugehörigen Werkzeuge haben innerhalb der letzten 20 Jahre bei weitaus mehr UNIX-artigen Betriebssystemen Einzug gehalten, als es auf den ersten Blick zu vermuten wäre.

Vereinfacht gesagt, basiert praktisch jedes Debian-Derivat auf den beiden Konzepten. Die Übersicht in [paketformat-im-einsatz] zeigt eine Auswahl, jeweils ergänzt um den spezifischen Einsatzbereich. Bis auf den Univention Corporate Server (UCS) sind alle der genannten Derivate kostenfrei verfügbar.

2. Software in Paketen organisieren

2.1. Was ist Paketmanagement

Paketmanagement beschreibt die geordnete Verwaltung der einzelnen Softwarepakete auf ihrem System. Ziel ist dabei, dass Ihr Linux-System funktionstüchtig und benutzbar bleibt, insbesondere wenn Sie vorhandene Software aktualisieren, entfernen oder auch neue Software ergänzen.

Es umfasst daher nicht nur den Abgleich der lokalen Paketdatenbank mit den eingetragenen Paketverzeichnissen (Repositories), sondern auch die Auflistung der verfügbaren und derzeit verwendeten Pakete mit deren jeweiligen Statusinformation. Dazu gehört etwa die Paketbeschreibung, ob das Paket vollständig installiert ist und, falls ja, welche Version derzeit verwendet wird.

Weiterhin zählt zum Paketmanagement die automatische Auflösung von Paketabhängigkeiten. Das vereinfacht die Benutzung erheblich, da Sie die einzelnen Abhängigkeiten der Pakete nicht vorab recherchieren müssen. Diese Abhängigkeiten beeinflussen den lokalen Paketbestand und die Reihenfolge notwendiger Änderungen beim Hinzufügen, Aktualisieren oder Entfernen einer Paketauswahl. Daran schließen sich die plattform- und hardwarespezifische Konfiguration vor und nach der Installation von Paketen über die sogenannten Maintainer-Skripte an, die dpkg automatisch anstößt. Mehr Informationen dazu finden Sie in [aufbau-und-format].

Die Distribution selbst bzw. die verantwortlichen Paketmaintainer kümmern sich bei der Übersetzung und Bereitstellung der Pakete darum, dass die nachfolgende Zusammenstellung der Paketliste harmonisch ist und die verschiedenen Versionen der einzelnen Softwarepakete aufeinander abgestimmt sind. Jedes deb-Paket verfügt über eine Beschreibung in Textform sowie eine Liste der Pakete, von denen es abhängt – bei Bedarf sogar samt Versionsangabe.

Die Aktualisierung einer bereits bestehenden, installierten Softwareversion durch eine andere Version beinhaltet i.d.R. eine fehlerbereinigte oder erweiterte Variante des Programms. Das kann eine individuelle Sicherheitsaktualisierung sein, das Installieren eines sogenannten Debian Backports, d.h. eine neuere Paketversion wird für eine vorherige Veröffentlichung zurückportiert, aber auch im Rahmen einer Aktualisierung auf eine neue Veröffentlichung der Distribution (siehe [veroeffentlichungen]) stattfinden. Dass letzteres überhaupt möglich ist, ist noch lange nicht bei allen Distributionen selbstverständlich. Lange Zeit war dies ein Alleinstellungsmerkmal von Debian und auch heute noch bieten einige Debian-Derivate diese Eigenschaft nicht. Gleiches gilt für den Wechsel auf eine zurückliegende Softwareversion, einen sogenannten Downgrade. Dies wird allerdings auch bei Debian nicht explizit unterstützt, funktioniert aber dennoch in den meisten Fällen.

Im Detail erklären wir Ihnen die Thematik unter Pakete aktualisieren (siehe [pakete-aktualisieren]), Distribution aktualisieren (siehe [distribution-aktualisieren]), Paket downgraden (siehe [pakete-downgraden]) und dem Debian Backports Archiv (siehe [debian-backports]).

Nachfolgende Ausgaben zeigen zweierlei – die Liste aller Pakete am Beispiel von dpkg und die ausführliche Übersicht auf der Basis von apt-cache. Ersteres listet alle installierten Pakete zur Textverarbeitung Abiword auf. Ersichtlich ist der Installationsstatus (erste Spalte), der Paketname und die Paketversion (zweite und dritte Spalte) sowie eine Paketbeschreibung (vierte Spalte). Auf das Werkzeug dpkg gehen wir en detail in den beiden Abschnitten Softwarestapel und Ebenen ([softwarestapel-und-ebenen]) und dpkg ([dpkg]) ein.

Ausgabe aller derzeit installierten Pakete für Abiword mit dpkg
$ dpkg -l "abiword*"
Gewünscht=Unbekannt/Installieren/R=Entfernen/P=Vollständig Löschen/Halten
| Status=Nicht/Installiert/Config/U=Entpackt/halb konFiguriert/
         Halb installiert/Trigger erWartet/Trigger anhängig
|/ Fehler?=(kein)/R=Neuinstallation notwendig (Status, Fehler: GROSS=schlecht)
||/ Name                Version        Architektur    Beschreibung
+++-===================-==============-==============-============================================
ii  abiword             2.9.2+svn20120 i386           efficient, featureful word processor with co
ii  abiword-common      2.9.2+svn20120 all            efficient, featureful word processor with co
ii  abiword-plugin-gram 2.9.2+svn20120 i386           grammar checking plugin for AbiWord
ii  abiword-plugin-math 2.9.2+svn20120 i386           equation editor plugin for AbiWord
$

In Beispiel zwei nutzen wir apt-cache mit dem Parameter showpkg, um weitere Details zum Paket abiword-common zu erhalten. Neben der Versionsnummer sind auch die Paketquelle, die Paketsignaturen sowie die Abhängigkeiten zu weiteren Paketen genannt. Die Pakete stammen aus dem main-Zweig von Debian 7 Wheezy, sind für die Architektur i386 kompiliert und wurden vom deutschen FTP-Server des Debian-Projekts bezogen. Die einzige Abhängigkeit besteht zum Paket abiword.

Auflistung der Paketdetails zum Paket abiword-common mittels apt-cache
$ apt-cache showpkg abiword-common
Package: abiword-common
Versions:
2.9.2+svn20120603-8 (/var/lib/apt/lists/ftp.de.debian.org_debian_dists_wheezy_main_binary-i386_Packages) (/var/lib/dpkg/status)
 Description Language:
                 File: /var/lib/apt/lists/ftp.de.debian.org_debian_dists_wheezy_main_binary-i386_Packages
                  MD5: 168081fc8391dc5eb8f29d63bb588273
 Description Language: de
                 File: /var/lib/apt/lists/ftp.de.debian.org_debian_dists_wheezy_main_i18n_Translation-de
                  MD5: 168081fc8391dc5eb8f29d63bb588273
 Description Language: en
                 File: /var/lib/apt/lists/ftp.de.debian.org_debian_dists_wheezy_main_i18n_Translation-en
                  MD5: 168081fc8391dc5eb8f29d63bb588273


Reverse Depends:
  abiword,abiword-common 2.9.2+svn20120603-8
Dependencies:
2.9.2+svn20120603-8 -
Provides:
2.9.2+svn20120603-8 -
Reverse Provides:
$

2.2. Varianten und Formate für Softwarepakete

Auf Linux-Systemen herrscht in Bezug auf das Paketformat keine Einheitlichkeit. Jede Linux-Distribution legt selbst fest, welches Paketformat sie verwendet. Zwei dieser Formate haben eine sehr hohe Verbreitung erlangt – rpm und deb. Slackware Linux nutzt hingegen ein schlichtes tar-Archiv, welches entweder mit gzip oder ab Release 13 mit xz komprimiert wird (siehe [tab.paketformate]).

Tabelle 1. Übersicht zu Paketformaten und deren Verbreitung
Abkürzung Format in Verwendung Distribution

deb

Debian-Paketformat

seit 1993

Debian, Ubuntu, Grml, Knoppix, Linux Mint …

rpm

Redhat Package Manager

seit 1995

RedHat/Fedora, CentOS, Mandrake/Mandriva/Mageia, SuSE/openSUSE, …

apk

Android-Paketformat

seit 2003

Android

ipkg

Itsy Package Management System, Vorbild deb

2001 bis 2006

Unslung, OpenWrt, OpenMoko, webOS, Gumstix, iPAQ, QNAP (als Plugin), Synology (als Zusatz)

opkg

OpenMoko Package Management System, ipkg-Fork

seit 2006

OpenMoko, OpenWrt, OpenZaurus, OpenEmbedded

pkg.tar.gz

Pacman

seit 2002

Arch Linux

tar.gz, tar.xz

mit gzip bzw. xz komprimiertes tar-Archiv

seit 1993 (2009)

Slackware

Seit 2007 bestehen Containerformate, die insbesondere mit VirtualBox und Docker populär wurden. Ziel ist, in diesen Containern bereits fertig installierte Anwendungen bereitzustellen. Dazu zählen bspw. die Formate Flatpak, OpenContainers, Linux Containers (LXC), Snappy und VirtualBox (VDI) (siehe [Docker], [Flatpak], [OpenContainer], [LXC], [Ubuntu-Snappy-Projekt] und [VirtualBox]).

Tabelle 2. Übersicht zu Containerformaten und deren Verbreitung
Abkürzung in Verwendung Distribution Name des Debianpakets

Docker

seit 2014

Debian, Ubuntu, RedHat/Fedora, openSUSE, CentOS

docker [Debian-Paket-docker]

Flatpak

seit 2015

RedHat/Fedora, Ubuntu, CentOS

flatpak [Debian-Paket-flatpak]

Linux Containers (LXC)

seit 2008

Debian, Ubuntu, RedHat/Fedora, CentOS

lxc [Debian-Paket-lxc]

OpenContainers

seit 2015

Debian, Ubuntu, RedHat/Fedora, CentOS

oci-image-tool [Debian-Paket-oci-image-tool]

Snappy

seit 2015

Ubuntu

nicht vorhanden

VirtualBox (VDI)

seit 2007

Debian, Ubuntu, RedHat/Fedora, openSUSE, CentOS, Oracle Linux

virtualbox (kein offizielles Debianpaket)

Ändern Sie den Paketbestand auf Ihrem System durch eine Installation, Aktualisierung oder das Löschen eines oder mehrerer Pakete, ist in der Regel kein Neustart des gesamten Systems erforderlich. Die Paketpflege erfolgt bei laufendem System. Nach der Paketpflege ist üblicherweise lediglich der dazugehörige Dienst neu zu starten. Im Normalfall passiert dies heutzutage in den Maintainer-Skripten des Pakets und wird von der Paketverwaltung automatisch angestoßen. Mehr Informationen zu den Maintainer-Skripten finden Sie unter „Aufbau und Format eines Debianpakets“ in [aufbau-und-format].

2.3. Softwarestapel und Ebenen

2.3.1. Ebenen

Die Paketverwaltung kann man leicht in zwei Ebenen aufteilen. Dabei wird jede Ebene durch eine Reihe von Programmen und Bibliotheken repräsentiert (siehe [fig.werkzeugebenen]).

konzepte/software-in-paketen-organisieren/werkzeugebenen-2.png
Abbildung 2. Schichtenmodell zur deb-basierten Paketverwaltung

2.3.2. Untere Ebene

Die Basis bildet dpkg. Dessen Aufgabe ist es a) ein bereits lokal vorliegendes deb-Paket auszupacken und auf dem System einzuspielen und b) die Inhalte eines bereits installierten deb-Pakets wieder aus dem System zu entfernen. Ersteres entspricht dabei dem Kommandozeilenaufruf dpkg -i Paketdatei, das zweite hingegen dpkg -r Paketdatei (siehe [pakete-installieren] und [pakete-deinstallieren]).

Für Statusabfragen zu einem einzelnen Paket stützt sich dpkg auf die beiden Hilfsprogramme dpkg-deb und dpkg-query. Dazu gehören bspw. die Schalter -c und -L zum Anzeigen des Inhalts eines Pakets (siehe [paketinhalte-anzeigen-apt-file]) sowie -l zur Auflistung der installierten Pakete (siehe [liste-der-installierten-pakete-anzeigen-und-deuten]), -s zum Erfragen des Paketstatus (siehe [paketstatus-erfragen]) und -S, um das Paket zu finden, in dem eine bestimmte Datei vorkommt (siehe [paket-zu-datei-finden]).

Mit dpkg können Sie Ihre Pakete verwalten und das System vollständig pflegen. Jedoch müssen Sie sich dann aber selbst um alle Komfortfunktionen kümmern. dpkg prüft nur, ob alle Abhängigkeiten zu anderen Paketen erfüllt sind und beendet im Fehlerfall die Aktion. Es nimmt Ihnen weder die automatische Auflösung von Paketabhängigkeiten, noch die richtige Reihenfolge bei der Installation der Pakete ab. Diese Mühe erleichtern Ihnen die Werkzeuge der oberen Ebene.

Tipp
Paketverwaltung bei anderen Linux-Distributionen

Das Analogon zu dpkg bei rpm-basierten Distributionen ist rpm, bei Arch Linux ist es Pacman und bei Gentoo erreichen Sie die Funktionalität durch die beiden Programme emerge und equery. Eine komplette Übersicht zu den verschiedenen Programmen finden Sie einerseits in der Pacman-Rosetta (siehe [pacman-rosetta-beschreibung]) sowie in unserer Übersicht im Anhang des Buches (siehe [kommandos-zur-paketverwaltung-im-vergleich]).

2.3.3. Obere Ebene

Bei deb-basierten Distributionen besteht die obere Ebene typischerweise aus dem Werkzeug APT (siehe [apt]). Häufig ist mindestens eines der weiteren Programme wie aptitude (siehe [aptitude]), Synaptic (siehe [gui-synaptic]), Muon (siehe [gui-muon]) oder auch PackageKit (siehe [gui-packagekit]) installiert. Die Auswahl variiert und hängt von der von Ihnen gewählten Linux-Distribution und ihren Vorlieben ab.

Alle diese Programme übernehmen die Aufgabe, Ihnen die Installation und die Aktualisierung der einzelnen Programmpakete auf Ihrem System zu vereinfachen und unter möglichst einer Benutzeroberfläche zusammenzufassen. Konkret gehört dazu die Aktualisierung der Liste von Paketen aus den Paketquellen, der Auflösung der Paketabhängigkeiten und die Berechnung der Installationsreihenfolge der von Ihnen ausgewählten Pakete.

Bei der Erfüllung ihrer Aufgaben stützen sich die Programme einerseits auf die beiden Bibliotheken libapt-inst und libapt-pkg (siehe [apt-und-bibliotheken]) und andererseits auf die Werkzeuge aus der unteren Ebene, d.h. vor allem auf dpkg. Es übernimmt die eigentliche Installation, Entfernung oder Aktualisierung (siehe untere Ebene). Sichtbar wird dies insbesondere, wenn Sie ein Paket mit apt-get oder aptitude installieren. Einen Teil der Ausgaben auf dem Terminal steuern dpkg und die o.g. Bibliotheken bei.

2.3.4. Paketformate und -werkzeuge anderer Distributionen

Bei rpm-basierten Distributionen RedHat, Fedora und CentOS heißen die Werkzeuge Yellowdog Updater Modified (YUM) [YUM], bei SuSE und openSUSE Zypper [Zypper] und Yet another Setup Tool (YaST). Mageia Linux und Rosa Linux nutzen hingegen urpmi [Mageia-urpmi]. rpmdrake [rpmdrake] setzt auf urpmi auf und ist das Pendant zum graphischen Werkzeug Synaptic. Aufgrund der einfachen Benutzbarkeit wird es häufig Einsteigern empfohlen.

2.3.5. Werkzeuge, die verschiedene Paketformate unterstützen

Darüber hinaus gibt es Programme, die mit mehreren unterschiedlichen Paketformaten umgehen können. Dazu zählen Muon (siehe [gui-muon]), der Smart Package Manager (SmartPM) (siehe [gui-smartpm]) und PackageKit (siehe [gui-packagekit]). Muon und SmartPM können die Paketformate deb, rpm und tar.gz (Slackware) verarbeiten sowie die bereits oben genannten Verwaltungen APT, YUM und urpmi ansprechen. Weitere Informationen dazu finden Sie unter „Frontends für das Paketmanagement“ in [frontends-fuer-das-paketmanagement].

2.4. Alternativen zu APT

APT mit apt-get und apt-cache ist erprobt, zuverlässig und daher weit verbreitet. Dennoch gibt es Programme, die die gleichen Funktionalitäten wie APT implementieren. Dabei gibt es verschiedene Kategorien von Alternativen:

Alternative Benutzerschnittstellen

Hierzu zählen u.a. die im Buch vorgestellten Programme aptitude, Muon, Synaptic und wajig (siehe [aptitude], [gui-muon], [gui-synaptic] und [wajig2]). Diese setzen auf den APT-Bibliotheken auf und sind nur Alternativen zu den Kommandozeilentools apt-get und apt-cache, nicht aber zu APT als Ganzes.

Vorgänger

Bevor es APT gab und an Popularität gewann, wurden Paketlisten und Pakete mit dselect heruntergeladen (Recherchen ergaben etwa das Jahr 1998). dselect ist Bestandteil des dpkg-Projekts und wird heute noch aus den Quellen von dpkg gebaut. Allerdings benutzt es für viele Funktionalitäten mittlerweile ebenfalls APT als Backend, insbesondere für das Herunterladen von Paketen. dselect hat heute keine Relevanz mehr (liegt quasi im Wachkoma) und wird daher im Buch nicht weiter besprochen.

Potentielle Nachfolger

APT ist nicht mehr ganz jung, und es wurden in der Vergangenheit Design-Entscheidungen getroffen, welche aus heutiger Sicht eher als weniger gelungen gelten, sich aber nicht mehr oder zumindest nur mit sehr viel Aufwand korrigieren lassen. Eugene V. Lyubimkin war einer der APT-Entwickler und hat sich aus o.g. Grund aus der APT-Entwicklung zurückgezogen und eine Re-Implementierung von APT namens Cupt [Debian-Wiki-cupt] geschrieben (siehe [Cupt]).

2.5. Zusammenspiel von dpkg und APT

Wie bisher gezeigt wurde, bauen dpkg, APT und Freunde aufeinander auf. Dabei gibt es eine Reihe von Bibliotheken und weiteren Programmen, die zur Nutzung dieser Werkzeuge ebenfalls notwendig sind.

APT hängt vor allem von der aus dem APT-Quellcode gebauten Bibliothek libapt-pkg, von gnupg und debian-archive-keyring ab. libapt-pkg stellt eine Schnittstelle für den Zugriff auf die Debianpakete bereit (siehe „APT und Bibliotheken“ in [apt-und-bibliotheken]). Die beiden anderen Pakete werden hingegen für die Validierung von digitalen Signaturen benötigt (siehe „Bezogenes Paket verifizieren“ in [bezogenes-paket-verifizieren]).

dpkg ist ein sog. essentielles Paket (siehe [paket-prioritaet-und-essentielle-pakete]), hat also eher wenig Abhängigkeiten. Die meisten davon sind selbst essentielle Pakete und müssen daher nicht namentlich als Abhängigkeit in den Metadaten des Pakets aufgeführt werden. Deshalb tauchen sie nur unter bestimmten Umständen explizit in den Abhängigkeitslisten auf, z.B. wenn bestimmte Einschränkungen bzgl. der Version bestehen.

Bei aptitude und den meisten anderen Frontends ist dies anders, denn diese sind alle um eine ganze Spur komplexer. Bei aptitude kommt z.B. noch die Benutzeroberfläche auf der Basis von Ncurses [Ncurses] hinzu. [fig.apt-dot], [fig.dpkg-dot] und [fig.aptitude-dot] zeigen die minimalen Paketabhängigkeiten für APT, dpkg und aptitude in graphischer Form.

konzepte/software-in-paketen-organisieren/apt.png
Abbildung 3. Paketabhängigkeiten von APT
konzepte/software-in-paketen-organisieren/dpkg.png
Abbildung 4. Paketabhängigkeiten von dpkg
konzepte/software-in-paketen-organisieren/aptitude+apt.png
Abbildung 5. Paketabhängigkeiten von aptitude und APT

Die Grafiken in den drei obigen Abbildungen erzeugen Sie mit Hilfe der beiden Programme debtree [Debian-Paket-debtree] (siehe [debtree-Projektseite]) und dot [Graphviz]. Ersteres berechnet über die Metadaten in den Paketlisten die Abhängigkeiten zu anderen Paketen und erzeugt daraus eine entsprechende Beschreibung des Abhängigkeitsgraphen in der Sprache dot.

Erzeugung der Abhängigkeitsgraphen zu dpkg mittels debtree
$ debtree dpkg
Paketlisten werden gelesen... Fertig
Abhängigkeitsbaum wird aufgebaut
Statusinformationen werden eingelesen... Fertig
digraph "dpkg" {
        rankdir=LR;
        node [shape=box];
        "dpkg" -> "libbz2-1.0" [color=purple,style=bold];
        "dpkg" -> "liblzma5" [color=purple,style=bold,label="(>= 5.1.1alpha+20120614)"];
        "dpkg" -> "libselinux1" [color=purple,style=bold,label="(>= 2.3)"];
        "libselinux1" -> "libpcre3" [color=blue,label="(>= 8.10)"];
        "dpkg" -> "tar" [color=purple,style=bold,label="(>= 1.23)"];
        "tar" -> "libacl1" [color=purple,style=bold,label="(>= 2.2.51-8)"];
        "libacl1" -> "libattr1" [color=blue,label="(>= 1:2.4.46-8)"];
        "libacl1" -> "libacl1-kerberos4kth" [color=red];
        "tar" -> "libselinux1" [color=purple,style=bold,label="(>= 1.32)"];
        "dpkg" [style="setlinewidth(2)"]
        "libacl1-kerberos4kth" [style=filled,fillcolor=oldlace];
}
I: The following dependencies have been excluded from the graph (skipped):
I: libc6 multiarch-support zlib1g
// Excluded dependencies:
// libc6 multiarch-support zlib1g
// total size of all shown packages: 11501568
// download size of all shown packages: 4358750
$

Das zweite Kommando dot wandelt diese Beschreibung über den Schalter -TAusgabeformat in eine hübsche Grafik um. Als Ausgabeformat unterstützt dot derzeit bspw. PostScript, Structured Vector Graphics (SVG), GIF, PNG und FIG (für die Verwendung in xfig). Beachten Sie bitte, dass dot im Aufruf zwischen dem Schalter und dem von Ihnen gewählten Ausgabeformat kein Leerzeichen erlaubt.

Für dpkg erhalten Sie die Abbildung im Bildformat Portable Network Graphics (PNG) mit dem nachfolgend gezeigten Aufruf auf der Kommandozeile. Dabei wird die Ausgabe des debtree-Kommandos nicht auf dem Terminal sichtbar, sondern wird mit dem Pipe-Operator | direkt an das Programm dot weitergegeben, welches es als Eingabe verarbeitet. Die Ausgabe von dot – die erzeugte Bilddatei – wird danach mit dem Umleitungsoperator > in die Datei dpkg.png im aktuellen Verzeichnis umgeleitet.

Erzeugung der Abhängigkeitsgraphen und Speicherung als Rastergrafik
$ debtree dpkg | dot -Tpng > dpkg.png
$

2.6. Vom monolithischen Programm zu Programmkomponenten

Computerprogramme sind vergleichbar mit Kochrezepten und umfassen eine Folge von Anweisungen, die nacheinander abgearbeitet werden. Einfachere, kleine Programme sind häufig noch überschaubar und somit monolithisch. Sie beinhalten den gesamten Programmcode, der in einer einzigen Datei bereitgestellt wird.

Während zu Beginn der Informationsverarbeitung noch eine Tontafel, ein Holzstab mit Einkerbungen, ein Blatt Papier oder auch nur ein Lochstreifen zur Erfassung einer Folge von Anweisungen ausreichte, passt heutiger Programmcode nur noch selten auf eine einzige Bildschirmseite [Naumann-Abakus-Internet]. Ein Großteil der aktuell genutzten Software ist daher mehrteilig und überaus komplex. Dabei spielen viele, unterschiedliche Komponenten zusammen, erfüllen verschiedene Aufgaben und bedingen einander. Dazu gehören kompilierte Programme, Skripte, Bibliotheken, Daten und Konfigurationsdateien.

Die Paketierung der einzelnen Komponenten folgt eigenen Regeln, deren Konventionen nur zum Teil festgeschrieben sind und sich auch von Distribution zu Distribution etwas unterscheiden. [tab.paketierung-apt] zeigt die Zerlegung in einzelne Pakete am Beispiel von APT. Dabei beinhaltet die linke Spalte den generischen Paketnamen ohne Nennung von Versionsnummer und Architektur, die mittlere Spalte die Kategorie, der das Paket zugeordnet ist (siehe „Sortierung der Pakete nach Verwendungszweck“ in [sortierung-der-pakete-nach-verwendungszweck]) und die rechte Spalte eine kurze Paketbeschreibung. Auf die genannten Bibliotheken gehen wir genauer in „APT und Bibliotheken“ in [apt-und-bibliotheken] ein.

Tabelle 3. Paketierung der Komponenten am Beispiel von APT
Paketname Paketkategorie Komponente und Bedeutung

apt

Administration (admin)

Paketmanager für die Kommandozeile (siehe [apt])

apt-doc

Dokumentation (doc)

Dokumentation zum Paket apt

apt-transport-https

Administration (admin)

APT-Plugin für HTTPS-Support (obsolet seit APT 1.5)

apt-utils

Administration (admin)

Hilfsprogramme für APT

libapt-instX.Y

Bibliotheken (libs)

Laufzeitbibliothek zum Paketformat

libapt-pkg.X.Y

Bibliotheken (libs)

Laufzeitbibliothek zur Paketverwaltung

libapt-pkg-dev

Bibliotheken zur Entwicklung (libdevel)

Entwicklerdateien zu libapt-pkg

libapt-pkg-doc

Dokumentation (doc)

Dokumentation zur Laufzeitbibliothek libapt-pkg

libapt-pkg-perl

Bibliotheken (libs)

Laufzeitbibliothek zur Paketverwaltung, Perl-Schnittstelle

Tipp
Benennung eines Debianpakets und Paketkategorien

In [benennung-eines-debian-pakets] beleuchten wir die Benennung und Abfolge der Komponenten in den Paketnamen. Eine genaue Auflistung und zur Bedeutung der Paketkategorien lesen Sie in [sortierung-der-pakete-nach-verwendungszweck] nach.

Die Ideen hinter der Zerlegung in einzelne Komponenten sind ganz unterschiedlich und ergeben sich aus der Entwicklung, dem Ausrollen und der nachfolgenden Pflege einer Software. Hauptmotivation ist dabei häufig, nicht das Rad jedes Mal neu erfinden zu müssen und stattdessen bereits bestehende Komponenten zu integrieren, die etabliert sind und bekanntermaßen einen gewissen Qualitätsstandard erfüllen. Im Open-Source-Bereich erfolgt die Entwicklung weltweit verteilt, daher ist hier eine Zerlegung in kleinere Einheiten und „Bausteine“ häufig von großem Nutzen. Aufgaben und Komponenten können dadurch besser an kleine, spezialisierte Teams verteilt werden.

2.7. Debian-Pakete (Varianten)

Wird von einem Debianpaket gesprochen, ist meist ein Binärpaket mit der Dateiendung deb gemeint. Dieses beinhaltet Software oder Daten, welche Sie sofort auf einem Computer mit Debian GNU/Linux installieren können.

Darüberhinaus gibt es aber auch noch andere Paketarten in Debian. Das wichtigste davon sind die Sourcepakete (siehe [sourcepakete]), die den Quellcode enthalten, aus dem später eines oder mehrere Binärpakete (siehe [binaerpakete]) gebaut werden.

2.7.1. Binärpakete (deb)

Binärpakete beinhalten Programme in kompilierter Form, die vorher bspw. in C oder einer ähnlichen Programmiersprache geschrieben wurden. Weiterhin beinhaltet es häufig noch Konfigurationsdateien, Dokumentation und weitere Daten in exakt dem Zustand, wie sie nachher auch auf der Festplatte Ihres Rechners vorliegen.

Bei der Installation eines deb-Pakets entpackt das Programm dpkg zuerst das Archiv aus dem deb-Paket und kopiert danach die Inhalte des Archivs an die vorbezeichnete Stelle in der Verzeichnishierarchie auf dem Zielsystem. Alle im Archiv genannten Pfade und Berechtigungen werden dabei übernommen.

Außerdem sind in den Binärpaketen Metadaten gespeichert, die solche Informationen wie bspw. die Abhängigkeiten zu anderen Paketen enthalten. Weitere Details dazu erfahren Sie unter „Konzepte und Ideen dahinter“ (siehe [konzepte-und-ideen-dahinter]) sowie „Aufbau und Format von Binärpaketen“ (siehe [aufbau-und-format-binaer]).

Wie bereits oben benannt, hat ein Binärpaket üblicherweise die Dateiendung deb und wird auch durch das UNIX-Kommando file entsprechend als solches erkannt. Nachfolgende Ausgabe zeigt dieses Verhalten am Beispiel des Pakets vnstat, eines Programms zur Analyse des Netzwerktraffics.

Das UNIX-Kommando file identifiziert die deb-Datei als Debianpaket
$ file vnstat_1.10-1_i386.deb
vnstat_1.10-1_i386.deb: Debian binary package (format 2.0)
$

2.7.2. Übergangspakete, Metapakete und Tasks

Es gibt ein paar besondere Varianten von Binärpaketen – Übergangspakete und Metapakete. Vom Aufbau her unterscheiden sich diese nicht von normalen Binärpaketen, aber vom Inhalt. Übergangspakete und Metapakete sind reguläre Binärpakete, die jedoch im Normalfall keine eigenen Programme, Daten oder ähnliches beinhalten. Stattdessen liefern diese Abhängigkeiten auf andere Pakete.

Übergangspakete werden bei Paketumbenennungen verwendet und dienen nur dazu, Ihnen den Wechsel bei geänderten (Binär-)Paketnamen zu erleichtern. Damit wird bei einer Aktualisierung eines bestehenden Pakets das Paket mit dem neuen Namen nachgezogen. In den meisten Fällen können Sie nach der Aktualisierung das Paket mit dem bisher verwendeten Namen gefahrlos von ihrem System entfernen. Nicht selten passiert dies bereits automatisch über die Paketverwaltung durch weitere, ggf. negative Abhängigkeiten.

Übergangspakete hängen meist nur von einem einzigen anderen Paket ab. Beispiele dafür sind:

  • gitgnuit und dann später git-coregit

  • chromiumchromium-bsu und dann später chromium-browserchromium

  • diffdiffutils

  • ttf-mplusfonts-mplus

Metapakete sind hingegen bewusst installierte Pakete, die Ihnen die Installation einer ganzen Gruppe von Paketen erleichtern. Als Abhängigkeiten zieht ein Metapaket eine Gruppe von verwendeten Paketen hinter sich her. Auf diese Art und Weise installieren Sie durch die Auswahl eines einzelnen Pakets eine ganze Gruppe an weiteren Paketen, die thematisch zusammengehören und sich häufig auch einander bedingen.

Das ist sehr nützlich, wenn Sie sich sicher sind, dass Sie eine bereits vorbereitete Zusammenstellung von Programmen benötigen. Für die Desktop-Umgebung XFCE genügt es beispielsweise, das dazugehörige Metapaket namens xfce4 auszuwählen. Andere Programmzusammenstellungen wie gnome (GNOME-Window-Manager), lxde (LXDE-Window-Manager) und kde-full (K Desktop Environment) handhaben das ähnlich.

Sehr intensiv verwendet das Projekt Communtu diese Metapakete. Über die Webseite des Projekts stellen Sie sich individuelle Paketkombinationen („Bündel“) zusammen und beziehen diese von dort. Ausführlicher gehen wir darauf in [webbasierte-programme-communtu] ein.

Tasks – auf deutsch mit „Aufgaben“ übersetzbar – sind Metapakete, die vom Debian Installer verwendet werden, um bestimmte Paketgruppen zu installieren. Dabei geht es vor allem um Pakete für bestimmte Sprachen und Lokalisierungen. Zum Beispiel hängt die Aufgabe task-german-desktop u.a. von den Paketen mit den deutschsprachigen Hilfedateien und Wörterbüchern von LibreOffice ab. Ähnliches existiert für Serverfunktionen, bspw. task-dns-server und task-database-server. Diese Funktionalität stammt vom Paket tasksel und wird ab Debian 7 Wheezy vermehrt verwendet. Auf das angesprochene Programm tasksel gehen wir in [tasksel] ausführlicher ein.

Tipp
Aufbau und Format von Übergangs- und Metapaketen

Mehr Informationen zum Aufbau dieser Pakete finden Sie unter „Aufbau und Format von Übergangs- und Metapaketen“ in [aufbau-und-format-uebergang-und-metapakete].

Tipp
Metapakete selber bauen

Wie Sie ihre eigenen Metapakete erstellen und diese dann auch zum Bezug in einem Repository bereithalten, lernen Sie unter „Metapakete bauen“ in [metapakete-bauen].

2.7.3. Mikro-Binärpakete

Mikro-Binärpakete tragen die Dateiendung udeb, wobei das u den griechischen Buchstaben Mu („µ“) repräsentiert. Sie sind technisch keine gewöhnlichen Binärpakete, sondern aufs Kleinste heruntergestutzte Pakete. Sie kennen nur eine einzige Art von Paketrelation namens „hängt ab von“. Desweiteren beinhalten sie keine Maintainer-Skripte und führen auch sonst kaum Metainformationen mit.

Einziger Einsatzzweck dieser Mikro-Debs ist im Debian Installer während des Zeitpunkts der Installation. Deswegen gibt es auch nur solche Pakete als udeb-Variante, die vom Debian Installer selbst gebraucht werden. Darunter zählen bspw. Pakete mit den Programmen zum Anlegen von Dateisystemen.

2.7.4. Source-Pakete (dsc und weitere Dateien)

Diese Pakete beinhalten den Quellcode von Programmen und tragen das Suffix dsc als Abkürzung für Debian Source Control. Die Bestandteile eines solchen Paketes sind:

  • der Originalquellcode als ein oder mehrere komprimierte tar-Archive. Je nach verwendetem Komprimierungsverfahren lauten die Dateiendungen orig.tar.gz, orig.tar.bz2 oder orig.tar.xz.

  • die Änderungen vom Original zum Debianpaket als komprimierter Patch. Diese Dateien haben klassisch die Endung diff.gz und wurden mit gzip gepackt. Liegen die Änderungen wie bei moderneren Sourcepaketen als komprimiertes tar-Archiv vor, wird als Dateiendung debian.tar.gz oder debian.tar.xz genutzt. Bei Letzterem kommt anstatt von gzip das Komprimierungswerkzeug xz zum Einsatz.

  • eine Datei mit den Metadaten (Größe, Hashsummen, etc.) über die vorher genannten Dateien. Genutzt wird die Dateiendung dsc als Abkürzung für Debian Source Control.

Alle diese genannten Dateien stellen in der Gesamtheit ein einzelnes Debian-Source-Paket dar und beinhalten den Upstream-Quellcode plus Paketierung.

Tipp
Auspacken von Debian-Source-Paketen

Zum Auspacken von Debian-Source-Paketen benutzen Sie das Programm dpkg-source aus dem Paket dpkg-dev [Debian-Paket-dpkg-dev]. Müssen Sie das Source-Paket vorher noch herunterladen, so nutzen Sie besser den Aufruf apt-get source Paketname, welcher das Source-Paket zunächst noch vom Repository herunterlädt und danach direkt mit dpkg-source auspackt. Mehr Informationen zu Source-Paketen finden Sie unter „Aufbau und Format von Sourcepaketen“ in [aufbau-und-format-source] und „Sourcepakete beziehen“ in [sourcepakete-beziehen].

2.7.5. Virtuelle Pakete

Reale Binärpakete können zusätzlich deklarieren, dass sie die Funktionalität eines weiteren Pakets ebenfalls bereitstellen. Existiert dieses weitere Paket nicht auch als reales Binärpaket, wird es als virtuelles Paket bezeichnet. Das gleiche virtuelle Paket kann hierbei von verschiedenen Binärpaketen zur Verfügung gestellt werden.

Andere Pakete können von einem solchen virtuellen Paket abhängen. Um diese Abhängigkeit zu erfüllen, genügt es, wenn ein Paket installiert ist, welches dieses virtuelle Paket bereitstellt.

In Debian gibt es bspw. die virtuellen Pakete xserver, x-display-manager und x-window-manager, die typische Komponenten des X-Window-Systems zusammenfassen. [fig.aptitude-virtuelle-pakete] zeigt beispielhaft die Auswahl für das virtuelle Paket x-display-manager in aptitude. In der ersten Spalte der Darstellung kennzeichnet dazu der Buchstabe v neben dem Namen des virtuellen Pakets diese spezielle Variante.

Zur Auswahl aus dem Paket stehen u.a. der Displaymanager Slim (Paket slim), der Gnome Display Manager in Versionen 2 und 3 (Pakete gdm und gdm3), der KDE Display Manager (Paket kdm), der WINGs Display Manager und der ursprüngliche X Display-Manager (Paket xdm). Der Screenshot in [fig.aptitude-virtuelle-pakete] stammt von einem Debian-System, auf welchem GDM3 installiert ist. Das erkennen Sie an der Hervorhebung durch fettgedruckten Text und der Markierung i für „Paket ist installiert“ in der ersten Spalte der Darstellung (siehe auch [dpkg] für weitere Darstellungsvarianten).

konzepte/software-in-paketen-organisieren/aptitude-virtuelle-pakete.png
Abbildung 6. Inhalt des Pakets x-display-manager in Aptitude

Eine Liste aller offiziell verwendeten virtuellen Pakete in Debian gibt es im Paketierungshandbuch auf der Debian-Webseite [Debian-Virtual-Packages-List]. Andere Distributionen nutzen dieses Konzept auch, jedoch in unterschiedlicher Intensität.

2.7.6. Pseudopakete im Debian Bug Tracking System

Eine weitere Art nicht real existierender Pakete sind die sogenannten Pseudopakete, die Sie bei der Rückmeldung von Fehlern verwenden können. Diese Pakete dienen dazu, um Probleme mit der Debian-Infrastruktur aufzufangen und über das Debian Bug Tracking System (BTS) zu verfolgen.

Finden Sie bspw. einen Fehler auf den Webseiten von Debian, so können Sie einen Fehlerbericht gegen das Pseudopaket www.debian.org schreiben. Paketentfernungen aus Debian werden über Fehlerberichte gegen das Paket ftp.debian.org abgehandelt. Zukünftige Pakete sowie verwaiste Pakete werden über das Pseudopaket wnpp verwaltet und verfolgt. wnpp ist eine Abkürzung für „Work-needing and prospective packages“ — auf deutsch: „Arbeit bedürfende und zukünftige Pakete“.

Möchten Sie einen Fehlerbericht schreiben, wissen aber nicht, welchem konkreten Paket der Fehler zuzuordnen ist, so können Sie einen Fehlerbericht gegen das Pseudopaket general schreiben. Die Debian-Entwickler werden danach versuchen, herauszufinden, welches reale Paket die Ursache für den von Ihnen berichteten Fehler ist.

Tipp
Fehler zu einem Paket anzeigen

Unter „Bugreports anzeigen“ in [bugreports-anzeigen] lernen Sie, wie Sie die bestehenden Fehlermeldungen zu einem Paket anzeigen, deuten und einen eigenen Bugreport an das Betreuerteam des Pakets (Paket-Maintainer) übermitteln.

2.8. Sortierung der Pakete nach Verwendungszweck

Für Debian sind inzwischen sehr viele unterschiedliche Pakete verfügbar. Um Ihnen die Orientierung in der Paketmenge sowie die Recherche und Auswahl daraus zu erleichtern, ordnet der Paketbetreuer – der Verantwortliche für das Paket – dieses Paket genau einer bestimmten Kategorie zu. Die Auswahl der Kategorie basiert dabei auf dem hauptsächlichen Einsatzbereich der Software.

[fig.aptitude-paketbereiche] zeigt die Sichtbarkeit der Kategorien bei der Paketauswahl in aptitude. In jeder Kategorie sind die Pakete zusätzlich nach ihrem Distributionsbereich (siehe [distributionsbereiche]) – main, contrib und non-free – gruppiert. Der jeweilige Entwicklungszweig (siehe [veroeffentlichungen]) – bspw. stable, unstable oder testing – wird in dieser Darstellung nicht angezeigt, lässt sich aber bei Bedarf als weitere Ebene in der Anzeigehierarchie konfigurieren.

konzepte/software-in-paketen-organisieren/aptitude-paketbereiche.png
Abbildung 7. Auflistung der verschiedenen Paketkategorien in aptitude

Nachfolgende Übersicht listet die derzeit verwendeten Kategorien mit Beispielpaketen auf. Der Begriff in Klammern benennt die Kurzbezeichnung der Kategorie. Diese Zusammenstellung basiert auf Frank Ronneburgs Auflistung aus dem Debiananwenderhandbuch [Debian-Anwenderhandbuch] sowie der Übersicht auf der Debian-Webseite [Debian-Paketliste]. Die Kategorien introspection, Debian/tasks, education und metapackages sind derzeit noch nicht in allen Übersichten eingepflegt. Die einzige Referenz hierfür ist das Debian Policy Manual [Debian-Policy-Subsections].

Administration (admin)

Programme zur Systemadministration (dpkg, apt, aptitude, adduser)

Alte Bibliotheken und Übergangspakete (oldlibs)

Versionen von Bibliotheken, die nicht mehr verwendet werden sollten sowie Übergangspakete (gcalctool, iproute, libgnome2-0)

Amateurfunk/Ham Radio (hamradio)

Software für Amateurfunker (ax25-tools, hamfax)

Andere Betriebs- und Dateisysteme (otherosfs)

Software, um Programme zu benutzen, die für andere Betriebssysteme kompiliert wurden und um die Dateisysteme anderer Betriebssysteme zu benutzen (avr-libc, bochs, cpmtools, dosemu, fatsort)

Aufgaben (Debian/tasks)

Pakete, die Ihren Rechner für eine bestimmte Aufgabe vorbereiten (siehe [debian-pakete-varianten]) (task-german-desktop, task-xfce-desktop)

Bibliotheken (libs)

Programmbibliotheken (Libraries) (libc6, e2fslibs)

Bildung (education)

Lern- und Schulprogramme (auto-multiple-choice, gcompris, scratch)

Datenbanken (database)

Datenbankserver und -clients (sqlite, mysql-server, mongodb)

Debug-Pakete (debug)

Pakete, die Debug-Informationen für Programme und Laufzeitbibliotheken bereitstellen (cups-dbg, evolution-data-server-dbg)

Dienstprogramme (utils)

verschiedene Werkzeuge (clamav, coreutils, debian-goodies)

Dokumentation (doc)

HOWTOs, FAQs und andere Dokumentation sowie Programme, um diese zu lesen (aptitude-doc-en, debian-faq, debian-handbook, zsh-doc)

Editoren (editors)

Textverarbeitungsprogramme, Editoren für Programmierer und Entwickler (abiword, emacs, kate, vim)

Elektronik (electronics)

Programme zur Entwicklung und Simulation elektronischer Schaltungen (arduino, verilog)

Embedded (embedded)

Software, die für die Benutzung in oder mit Embedded Systemen geeignet ist (gpe, matchbox, usbprog, urjtag)

Entwicklung (devel)

Entwicklungswerkzeuge und -umgebungen, Compiler, usw. (automake, binutils, g++)

Entwicklungsbibliotheken (libdevel)

Header-Dateien zu Bibliotheken (libc6-dev, okular-dev, zathura-dev)

E-Mail (mail)

alles rund um E-Mail; Mailserver, Mailprogramme, Spamfilter, etc. (postfix, mutt, spamassassin)

GNOME (gnome)

Programme zur GNOME-Desktop-Umgebung (etherape, evince, gnome-control-center, gnome-media)

GNU R (gnu-r)

Programme um die freie Implementierung der Statistik-Sprache R (r-base, r-mathlib)

GNUstep (gnustep)

Programme zur GNUstep-Umgebung (gnustep, gnustep-icons)

Grafik (graphics)

Programme zur Bildbearbeitung (dia, epub-utils, giftrans, gimp)

Haskell (haskell)

alles rund um die Programmiersprache Haskell (haskell-platform, happy)

GObject Introspection (introspection)

GObject Introspection Middleware, Schnittstellen zwischen GObject-C-Bibliotheken und anderen Programmiersprachen [GObject-Introspection] (gir1.2-ebook-1.2)

Interpreter (interpreters)

Interpretierte Programmiersprachen wie bspw. Tcl/Tk (luajit, m4, tcl)

Java (java)

alles rund um die Programmiersprache Java (ant, tomcat8, openjdk-7-jre)

KDE (kde)

Programme zum KDE-Desktop (apper, kdm, knotes)

Kernel (kernel)

Betriebssystem-Kernel und zugehörige Module und Programme (dkms, firmware-atheros, firmware-linux, kernel-package, linux-image-amd64)

Klang (sound)

alles für den guten Ton (alsa-utils, audacious, playmidi, xmms2)

Kommunikation (comm)

Kommunikationsprogramme für externe Schnittstellen, Modems und Telefonanlagen (cu, asterisk, hylafax-server, wvdial)

Lisp (lisp)

alles zur Programmiersprache Lisp und Dialekten davon (lush, mit-scheme, picolisp)

Mathematik (math)

mathematische und wissenschaftliche Programme (bc, concalc, euler, freemath)

Metapakete (metapackages)

Paketgruppen (siehe [debian-pakete-varianten]) (games-finest, gnome, kde-full, gis-devel)

Mono/CLI (cli-mono)

alles rund um die C#-Implementierung Mono und die Common Language Infrastructure (monodoc-browser)

Netzwerk (net)

Netzwerkserver und Clientprogramme, Programme zur Netzwerkkonfiguration (bind9, centerim, debmirror, isc-dhcp-client)

Usenet News (news)

Software für Usenet-Newsgruppen (slrn, nget, tin)

OCaml (ocaml)

alles zur Programmiersprache OCaml (cameleon, libcurl-ocaml, ocamlwc)

Perl (perl)

alles zur Programmiersprache Perl, CPAN-Module (libaudio-file-perl, perl, perl-doc)

PHP (php)

alles zur Programmiersprache PHP (icinga-web, php5)

Python (python)

alles zur Programmiersprache Python (python3, idle)

Ruby (ruby)

alles zur Programmiersprache Ruby (ruby, ruby-xmmsclient)

Schriften (fonts)

Schriften und Programme zum Verarbeiten von Schriften (fontforge, fontconfig, xfonts-cyrillic)

Shells (shells)

verschiedene Shells (bash, fish, zsh)

Spiele (games)

Spiele und Unterhaltung (freeciv-server, gcompris, openttd)

Sprachpakete (localization)

Lokalisierungsunterstützung für große Softwarepakete (firefox-l10n-all, kde-l10n-es, libreoffice-l10n-ar)

TeX (tex)

alles zum Schriftsatzsystem TeX, inkl. LaTeX und XeTeX (dvi2ps, biblatex, gummi)

Textverarbeitung (text)

Werkzeuge zum Umgang mit Textdateien (a2ps, xpdf, wordnet, wogerman)

udeb-Pakete des Debian-Installers (debian-installer)

spezielle Pakete zur Verwendung im Debian-Installer, siehe [mikro-binaerpakete] (archdetect, cdrom-detect)

Verschiedenes (misc)

Diverses, was sonst nirgends hineinpasst (bochsbios, cpuburn, screen)

Versionskontrollsysteme (vcs)

Versionskontrollsysteme und zugehörige Hilfswerkzeuge (bzr, cvs, git)

Video (video)

Videobetrachter, -editoren, -rekorder, -sender (dvb-apps, dvbstream, gnome-mplayer, mpv)

Web (web)

Webbrowser, Download-Tools, HTML-Editoren, usw. (bluefish, firefox)

Webserver (httpd)

Webserver und ihre Module (apache2, nginx, lighttpd, libapache2-mod-perl2, libapache2-mod-php5)

Wissenschaft (science)

Programme zum wissenschaftlichen Arbeiten (celestia, garlic)

X Window (x11)

X-Server, Window-Manager und Anderes (xterm, xsensors, xorg-xserver)

XFCE (xfce)

Programme zum XFCE-Desktop (thunar, xfwm4, xfwm4-themes)

Zope/Plone (zope)

alles rund um das Zope-Framework (zope-common, zope2.13)

Tipp
Erweiterung um Debtags

Das Kategorienkonzept hat eine Reihe von Limitierungen, insbesondere die Einordnung eines Pakets in nur eine einzige Kategorie. Um diese Grenzen aufzuheben, gibt es das Debtags-Projekt, welches jedes Paket um passende Schlagworte ergänzt. Dieses Konzept und die dazugehörigen Werkzeuge stehen unter „Erweiterte Paketklassifikation mit Debtags“ (siehe [erweiterte-paketklassifikation-mit-debtags]) im Mittelpunkt.

2.9. Distributionsbereiche

Die verschiedenen Distributionsbereiche ordnen die einzelnen Pakete anhand ihrer Lizenzen. Das hilft Ihnen dabei, die Kontrolle über die verwendeten Lizenzen auf Ihrem System zu behalten. Mit der Auswahl von Paketen aus bestimmten Distributionsbereichen legen Sie somit den „Freiheitsgrad“ Ihrer Installation fest.

In Debian sind die Softwarepakete in die folgenden drei Bereiche unterteilt:

main

Freie Software, die den Debian-Richtlinien für freie Software (DFSG) entspricht.

contrib

Freie Software, die von unfreier Software abhängt.

non-free

Software, die nicht den Debian-Richtlinien für freie Software (DFSG) entspricht, aber frei verteilbar ist.

non-free-firmware

Firmware, die nicht den Debian-Richtlinien für freie Software (DFSG) entspricht, aber frei verteilbar ist. (Diesen Bereich gibt es erst ab Debian 12 Bookworm. Er wurde nach einer Abstimmung innerhalb von Debian im Jahre 2022 von non-free abgetrennt [gr-non-free-firmware]. In vorherigen Veröffentlichungen waren unfreie Firmware-Pakete im Bereich non-free untergebracht.)

2.9.1. Einordnung der Distributionsbereiche in Debian

Obwohl vielfach von außen anders wahrgenommen, zählt zur Debian-Distribution nur der Bereich main. Die anderen drei Bereiche sind lediglich Ergänzungen, die zusätzlich bereitgestellt werden. Wir empfehlen Ihnen daher, soweit möglich nur Pakete aus main zu verwenden, und nur wenn dies nicht ausreicht (z.B. wegen nicht-freier Firmware für bestimmte Hardwarekomponenten), die drei anderen Bereiche contrib, non-free und/oder non-free-firmware dazuzunehmen.

Pakete, die in main eingeordnet sind, unterliegen einer Lizenz, die den Debian-Richtlinien für Freie Software – kurz Debian Free Software Guidelines (DFSG) [DFSG] – entsprechen. Diese Richtlinien sind im Debian-Gesellschaftsvertrag festgelegt [Debian-Social-Contract] und weisen starke inhaltliche Gemeinsamkeiten zur Free Software Foundation (FSF) und zum GNU-Projekt auf.

Pakete im Bereich contrib stehen zwar genauso unter einer freien Lizenz wie die Pakete in main, bedingen jedoch weitere Software oder Inhalte, die nicht frei gemäß obiger Festlegung ist. Typische Gründe, warum ein Paket im Bereich contrib einsortiert wurde, sind:

  • Eine freie Spiele-Engine braucht die Spieldaten eines kommerziellen Spiels.

  • Ein Emulator braucht Software für die zu emulierende Hardware, um zu funktionieren.

  • Die Software ist nur zum Herunterladen (und ggf. installieren und/oder paketieren) von nicht-freier Software da.

  • Die Software muss mit einem nicht-freien Compiler übersetzt werden.

In den beiden Bereichen non-free und non-free-firmware finden sich Pakete, die nicht den Debian-Richtlinien für Freie Software (DFSG) entsprechen, aber trotzdem immer noch frei verteilbar sind. Typische Gründe für die Nichterfüllung der DFSG sind:

  • Der Quellcode liegt nicht (komplett) vor.

  • Die Software oder einzelne Teile davon – z.B. Teile der Dokumentation – dürfen nicht modifiziert werden.

  • Die Software darf nur für nicht-kommerzielle Zwecke genutzt werden.

  • Die Software darf nur für „Gutes“ verwendet werden.

  • Die Software darf nicht in kompilierter Form verteilt werden.

Vor der Nutzung von Software aus diesen Bereichen ist es ratsam, immer erst anhand der Lizenz zu überprüfen, ob Sie diese Software überhaupt für Ihre gewünschten Zwecke einsetzen dürfen.

Für Software aus den beiden Bereichen non-free und non-free-firmware gilt außerdem, dass keine Unterstützung seitens Debian für diese Pakete möglich ist. Das trifft insbesondere dann zu, wenn der Quellcode nicht veröffentlicht wurde, wie das bspw. bei der Firmware zu bestimmten WLAN-Chipsätzen der Fall ist.

[fig.aptitude-unfreie-pakete] zeigt die Paketliste in Aptitude mit einem unfreien Paket aus dem Bereich Netzwerk – skype. Im abgebildeten Fall wurde es zudem nicht aus einem offiziellen Debian-Repository heruntergeladen, sondern aus einer anderen Quelle und danach manuell auf dem System eingepflegt.

konzepte/software-in-paketen-organisieren/aptitude-unfreie-pakete.png
Abbildung 8. Paketliste mit Skype als unfreies Paket in Aptitude

Eine vollständige Übersicht zu allen nicht-freien Paketen, die auf ihrem System installiert sind, gibt Ihnen das Programm check-dfsg-status (vormals vrms) aus dem gleichnamigen Debianpaket [Debian-Paket-check-dfsg-status]. Darauf gehen wir unter „Liste der installierten, nicht-freien Pakete anzeigen“ in [unfreie-pakete-anzeigen]) ausführlicher ein.

2.9.2. Einordnung der Distributionsbereiche bei anderen Distributionen

Im Vergleich zu Debian sind bei Ubuntu die Distributionsbereiche etwas anders eingeteilt. Dort kommt neben den Lizenzen auch noch der Supportstatus zum Tragen. Dafür ist die Unterscheidung nach Softwarelizenzen auf frei oder unfrei reduziert: Es gibt main (frei, von Canonical unterstützt), restricted (unfrei, von Canonical unterstützt), universe (frei, nur Community-Unterstützung) und multiverse (unfrei, nur Community-Unterstützung). Zusätzlich existiert der Distributionsbereich partner, welcher für die Bereitstellung kommerzieller Software gedacht ist, deren Quellcode nicht offen liegt.

Andere Derivate von Debian bzw. Ubuntu (siehe „Paketformat im Einsatz“ unter [paketformat-im-einsatz]) oder nicht-offizielle Paketquellen (siehe „Paketquellen“ in [paketquellen]) können ebenfalls ihre eigenen Distributionsbereiche haben. Auf diese gehen wir hier nicht weiter ein.

2.9.3. Handhabung von geschützten Namen und Logos

Der Begriff „Software“ wird bei Debian recht weit gefasst und beinhaltet neben Programmcode auch Firmware, Dokumentation oder künstlerische Elemente wie beispielsweise Grafiken und Logos. Letztere stehen in manchen Fällen unter anderen Lizenzen als der Rest der Software und dürfen aus markenrechtlichen Gründen nicht für abgeänderte Programme verwendet werden.

Aus diesem Grund wurden 2006 einige Programme abgewandelt, bspw. der Webbrowser Iceweasel und das Mailprogramm Icedove, die im Original die Namen Firefox und Thunderbird tragen. Neben den beiden anderen Namen werden in Debian auch alternative Logos genutzt. Nach einer markenrechtlichen Einigung im Frühjahr 2016 sind seit Debian 9 Stretch Firefox und Thunderbird wieder zu Debian zurückgekehrt und lösen Iceweasel und Icedove wieder ab.

2.9.4. Softwareverteilung

Bezogen auf die Anzahl der verfügbaren Softwarepakete findet sich der überwiegende Teil der Pakete im Bereich main, danach folgen contrib, non-free und non-free-firmware.

Für die Architektur amd64 in Debian 8 Jessie ist das Verhältnis 42987 (main) zu 250 (contrib) zu 470 (non-free). Damit sind das fast genau ein Prozent unfreie Pakete. Für die Plattform i386 ist die Verteilung ähnlich.

2.9.5. Hintergrund der Einteilung in Distributionsbereiche

In der Klassifikation spiegelt sich die Offenheit und Vielfalt der Debian-Nutzer und -Entwickler sowie deren Weltbild wieder. Es zeugt von dem Verständnis dahingehend, welche Software Sie tatsächlich verwenden und nach welchen Kriterien Sie Ihre Pakete auswählen.

Je mehr Nutzer von Debian einbezogen werden, umso vielschichtiger sind die Varianten der Verwendung. Jeder Nutzer pendelt sich bei der Paketauswahl irgendwo zwischen den beiden Polen „nur freie Software“ und „freie und unfreie Software gemischt“ ein.

Erstere Gruppe versucht, ausschließlich freie Software zu verwenden und dazu auch unfreie in freie Software zu überführen, bspw. durch Nachbau, Neuentwicklung oder Anregen eines Lizenzwechsels. Dieser Schritt kann auch mit einem Funktionsverzicht einhergehen und ist vergleichbar mit der Überzeugung „so lange eine Technologie nur kommerziell/unfrei zur Verfügung steht, verwende ich diese nicht und nutze stattdessen Alternativen“. Die zweite Gruppe ist deutlich pragmatischer und folgt dem Gedanken „ich nutze die unfreie Variante, bis eine freie zur Verfügung steht, und steige dann um, wenn sie das kann, wie ich es brauche“. Dazwischen gibt es unendlich viele Abstufungen, die wiederum persönlichen Schwankungen unterliegen können.

Die Nutzung der Software hängt von den Bedürfnissen und dem Einsatzzweck ab. Viele Prozesse und Arbeitsabläufe bedingen eine bestimmte Menge von Eigenschaften („Featureset“), welche sich nicht immer adäquat und vollständig mit bestehender freier Software bzw. deren aktuellem Entwicklungsstand abbilden lässt. Dabei spielen die Faktoren Produktivität, Anbindung an bereits bestehende Software, Schnittstellen und unterstützte Hardware oder Protokolle eine große Rolle. Desweiteren sind das Budget, der Zeitrahmen und die Dokumentation bzw. der Support entscheidend. Über die Auswahl einer Lösung entscheidet häufig, welcher finanzielle Rahmen für eine Lösung zur Verfügung steht, welcher Zeitraum zur Inbetriebnahme gesetzt ist und wie gut die Dokumentation und der Support zur ausgewählten Software ist. Eine Software, die frei ist, aber nicht oder nur ungenügend zum tatsächlichen Einsatzzweck passt, ist an dieser Stelle zu hinterfragen und muss sich mit einer passenden Alternative messen lassen, auch wenn diese als unfrei eingestuft ist, aber damit im Nutzungszeitraum eine funktionierende und stabile Lösung erreicht wird.

2.10. Veröffentlichungen

Debian GNU/Linux wird in verschiedenen Veröffentlichungen angeboten, die jeweils als „Releases“ bezeichnet werden. Eine solche Veröffentlichung kann wie folgt referenziert werden:

Welche Veröffentlichung Sie auf ihrem System verwenden, entnehmen Sie der Datei /etc/debian_version wie folgt:

Die genutzte Debian-Version anzeigen
$ cat /etc/debian_version
9.6
$

Ausführlichere Informationen erhalten Sie mit Hilfe des Kommandos lsb_release -a (Langform --all) aus dem Debianpaket lsb-release [Debian-Paket-lsb-release]:

Ausführliche Informationen zur genutzen Debian-Version mit Hilfe von lsb_release anzeigen
$ lsb_release -a
No LSB modules are available.
Distributor ID: Debian
Description:    Debian GNU/Linux 9.6 (stretch)
Release:        9.6
Codename:       stretch
$

Alternativen dazu sind bspw. linuxinfo, inxi und sosreport aus den gleichnamigen Paketen. Mögen Sie es bunt, ist neofetch [Debian-Paket-neofetch] vielleicht das richtige Werkzeug für Sie.

konzepte/software-in-paketen-organisieren/neofetch.png
Abbildung 9. neofetch im Einsatz auf Debian 11 Bullseye

2.10.1. Bedeutung der verschiedenen Entwicklungsstände

Jedes aktuelle Debian-Paket gehört zu mindestens einem der nachfolgend beschriebenen Entwicklungsstände:

unstable

Hier findet die aktive Entwicklung von Debian statt. Neue Pakete und Versionen landen fast immer zuerst hier. Dieser Entwicklungszustand kann inkonsistent sein und beispielsweise unerfüllte Abhängigkeiten beinhalten. Er ist primär für Entwickler gedacht.

testing

Pakete, die in unstable für eine gewisse Zeit keine schwerwiegenden Fehler aufweisen und deren Abhängigkeiten bereits ebenfalls in testing erfüllt werden können, wandern automatisch von unstable hierher. Dieser Entwicklungsstand sollte konsistent sein und alle Paketabhängigkeiten erfüllt sein.

stable

Das ist die jeweils aktuelle stabile Veröffentlichung. Dieser Entwicklungsstand ist für die normale Nutzung von Debian empfohlen. Eine neue stabile Veröffentlichung wird ca. alle zwei Jahre auf Basis von testing erstellt. Pakete werden nur aktualisiert, um sicherheitskritische oder sonstige schwerwiegende Fehler zu beheben. Dabei werden (mit sehr wenigen Ausnahmen) ausschließlich die entsprechenden Fehler durch Patches behoben, anstatt neuere Versionen der Programme auszuliefern.

oldstable

Das ist die jeweils vorherige stabile Veröffentlichung. Bevor eine neue stabile Veröffentlichung freigegeben wird, erfolgt eine Umbenennung der aktuellen stabilen Veröffentlichung in oldstable. Diese wird von da an im Normalfall noch für ein Jahr weiter gepflegt und mit Sicherheitsaktualisierungen versehen.

oldoldstable

Wenn vorhanden, ist dies die jeweils vorvorherige stabile Veröffentlichung. Zum ersten Mal trat dieser Entwicklungsstand auf, als im Frühjahr 2015 Debian 8 Jessie zur stabilen Veröffentlichung erklärt wurde. Gleichzeitig wurde Debian 6 Squeeze zur neuen Suite oldoldstable und wurde seitdem per Long Term Support (LTS) weiterhin noch für 5 Jahre eingeschränkt unterstützt.

experimental

Dies ist der einzige Entwicklungsstand, der keine alleinstehende Veröffentlichung ist, sondern nur ein Zusatz-Repository. Es fungiert als Erweiterung zu unstable und beinhaltet Pakete, bei denen der Paketbetreuer davon ausgeht, dass sie noch und ggf. sogar grobe Fehler beinhalten. experimental wird genutzt, um Pakete im größeren Umfeld zu testen, bevor diese nach unstable hochgeladen werden.

Darüberhinaus existiert der Paketbereich backports. Das beinhaltet Rückportierungen neuerer oder aktualisierter Pakete aus dem Entwicklungszweig testing nach stable, teilweise auch aus unstable. Das ist spannend, aber auch mit gewissen Risiken verbunden. Im Detail gehen wir darauf unter „Debian Backports“ in [debian-backports] ein.

2.10.2. Alias-Namen

Jede Veröffentlichung von Debian GNU/Linux hat einen Alias-Namen, der nach einer Figur aus Pixars Filmreihe Toy Story benannt ist. Bruce Perens — der Projektleiter für die Version 1.x — arbeitete zu dieser Zeit bei Pixar [Pixar] und legte das bis heute genutzte Namenschema fest. Für die bisherigen Veröffentlichungen von Debian standen die folgenden Figuren aus der Filmserie Pate:

  • Debian 1.0 wurde nie offiziell veröffentlicht, da ein CD-Verteiler bedauerlicherweise eine Entwicklungsversion als Version 1.0 bezeichnet hatte [Debian-Project-History]. Daher entschlossen sich Debian und der CD-Verteiler zur gemeinsamen Bekanntmachung, dass die beigefügte Version fehlerhaft war ("this release was screwed") und das Projekt veröffentlichte die Version 1.1 ein halbes Jahr später.

  • Debian 1.1 Buzz (17. Juni 1996; benannt nach Buzz Lightyear, dem Astronauten)

  • Debian 1.2 Rex (12. Dezember 1996; benannt nach dem Plastikdinosaurier)

  • Debian 1.3 Bo (5. Juni 1997; benannt nach Bo Peep, der Schäferin)

  • Debian 2.0 Hamm (24. Juli 1998; benannt nach dem Sparschwein)

  • Debian 2.1 Slink (9. März 1999; benannt nach dem Hund Slinky Dog)

  • Debian 2.2 Potato (15. August 2000; benannt nach der Puppe Mr. Potato Head)

  • Debian 3.0 Woody (19. Juli 2002; benannt nach dem Cowboy Woody Pride, der Hauptfigur der Filme)

  • Debian 3.1 Sarge (6. Juni 2005; benannt nach dem Feldwebel der grünen Plastiksoldaten)

  • Debian 4.0 Etch (8. April 2007; benannt nach der Zeichentafel Etch-A-Sketch)

  • Debian 5.0 Lenny (14. Februar 2009; benannt nach dem aufziehbaren Fernglas)

  • Debian 6.0 Squeeze (6. Februar 2011; benannt nach den grünen dreiäugigen Aliens)

  • Debian 7 Wheezy (4. Mai 2013; benannt nach Wheezy the Penguin, dem Gummi-Spielzeugpinguin mit der roten Fliege)

  • Debian 8 Jessie (25. April 2015; benannt nach der jodelnden Kuhhirtinnen-Puppe Jessica Jane „Jessie“ Pride)

  • Debian 9 Stretch (17. Juni 2017; benannt nach dem lila Kraken)

  • Debian 10 Buster (6. Juli 2019; benannt nach dem Welpen aus Toy Story 2)

  • Debian 11 Bullseye (14. August 2021; benannt nach dem Pferd von Woody Pride)

  • Debian 12 Bookworm (Sommer 2023; benannt nach dem intelligenten Bücherwurm, einem Spielzeug mit eingebauter Leuchte aus Toy Story 3)

Es stehen bereits ebenfalls die Namen von zwei zukünftigen Veröffentlichungen fest:

  • Debian 13 Trixie — benannt nach dem blauen Dinosaurier

  • Debian 14 Forky — benannt nach dem aus Müll zusammengebauten Hauptcharakter aus Toy Story 4.

Mehr Details zu den einzelnen Veröffentlichungen finden sich in der Debian-Geschichte [Debian-History]. Die Figuren aus den verschiedenen Toy Story-Filmen und insbesondere deren Charakterzüge sind ausführlich im Disney Wiki [ToyStory] dokumentiert (siehe [fig.toystory]).

konzepte/software-in-paketen-organisieren/toystory.png
Abbildung 10. Beschreibung der Filmserie Toy Story im Disney Wiki

Auch bei der Bezeichnung der Aktualisierungen zur stabilen Veröffentlichung ergeben sich über die Jahre hinweg kleine Unterschiede. Anfangs erfolgte die Kennzeichnung durch Anhängen des Buchstabens r und der Nummer der Aktualisierung, z.B. 4.0r8 für die 8. Aktualisierung von Debian 4.0 Etch. Seit Debian 5.0 Lenny wird stattdessen ein Punkt verwendet, so z.B. 5.0.3 für die dritte Aktualisierung.

Seit Debian 4.0 Etch bekamen stabile Veröffentlichungen immer eine neue Nummer an erster Stelle. Seit Debian 7 Wheezy ist die Null an zweiter Stelle verschwunden. Stattdessen wird die Nummer der Aktualisierung genutzt, so z.B. 7.3 für die dritte Aktualisierung von Debian 7 Wheezy.

2.10.3. Zusammenhang von Alias-Namen und Entwicklungsständen

Neben den o.g. Entwicklungsständen haben alle Veröffentlichungen auch noch Alias-Namen, die eine Veröffentlichung stets unverändert beibehält. Jede neue Veröffentlichung startet nach einer stabilen Veröffentlichung als testing, wird dann bei der nächsten stabilen Veröffentlichung zu stable, bei der übernächsten zum oldstable und danach zu oldoldstable.

Ist eine Veröffentlichung — sei es als oldstable oder als oldoldstable — am Ende ihrer Unterstützung angelangt, wird sie in das Debian-Archiv [Debian-Archive] übertragen. Dieses Archiv beinhaltet alle nicht mehr unterstützten Veröffentlichungen.

Eine weitere Ausnahme bildet die Veröffentlichung zu unstable. Sie besitzt stets den gleichen Alias-Namen Sid. In der Filmreihe Toy Story ist das passenderweise der Name des bösen Nachbarkinds, welches immer alle Spielzeuge kaputt macht. Sid ist auch gleichzeitig ein Akronym für still in development – zu deutsch „noch in Entwicklung“ –, was den Status der Veröffentlichung der zukünftigen Distribution sehr treffend umschreibt.

Experimental trägt – analog zu unstable – immer den Alias-Namen rc-buggy, was im Debian-Jargon eine Kurzform für „contains release-critcal bugs“ darstellt. Das lässt sich sinngemäß als „in dieser Form ungeeignet zur Aufnahme in eine Veröffentlichung“ übersetzen.

2.10.4. Pakete auf Wanderschaft von einem Entwicklungsstand in den nächsten

Sieht man von Uploads nach experimental ab, fängt das Leben einer neuen Version eines Debianpakets mit dem Hochladen nach unstable an. Das Paket wird automatisch in testing übernommen, sobald einige Bedingungen erfüllt sind:

  • Die Version des Pakets in unstable führt keine neuen veröffentlichungskritischen Fehler in testing ein.

  • Alle notwendigen Abhängigkeiten des Pakets sind in testing verfügbar oder werden gleichzeitig nach testing migriert.

  • Es darf keine Abhängigkeiten von Paketen zerstören, die bereits in testing enthalten sind und damit deren Installation verhindern.

  • Das Paket hat ein Mindestalter an Tagen erreicht. Dieses Mindestalter hängt vom Wert des Felds urgency (engl. für Dringlichkeit) im aktuellen Changelog-Eintrag ab und beträgt entweder 10, 5 oder 2 Tage. Die Dringlichkeit wird dabei vom Paketmaintainer entschieden. Bei Korrekturen von sicherheitsrelevanten Fehlern ist es durchaus üblich, dass die Dringlichkeit auf „hoch“ gesetzt wird und damit nur 2 Tage beträgt.

  • Das Paket muss auf allen Architekturen, auf denen es gebaut wird, in der aktuellsten Version verfügbar sein.

  • Das Paket muss auf allen Architekturen bereitstehen, auf denen es vorher bereits gebaut wurde. Für Ausnahmen muss zuerst das alte Paket aus dem Archiv manuell entfernt werden.

Das Debian-Release-Team kann allerdings diese Bedingungen individuell übersteuern und kürzere oder längere Fristen für den Übergang in die testing-Veröffentlichung setzen.

Zu einem bestimmten Zeitpunkt im Entwicklungszyklus einer neuen stabilen Veröffentlichung friert das Release-Team die testing-Veröffentlichung ein – auch genannt Freeze (engl. für Einfrieren). Ab diesem Moment wandern keine Pakete mehr automatisch von unstable nach testing und das Debian-Release-Team muss jeden einzelnen, weiteren Übergang eines Pakets explizit abnicken. Je länger der Freeze andauert, desto schärfer werden die Bedingungen, unter denen das Debian-Release-Team einen Übergang nach testing akzeptiert. Im Normalfall werden nur noch Paketversionen akzeptiert, die ausschließlich Fehler korrigieren und keine neuen Features einführen. Daher wird für diesen Zustand auch der Begriff Feature Freeze verwendet.

Auf diese Weise wird versucht, sämtliche veröffentlichungskritischen Fehler in der testing-Veröffentlichung zu beheben. Sobald es dort keinen dieser Fehler mehr gibt, geschehen die folgenden Dinge:

  • Die bisherige Veröffentlichung stable wird zu oldstable. Sie behält dabei ihren Alias-Namen bei.

  • Eine Kopie des aktuellen Zweigs testing wird zum neuen Zweig stable. Der Alias-Name zieht mit um.

  • testing bekommt einen neuen Alias-Namen.

  • Der Freeze wird aufgehoben und die Pakete propagieren wieder automatisch von unstable nach testing.

2.10.5. Organisation der Pakete im Paketpool

Wenn eine Paketversion von unstable nach testing wandert oder aus testing das neue stable wird, werden allerdings nicht wirklich Pakete kopiert. Stattdessen werden vielmehr nur die Metadaten des betreffenden Pakets von einer Paketliste in eine andere umgetragen. Das Paket selbst liegt immer noch an gleicher Stelle und nur einmal im sogenannten Paketpool.

So kann es vorkommen, dass ein Paket, welches nur selten aktualisiert wird, in allen aktuellen Veröffentlichungen in der gleichen Version vorkommt und dafür auch nur einmal auf jedem Spiegel des Debian-APT-Archivs liegt. Welches Paket dann aus den verschiedenen Entwicklungsständen bei einer Installation ausgewählt wird, erfahren Sie unter „Aus welchem Repo kommen die Pakete“ (siehe [aus-welchem-repo-kommen-die-pakete]) genauer.

2.10.6. Sicherheitsaktualisierungen

Für unterstützte Veröffentlichungen, d.h. die aktuelle stabile Veröffentlichung ("stable release"), sowie mindestens ein Jahr nach einer Veröffentlichung für die vorherige stabile Veröffentlichung bietet Debian Sicherheitsaktualisierungen durch das Debian Security Teams [Debian-Security] an.

2.10.7. Long Term Support (LTS)

Im Frühjahr 2014 wurden zusätzlich sogenannte Long Term Support-Varianten [Debian-LTS] — auf Deutsch "Langzeitunterstützung" und kurz LTS — eingeführt. Diese verlängern den Zeitraum der weiteren Verfügbarkeit und Pflege einer Veröffentlichung von den typischerweise drei Jahren auf bis zu fünf Jahre.

In Folge wurde die im Jahr 2011 freigegebene und 2013 durch Debian 7 Wheezy abgelöste Veröffentlichung von Debian 6 Squeeze bis 2016 mit Aktualisierungen versorgt. Seither wurde jede weitere stabile Veröffentlichung nach ihrem offiziellen Lebensende ebenfalls als LTS mit Einschränkungen — z.B. nur noch die beliebtesten Architekturen — weitergeführt. Anfangs waren dies nur die beiden x86-basierten Architekturen i386 und amd64, momentan beinhaltet das zusätzlich auch noch alle drei ARM-basierten Architekturen (armel, armhf und arm64).

Debian LTS wird nicht wie die normalen Sicherheitsaktualisierungen vom Debian-Security-Team gehandhabt, sondern von einer Gruppe Freiwilliger wie auch Firmen, die daran interessiert sind, daß Debian LTS ein Erfolg wird — oft auch aus Eigenbedarf heraus. Dementsprechend übernimmt das Debian-LTS-Team das Bereitsstellen von Sicherheitsaktualisierungen vom Debian-Security-Team am Ende der normalen Unterstützungsdauer der Veröffentlichung.

Zur Nutzung von Debian LTS nach Ablauf des normalen Unterstützungszeitraumes muß an der Konfiguration des Systems nichts geändert werden. (Historisch galt diese Regel nicht für die allererste Debian Veröffentlichung mit LTS, Debian 6 Squeeze, welche eine Art Machbarkeitstest war. Aber da deren Langzeitunterstützung bereits abgelaufen ist, ist das heute von keiner Relevanz mehr.)

2.10.8. Extended Long Term Support (ELTS)

Da manchen Anwendern — vor allem aus dem professionellen Umfeld — auch die LTS-Varianten nicht lange genug Unterstützung anboten, gibt seit 2018 eine weitere Stufe der Verlängerung. Seit dem Auslaufen von LTS für Debian 7 Wheezy besteht das Projekt "Extended LTS", auf deutsch "Erweiterte Langzeitunterstützung" und kurz "ELTS", die die Unterstützung von Debian-Veröffentlichungen um weitere zwei Jahre auf ca. sieben Jahre verlängert. Im Gegensatz zu Debian LTS, welches immer noch ein Projekt unter dem Dach von Debian ist, ist Extended LTS ein kommerzielles Angebot, dessen Aktualisierungen jedoch trotzdem jeder nutzen kann.

Für welche Pakete es Aktualisierungen gibt, hängt jedoch davon ab, ob ein Paket jemandem wichtig genug ist, um sich am Arbeitsaufwand für dessen Sicherheitsaktualisierungen zu beteiligen. Interessieren sich mehrere Personen oder Organisationen für die Sicherheitsaktualisierungen desselben Paketes, so werden die Kosten entsprechend aufgeteilt. Die Koordination erfolgt über die französische Firma Freexian [Freexian].

Desweiteren gibt es im Vergleich zu LTS weitere Einschränkungen:

  • Es werden nur Pakete unterstützt, für die sich Sponsoren finden. Die aktuelle Liste unterstützter Pakete findet sich unter [Debian-ELTS-Packages].

  • Es werden ggf. noch weniger Architekturen unterstützt. Im Falle von Debian 8 Jessie sind dies nur noch i386, amd64 und armel.

  • Der Linux-Kernel wird ggf. nicht unterstützt. Es wird jedoch ein Backport des Kernels von der darauffolgenden stabilen Debian-Veröffentlichung (die dann typischerweise zu diesem Zeitpunkt bereits unter Debian LTS gepflegt wird) angeboten. Im Falle von Debian 8 Jessie ist dies der Linux-Kernel 4.9 aus Debian 9 Stretch.

  • Für bestimmte Pakete können keine Sicherheitsaktualisierungen angeboten werden, selbst wenn sich ein Sponsor finden würde, weil von den Entwicklern der Software der Unterstützungszeitraum abgelaufen ist. So z.B. für MariaDB 10.0. Für andere Pakete wird die Unterstützung vor Ende der erweiterten Langzeitunterstützung enden, so z.B. Tomcat 7 und OpenJDK 7.

Die aktuellen Details zu den Einschränkungen als auch wie man Sponsor von Debian ELTS werden kann, ist auf der ELTS-Webseite von Freexian [Freexian-ELTS] erklärt.

Um die von der erweiterten Langzeitunterstützung bereitgestellten Paketaktualisierungen nutzen zu können, müssen Sie im Gegensatz zu Debian LTS zwei Dinge tun — 1.) ein weiteres APT-Repository zu Ihrer /etc/apt/sources.list (oder einer Datei im Verzeichnis /etc/apt/sources.list.d/) hinzufügen, und 2.) den PGP-Schlüssel des Extended-LTS-Projektes importieren. Wie das erfolgt, ist im 'Debian ELTS-HowTo [Debian-ELTS-HowTo] beschrieben. Im Folgenden dazu eine kurze Zusammenfassung:

Der erste Schritt ist das Herunterladen des aktuellen Schlüsselrings des Projektes als .deb-Paket von https://deb.freexian.com/extended-lts/pool/main/f/freexian-archive-keyring/ . Das Vertrauen liegt hierbei nur auf dem HTTPS-Zertifikat des Webservers.

Danach wird das heruntergeladene Paket mit Administrator-Rechten (d.h. als root oder z.B. mittels sudo) über den Aufruf dpkg -i freexian-archive-keyring*.deb installiert. Nun wird das APT-Repository durch das Hinzufügen der folgenden Zeile aktiviert:

sources.list-Eintrag für Extended LTS
# Generisch (passende Veröffentlichung und Archiv-Bereiche anpassen)
deb http://deb.freexian.com/extended-lts veröffentlichung-lts sektionen

# Beispiel für Debian 8 Jessie mit allen Archiv-Bereichen
deb http://deb.freexian.com/extended-lts jessie-lts main contrib non-free

# Beispiel für Debian 9 Stretch mit allen Archiv-Bereichen
deb http://deb.freexian.com/extended-lts stretch-lts main contrib non-free

Abschließend ist noch apt update oder ein Äquivalent aufzurufen, um die ELTS-Paketlisten herunterzuladen. Sind bereits Aktualisierungen verfügbar, so kann man diese direkt auch mit apt upgrade oder ggf. apt full-upgrade einspielen.

2.11. Benennung einer Paketdatei

Während der Benutzung von dpkg, APT oder aptitude sind Sie sicher schon mit den etwas langen und auf den ersten Blick kurios anmutenden Dateinamen der einzelnen Pakete in Berührung gekommen. Die Benennung einer Paketdatei folgt einem ausgeklügelten Schema [Krafft-Debian-System144]. Dieses Schema ist eine Konvention, die leider bei Paketen aus Drittquellen oft nicht eingehalten wird.

Der Dateinamen besteht aus den drei Feldern Paketname, Version und Architektur, welche durch einen Unterstrich _ voneinander abgegrenzt werden, plus einem Punkt und der Dateiendung .deb. Gemäß den Debian-Richtlinien [Debian-Policy-Manual] sind in o.g. Feldern nur ASCII-Zeichen zulässig. Unterstriche, Leerzeichen und Umlaute sind nicht gestattet. Das hilft dabei, Missverständnissen vorzubeugen und die Paketenamen mit allen Zeichensätzen anzeigen zu können.

2.11.1. Paketname

Feld 1 bezeichnet den Namen des Pakets, welches durch die Paketdatei bereitgestellt wird. Die Paketdatei iceweasel_3.5.16-12_i386.deb ist ein Binärpaket (Dateiendung .deb) und beinhaltet den Webbrowser Iceweasel in der Version 3.5.16 für die Architektur i386.

Darüberhinaus existieren bei der Benennung eine Reihe von Gepflogenheiten in Form von Präfixen und Suffixen. Diese stellen kein „muss“ dar, vereinfachen aber die Handhabung insgesamt sowie die Paketklassifikation und die spätere Recherche nach Paketen.

Beginnt der Paketname mit der Zeichenkette lib, handelt es sich meist um eine Bibliothek, auf englisch library. Als Beispiel seien hier die beiden XML-Bibliotheken libxml2-utils und libxml2 genannt. Aus dem Schema fallen allerdings die Komponenten zu LibreOffice wie libreoffice-writer (Textverarbeitung Writer) und libreoffice-calc (Tabellenkalkulation Calc) heraus.

Endet der Paketname mit dem Suffix -dev wie bspw. in libxslt1-dev, beinhaltet das Paket Kopfdateien (engl. header files), die nur notwendig sind, wenn Sie Programme unter Nutzung der dazugehörigen Bibliothek entwickeln. dev ist die gebräuchliche englische Abkürzung für development. Im Paket libxslt1-dev befinden sich beispielsweise die Kopfdateien zur XSLT-1-Bibliothek.

Das Suffix -doc weist auf Dokumentation hin, welches häufig noch von einer Abkürzung für die jeweilige Sprache gefolgt wird. Der Paketname aptitude-doc-es beinhaltet bspw. die spanische Übersetzung der Dokumentation zu aptitude.

Die Suffixe -common und -data deuten an, dass das Paket Dateien beinhaltet, die von mehreren Teilen eines Programms gemeinsam genutzt werden. Als Beispiel sei hier wireshark-common genannt, welches sowohl die Daten für die graphische Variante des Netzwerktools wireshark, als auch für die textbasierte Version tshark beinhaltet.

2.11.2. Versionsnummer

Feld 2 spiegelt eine Reihe unterschiedlicher Informationen und Zustände wieder, aus dem Sie den Versionsstand und -verlauf eines Pakets erkennen. Die Versionsangabe kann sowohl numerische Zeichen (Ziffern), als auch nichtnumerische Zeichen wie Punkte, Tilden und Buchstaben beinhalten.

Handelt es sich um ein nicht-natives Debian-Paket, besteht die Versionsnummer aus der Upstream-Version und der Debian-Revision. Bei dem Paket smartpm_1.4-2_all.deb für smartpm (siehe [gui-smartpm]) ist die Angabe 1.4 die Upstream-Version und die darauffolgende mit einem Minus - abgetrennte 2 steht für die zweite Debian-Revision. Hier liegt also das zweite Debianpaket vor, welches auf der Upstream-Version 1.4 basiert. Beinhaltet die Versionsnummer mehrere Bindestriche, ist immer der letzte Bindestrich der Trenner zwischen der Upstream-Version und der Debian-Revisionsnummer.

Handelt es sich hingegen um ein natives Debian-Paket, d.h. eine Software, die ausschließlich als Debian-Paket vertrieben wird, gibt es keine Debian-Revisionsnummer und die Versionsnummer des Pakets ist identisch mit der Versionsnummer der Software. Für das Paket dpkg_1.17.25_i386.deb zu dpkg ist das 1.17.25.

Ändert sich bei der Aktualisierung (Upstream) die Versionsangabe so grundlegend, dass die neuere Version eine kleinere Versionsnummer hat als die vorherige Version, so muss der Paketversion die Angabe einer mit einem Doppelpunkt abgetrennten Epoche hinzugefügt werden. Ist bspw. die vorhergehende Versionsnummer 2013.06.06-4 (Upstream-Version 2013.06.06 Revision 4), entspricht das der Epoche 0 und ist identisch zu 0:2013.06.06-4. Die Folgeversion wird dann 1:1.0-1, d.h. Epoche 1, Upstream-Version 1.0 und Revision 1.

Um eine spätere alphanumerisch korrekte Sortierung anhand des Releasestatus zu ermöglichen, sind eine bzw. mehrere aufeinanderfolgende Tilden ~ zulässig. Damit wird bspw. die Version 1.0~beta1 vor der Version 1.0 einsortiert. Diese Schreibweise kam zuerst bei Debian auf, wurde mittlerweile aber auch von anderen Open-Source-Projekten übernommen.

Zudem sind eine Reihe von Suffixen gebräuchlich. Diese gelten zwar nur als Konvention, werden aber auch an einigen Stellen erwartet.

+nmu<n>

Non-Maintainer-Upload (NMU) eines nativen Pakets. Das bezeichnet eine Paketversion, die nicht vom Verantwortlichen (Maintainer) des Pakets stammt. Bspw. bezeichnet die Datei adduser_3.113+nmu3_all.deb das Paket adduser als dritten Non-Maintainer-Upload basierend auf der Version 3.113 des Maintainers.

-<x>.<y>

Debian-Revisionsnummer eines Non-Maintainer-Upload (NMU) eines nicht-nativen Pakets. Dabei bezeichnet <x> die letzte Revision des Maintainers (oder 0, falls es keine solche gab) und <y> die Nummer des NMU basierend auf dieser Revision des Maintainers. So ist z.B. die Datei bash_4.2+dfsg-0.1_i386.deb das Debianpaket bash als Non-Maintainer-Upload einer neuen Upstreamversion basierend auf der Veröffentlichung 4.2. Hingegen bezeichnet die Angabe 4.2-2.1 den ersten Non-Maintainer-Upload, welcher auf der Basis der Maintainer-Version 4.2-2 erstellt wurde.

+b<n>

Kennzeichnung eines Binären Non-Maintainer-Uploads (BinNMU). Das bezeichnet eine Übersetzung des Pakets ohne vorherige Änderung des Quellcodes. Das tritt bspw. dann auf, wenn sich die Abhängigkeiten zum Bauen des Pakets geändert haben (sogenannte build-dependencies). Die Angabe 123-4+b2 steht dabei für den zweiten Erstellungsdurchlauf des Pakets aus den Quellen der Version 123-4. Ubuntu verwendet dafür stattdessen die Syntax 123-4build2.

~bpo<x>+<y>

Backports (siehe [debian-backports]) bezeichnen eine Rückportierung einer neueren Version auf die aktuelle Veröffentlichung. Dabei steht das Kürzel bpo für backports.org, dem Namen des Backports-Projektes, bevor es in Debian integriert wurde. Die Angabe 123-3~bpo8+2 steht bspw. für eine Rückportierung der Upstream-Version 123-3 auf Debian 8 Jessie. Die Ziffer 2 deklariert das Paket die zweite Backports-Revision des Paket.

+deb<x>u<y>

stabiles Update. Die Angabe 121-3+deb7u2 steht für das zweite stabile Update des Pakets mit der Version 121-3 in Debian 7 Wheezy (<x>=7 und <y>=2).

ubuntu<n>

ein Debianpaket, welches für Ubuntu angepasst wurde. <n> bezeichnet die Ubuntu-Revisionsnummer, so bspw. 121-3ubuntu4 für die vierte Ubuntu-Revision des Debian-Pakets mit der Versionsnummer 121-3.

2.11.3. Architektur oder Plattform

Feld 3 in der Versionsangabe gibt an, für welche Architektur das vorliegende Paket übersetzt wurde. Die Benennung entspricht den Bezeichnungen, wie sie unter Debian-Architekturen in [debian-architekturen] aufgelistet sind. Die Angabe asterisk_1.8.13.1~dfsg-3+deb7u1_armhf.deb beschreibt die Paketierung der Telefoniesoftware Asterisk für die ARM-Plattform mit Hardware-Floating-Point-Unterstützung. Im Gegensatz dazu ist das Paket asciidoc_8.5.2-1_all.deb plattformunabhängig einsetzbar.

2.12. Multiarch einsetzen

dpkg führt eine Liste mit allen Architekturen, für die es Pakete installiert bzw. installieren darf. Diese Liste befindet sich in der Datei /var/lib/dpkg/arch und existiert allerdings nur, sofern Sie zuvor auch Fremdarchitekturen ergänzt haben. Das nachfolgende Beispiel stammt von einem System mit amd64 als Basisarchitektur und i386 als Fremdarchitektur.

Inhalt der Liste der Architekturen
$ cat /var/lib/dpkg/arch
amd64
i386
$

Die erste Architektur in dieser Datei ist die Basisarchitektur. Diese geben Sie mit der dpkg-Option --print-architecture aus. Früher bzw. bei älteren dpkg-Versionen heißt die Option --print-installation-architecture. Die Fremdarchitekturen zeigen Sie mit dpkg --print-foreign-architectures an.

Über die beiden dpkg-Optionen --add-architecture und --remove-architecture erweitern bzw. reduzieren Sie die Liste entsprechend. Beim Aufruf geben Sie dazu jeweils noch die gewünschte Architektur als Parameter an, bspw. dpkg --add-architecture i386, wenn Sie zusätzlich die Architektur für 32-Bit-PCs nutzen wollen, weil es die von Ihnen gewünschte Software nur für 32-Bit-Systeme gibt.

Während des Vorgangs schreibt dpkg diese Änderung zuerst in eine temporäre Datei namens /var/lib/dpkg/arch-new. Wurden alle anderen Änderungen erfolgreich vorgenommen, benennt dpkg diese Datei in /var/lib/dpkg/arch um.

Anmerkung
Installation von Paketen für fremde Architekturen

Bitte berücksichtigen Sie bei Ihrer Softwareplanung, dass nicht jedes Paket für alle Plattformen verfügbar ist. Wenn es verfügbar ist und Sie es erfolgreich auf Ihrem System installieren konnten, heißt das nicht automatisch, dass es auch auf Ihrer Architektur funktioniert, sondern nur, dass die Paketverwaltung alle benannten Paketabhängigkeiten erfüllen konnte.

Anmerkung
Löschen einer Fremdarchitektur

Das Entfernen einer Fremdarchitektur gelingt Ihnen nur dann, wenn keine Pakete (mehr) für diese Architektur auf Ihrem System installiert sind. Wie Sie Pakete architekturbezogen deinstallieren, lesen Sie in [pakete-deinstallieren] nach.

2.12.1. Multiarch-Beispiel: Installieren eines 32-Bit-Pakets auf einem 64-Bit-System

Ein vollständiges Beispiel für den Einsatz von multiarch ist die Nutzung des Forth-Interpreters pforth auf einem 64-bittigen Debian (Architektur amd64). pforth ist über das gleichnamige Paket bislang nur nativ für 32-Bit-Betriebssysteme verfügbar. Gleiches betrifft das recht weit verbreitete, aber nicht-quelloffene Kommunikationsprogramm Skype [Skype]. Eine passende Schritt-für-Schritt-Anleitung finden Sie im Debian Wiki [Debian-Wiki-Skype].

Im Folgenden zeigen wir Ihnen anhand des vorgenannten Pakets pforth, wie eine solche Installation abläuft und insbesondere, welche Einzelschritte wir dabei für beachtenswert halten. Zunächst überprüfen Sie mittels dpkg und dessen Option --print-architecture die derzeit benutzte Architektur Ihres Systems – im hier betrachteten Fall ist es amd64. Danach ergänzen Sie die Liste der Architekturen via dpkg --add-architecture i386 um i386 als weitere Plattform, für die Ihr System Pakete akzeptiert. Ob der Vorgang erfolgreich war, zeigt Ihnen der Parameter --print-foreign-architectures von dpkg an. Damit erhalten Sie eine Übersicht zu allen „Fremdarchitekturen“, die ihr Debiansystem derzeit akzeptiert.

Hinzufügen einer weiteren genutzten Paketarchitektur mittels dpkg
# dpkg --print-architecture
amd64
# dpkg --add-architecture i386
# dpkg --print-foreign-architectures
i386
#

Nun aktualisieren Sie die lokale Liste der verfügbaren Pakete mittels apt-get update, wobei APT nun auch die Informationen zu den Paketen der neu hinzugefügten Architektur herunterlädt.

Aktualisieren der Paketlisten
# apt-get update
Ign http://ftp.ch.debian.org jessie InRelease
Hit http://ftp.ch.debian.org jessie Release.gpg
Hit http://ftp.ch.debian.org jessie Release
Hit http://ftp.ch.debian.org jessie/main amd64 Packages
Get:1 http://ftp.ch.debian.org jessie/main i386 Packages [6769 kB]
Hit http://ftp.ch.debian.org jessie/main Translation-en
Fetched 6769 kB in 6s (1005 kB/s)
Reading package lists... Done

Als nächsten Schritt prüfen Sie mit dem Aufruf apt-cache policy, für welche akzeptierte Architektur das von Ihnen gewünschte Paket bereitsteht. Die Details zum Aufruf von apt-cache finden Sie unter „Aus welchem Repo kommen die Pakete“ in [aus-welchem-repo-kommen-die-pakete].

Prüfung auf Verfügbarkeit für eine Architektur mittels apt-cache
# apt-cache policy pforth
pforth:i386:
  Installed: (none)
  Candidate: 21-12
  Version table:
     21-12 0
        990 http://ftp.ch.debian.org/debian/ jessie/main i386 Packages
#

Sie ersehen aus der obigen Ausgabe, dass das Paket bislang noch nicht auf Ihrem System installiert ist. Es steht für die Architektur i386 und die Veröffentlichung Debian 8 Jessie bereit. Nun können Sie das Paket pforth installieren. Das zieht u.a. das essentielle Paket libc6 für die Architektur i386 nach sich, um die Abhängigkeiten zum Paket pforth zu erfüllen.

Installation des i386-Pakets pforth auf amd64-Debian
# apt-get install pforth
Reading package lists... Done
Building dependency tree
Reading state information... Done
The following extra packages will be installed:
  gcc-4.9-base:i386 libc6:i386 libgcc1:i386
Suggested packages:
  glibc-doc:i386
Recommended packages:
  libc6-i686:i386
The following NEW packages will be installed:
  gcc-4.9-base:i386 libc6:i386 libgcc1:i386 pforth:i386
0 upgraded, 4 newly installed, 0 to remove and 27 not upgraded.
Need to get 4,252 kB of archives.
After this operation, 9,727 kB of additional disk space will be used.
Do you want to continue? [Y/n] y
Get:1 http://ftp.ch.debian.org/debian/ jessie/main gcc-4.9-base i386 4.9.1-15 [158 kB]
Get:2 http://ftp.ch.debian.org/debian/ jessie/main libc6 i386 2.19-11 [3,977 kB]
Get:3 http://ftp.ch.debian.org/debian/ jessie/main libgcc1 i386 1:4.9.1-15 [48.2 kB]
Get:4 http://ftp.ch.debian.org/debian/ jessie/main pforth i386 21-12 [69.1 kB]
Fetched 4,252 kB in 0s (20.5 MB/s)
Preconfiguring packages ...
Selecting previously unselected package gcc-4.9-base:i386.
(Reading database ... 474485 files and directories currently installed.)
Preparing to unpack .../gcc-4.9-base_4.9.1-15_i386.deb ...
Unpacking gcc-4.9-base:i386 (4.9.1-15) ...
Selecting previously unselected package libc6:i386.
Preparing to unpack .../libc6_2.19-11_i386.deb ...
Unpacking libc6:i386 (2.19-11) ...
Replacing files in old package libc6-i386 (2.19-11) ...
Selecting previously unselected package libgcc1:i386.
Preparing to unpack .../libgcc1_1%3a4.9.1-15_i386.deb ...
Unpacking libgcc1:i386 (1:4.9.1-15) ...
Selecting previously unselected package pforth.
Preparing to unpack .../archives/pforth_21-12_i386.deb ...
Unpacking pforth (21-12) ...
Processing triggers for man-db (2.7.0-1) ...
Setting up gcc-4.9-base:i386 (4.9.1-15) ...
Setting up libc6:i386 (2.19-11) ...
Setting up libgcc1:i386 (1:4.9.1-15) ...
Setting up pforth (21-12) ...
Processing triggers for libc-bin (2.19-11) ...
#

In o.g. Fall wurde das Paket libc6 als Abhängigkeit auch für die Architektur i386 installiert. Sie erkennen das daran, dass neben dem Namen des Pakets auch die Architektur angegeben wird. Als Trennzeichen in der Ausgabe fungiert hier ein Doppelpunkt.

Abschließend überprüfen Sie mittels dpkg, für welche Architekturen die Pakete pforth und libc6 auf Ihrem System installiert sind.

Installationsstatus für das Paket libc6
# dpkg -l pforth libc6
Desired=Unknown/Install/Remove/Purge/Hold
| Status=Not/Inst/Conf-files/Unpacked/halF-conf/Half-inst/trig-aWait/Trig-pend
|/ Err?=(none)/Reinst-required (Status,Err: uppercase=bad)
||/ Name           Version      Architecture Description
+++-==============-============-============-=================================
ii  libc6:amd64    2.19-11      amd64        GNU C Library: Shared libraries
ii  libc6:i386     2.19-11      i386         GNU C Library: Shared libraries
ii  pforth         21-12        i386         portable Forth interpreter
#

Im letzten Schritt probieren Sie aus, ob das frisch installierte 32-Bit-Programm auch unter Ihrem 64-Bit-Betriebssystem funktioniert. Dazu rufen Sie das Programm auf.

Ausführung von pforth
$ pforth
PForth V21
pForth loading dictionary from file /usr/lib/pforth/pforth.dic
     File format version is 8
     Name space size = 120000
     Code space size = 300000
     Entry Point     = 0
     Little  Endian Dictionary
Begin AUTO.INIT ------
...
$

2.13. Paket-Priorität und essentielle Pakete

Jedes Paket beinhaltet ein Feld namens Priority – englisch für „Priorität“. Dabei geht es aber weniger um eine Rangfolge von Paketen, sondern um die Wichtigkeit eines Pakets bzw. um die Wahrscheinlichkeit, dass Sie dieses Paket installieren möchten.

Debian kennt die folgenden fünf Prioritätsstufen:

  • erforderlich (required)

  • wichtig (important)

  • standard (standard)

  • optional (optional)

  • extra (extra)

Die Begriffe in Klammern geben die Schlüsselworte wieder, die in der Paketbeschreibung genutzt werden. Jede dieser o.g. Stufen hat eine bestimmte Bedeutung.

Tipp
Auflistung der Pakete mit einer festgelegten Priorität

In [pakete-nach-prioritaeten-finden] lesen Sie, wie Sie mit aptitude Pakete mit einer spezifischen Priorität finden.

2.13.1. Prioritätsstufe „erforderlich“ (required)

Dieser Prioritätsstufe sind Pakete zugeordnet, die für die korrekte Funktion des Betriebssystem unbedingt erforderlich sind. Dazu gehören beispielsweise dpkg, coreutils für die GNU Core Utilities mit den Befehlen wie ls, rm, cp, mv, das Init-System (seit Debian 8 Jessie das Metapaket init) und die C-Standard-Bibliotheken (libc6 auf den meisten Architekturen).

Entfernen Sie eines oder mehrere Pakete mit dieser Prioritätsstufe, kann das Ihre Installation so stark beschädigen, dass selbst das Werkzeug dpkg nicht mehr funktioniert.

Systeme, die nur aus Paketen der Prioritätsstufe „erforderlich“ bestehen, sind zwar lauffähig, aber im Normalfall nahezu unbenutzbar, da z.B. Pakete wie APT, less oder ein Texteditor fehlen. Die letztgenannten sind zum Betrieb nicht zwingend erforderlich
[Hat z.B. ein System keine Netzwerkanbindung und wird deswegen nur sehr selten aktualisiert, ist APT nicht notwendig. Aktualisierungen können auch auf anderen Wegen, bspw. via USB-Stick oder SD-Karte mittels dpkg eingepflegt werden. Allerdings sind dann Abhängigkeiten ggf. manuell aufzulösen. Bei reinen Paketaktualisierungen ist dies nur sehr selten ein Problem, da die Abhängigkeiten im Normalfall auch schon von der vorherigen Paketversion gebraucht wurden.]
.

2.13.2. Prioritätsstufe „wichtig“ (important)

In diese Prioritätsstufe gehören alle Pakete, die auf jedem UNIX- bzw. Debian-System zu erwarten sind oder ohne die das System nur sehr schwierig zu warten wäre. Das schließt auch Server ohne Monitor mit ein.

Als Pakete gehören neben apt u.a. gnupg und debian-archive-keyring für den Debian-Archiv-Schlüsselring zum Überprüfen der Signaturen von Paketlisten (siehe [bezogenes-paket-verifizieren]) dazu, ebenso OpenSSL, ein DHCP-Client, zwei Texteditoren (eine abgespeckte Variante von Vim sowie Nano), Kommandozeilenwerkzeuge zur Prozessverwaltung (ps, kill, free, top, uptime aus dem Paket procps), ein Syslog-Daemon, ein Cron-Daemon, Man-Pages, Netzwerk-Programme wie ping, traceroute und iptables sowie das Netzwerkschnittstellenverwaltungssystem ifupdown.

Diese Prioritätsstufe beinhaltet weder große Applikationen noch graphische Programme. Insbesondere gehören weder GNU Emacs noch TeX noch das X Window System oder das xterm in diese Kategorie.

2.13.3. Prioritätsstufe „standard“ (standard)

Haben Sie alle Pakete dieser Prioritätsstufe installiert, verfügen Sie über ein nicht allzu großes, aber auch nicht zu unkomfortables System ohne graphische Bedienoberfläche. Ein solches System wird im Debian Installer ausgewählt, wenn Sie als Administrator bei der Installation nicht explizit etwas anderes festlegen. Es enthält nur wenige größere Anwendungen und Daemons.

Dazu gehören u.a. ein abgespeckter Exim als lokales Mail-Server-Programm, die E-Mail-Programme mutt und mailx, eine vollständige Perl-Installation (d.h. Perl mitsamt allen „Core“-Modulen
[Perl selbst und ein paar wenige Perl-Module sind im Paket perl-base welches „essentiell“ ist.]
), Python, Client-Anwendungen für SSH, FTP, Telnet, NFS und Whois, ein Text-Modus-Webbrowser (w3m) und der allgegenwärtige Textdateien-Betrachter less. Außerdem ist reportbug enthalten, ein Programm zum Melden von Fehlern in Debian (siehe dazu „Bugreports anzeigen“ in [bugreports-anzeigen]).

2.13.4. Prioritätsstufe „optional“ (optional)

Dies ist in gewisser Weise der Standardwert für die Priorisierung eines Pakets. Alle Pakete, die in keine der anderen Stufen gehören, werden dieser Prioritätsstufe zugeordnet. Sie enthält deswegen auch den Großteil aller Pakete in Debian. Optional bedeutet in diesem Kontext, dass diese Pakete nicht von jedermann benötigt werden.

2.13.5. Prioritätsstufe „extra“ (extra)

In dieser Prioritätsstufe sind einerseits Pakete, die im Konflikt mit Paketen aus den anderen Prioritätsstufen stehen. Dazu zählen z.B. alternative Mail-Transport-Agents wie Postfix, alternative Cron-Daemons wie Cronie oder alternative Syslog-Daemons wie Syslog-NG oder die Syslog-Implementation aus Busybox.

Andererseits enthält sie aber auch Pakete, die nur in ganz bestimmten Fällen gebraucht werden, z.B. Programme zur Nutzung exotischer Hardware oder nur in bestimmten Umfeldern vorkommenden Daten, Pakete mit Debug-Symbolen für andere Pakete, Übergangspakete, etc. Beispielsweise sind viele Pakete aus dem Bereich „Wissenschaft“ mit dieser Priorisierung versehen.

2.13.6. Markierung „essentiell“ (essential)

Zusätzlich zu den bereits oben vorgestellten Prioritäten gibt es noch die Markierung essential. Diese Markierung tragen nur sehr grundlegende Pakete.

Eintrag in der Paketbeschreibung
Essential: yes

Pakete mit dieser Markierung müssen nicht explizit als Abhängigkeit bei anderen Paketen deklariert werden. In der Regel sind alle Pakete der Prioritätsstufe „erforderlich“ in dieser Form markiert, von denen kein anderes Paket dieser Stufe abhängt. Somit wird auch bei der Entfernung eines nicht-essentiellen Pakets der Stufe „erforderlich“ gewarnt. Das passiert jedoch nicht, wenn bei einer Umbenennung eines solchen Pakets das alte Paket entfernt wird, um für das neue Paket Platz zu machen oder weil es nicht mehr gebraucht wird (d.h. irgendwann nicht mehr notwendig ist).

Unter „Pakete nach Prioritäten finden“ in [pakete-nach-prioritaeten-finden] lesen Sie, wie Sie auflisten, welche Pakete genau auf Ihrer Version von Debian als essentiell markiert sind.

Weiterhin hat die Markierung „essentiell“ den Effekt, dass sich beispielsweise auch dpkg weigert, solche Pakete zu entfernen. Mit dem zusätzlichen Parameter --force-remove-essential übergehen Sie diese Voreinstellung und können die Aktion trotzdem durchführen (siehe dazu „Paketoperationen erzwingen“ in [paketoperationen-erzwingen]).

apt-get und aptitude entfernen diese Pakete nur nach Eingabe des vollständigen Satzes „Ja, tue was ich sage!“ (apt-get) bzw. „Mir ist klar, dass das eine sehr schlechte Idee ist.“ (aptitude). Diese Sätze werden jeweils in der eingestellten Sprache Ihres Debiansystems angezeigt (Lokalisierung), sofern eine Übersetzung vorhanden ist. Nachfolgendes Beispiel zeigt die Bildschirmausgabe vor der Entfernung des Pakets init [Debian-Paket-init].

Eingabeaufforderung von apt-get vor der Entfernung des essentiellen Pakets init
# apt-get remove init
Paketlisten werden gelesen... Fertig
Abhängigkeitsbaum wird aufgebaut.
Statusinformationen werden eingelesen.... Fertig
Die folgenden Pakete werden ENTFERNT:
  init
WARNUNG: Die folgenden essentiellen Pakete werden entfernt.
Dies sollte NICHT geschehen, außer Sie wissen genau, was Sie tun!
  init
0 aktualisiert, 0 neu installiert, 1 zu entfernen und 0 nicht aktualisiert.
Nach dieser Operation werden 29,7 kB Plattenplatz freigegeben.
Sie sind im Begriff, etwas potentiell Schädliches zu tun.
Zum Fortfahren geben Sie bitte »Ja, tue was ich sage!« ein.
 ?]

2.14. Verbreitungsgrad von Paketen

Wie bereits deutlich wurde, besteht die Distribution Debian GNU/Linux aus einer sehr großen Anzahl Paketen. In dieser Vielfalt spiegeln sich die Interessen der Benutzer sehr deutlich wieder.

Das Debian Quality Assurance Team (kurz QA Team) [DebianQA] sorgt dafür, dass eine möglichst hohe Softwarequalität in Debian gehalten wird. Neben den Werkzeugen zur Qualitätssicherung (siehe „Qualitätskontrolle“ in [qualitaetskontrolle]) gehören dazu die Trendforschung, die Bestandsaufnahme und eine Auswertung darüber, ob und vor allem wie häufig ein Paket installiert wird. Das sagt zwar nicht unbedingt etwas darüber aus, ob es tatsächlich verwendet wird, aber es zeigt, ob an einem Softwarepaket prinzipiell Interesse besteht. Dieser Aspekt fließt mit ein, um zu entscheiden, ob ein Paket weiterhin Bestandteil des Softwareumfangs von Debian bleibt.

Diese Analyse geht direkt auf den Ursprung von Debian zurück und versucht eine Antwort darauf zu geben, welche Software die Benutzer verwenden. Unmittelbare Ergebnisse sind die Auswahl der Softwarepakete, die in Debian bereitstehen und für diese Distribution gepflegt werden, weiterhin die Einordnung in die entsprechenden Kategorien (siehe [sortierung-der-pakete-nach-verwendungszweck]) und die Priorisierung (siehe [paket-prioritaet-und-essentielle-pakete]). Für die Zusammenstellung von Installationsimages spielt der Nutzungsgrad eine große Rolle – Pakete, die häufiger genutzt werden, haben eine größere Chance, auf die ersten Installationsimages zu gelangen.

Grundlage für die erfassten Daten ist das Projekt Popcon – der Debian Popularity Contest [Debian-Popularity-Contest]. Die Benutzung ist freiwillig und über dessen Teilnahme entscheiden Sie als Benutzer selbst. Voraussetzung dafür ist die Installation des Pakets popularity-contest und dessen Aktivierung.

Danach wird in regelmäßigen Abständen — i.d.R. wöchentlich — der Softwarebestand (d.h. die installierten Pakete) erfasst, an das Popcon-Projekt übertragen und danach anonymisiert ausgewertet. Über die Projektwebseite erfolgt eine tabellarische Übersicht und eine graphische Auswertung. [fig.popcon-nginx] zeigt beispielhaft das Ergebnis für das Paket nginx.

konzepte/software-in-paketen-organisieren/popcon-nginx.png
Abbildung 11. Erfasster Verbreitungsgrad für das Paket nginx

2.14.1. Verschiedene Metriken

Neben der Architektur der Installation und welche Pakete installiert sind, erfasst Popcon anhand der Zeitstempel im Dateisystem außerdem noch folgende Daten für jedes installierte Paket:

  • Wann wurde das Paket zuletzt aktualisiert oder installiert? Dies wird für den Graphen recent (kürzlich) verwendet und anhand des Zeitstempels der Dateien des Pakets unter /var/lib/dpkg/info eruiert.

  • Wann wurde zuletzt auf ausführbare Dateien des Pakets zugegriffen? Dies wird für die Graphen vote (dafür stimmen) und old (alt) verwendet und anhand der Zeitstempel des Zugriffs (atime) von Programmdateien des Paketes eruiert.

Werden weder Änderungszeitstempel noch Zugriffszeitstempel beim Projekt mitgeliefert, wird das Paket im Graphen no-files (keine Dateien) aufgelistet.

2.14.2. Vergleichen von Paketen

Unter dem Debian Popcon Graph [Debian-Popcon-Graph] können Sie dies sogar benutzen, um den Verlauf der Beliebtheit von Paketen gegenüberzustellen. [fig.popcon-screen-vs-tmux] zeigt beispielhaft einen Vergleich zwischen screen und tmux in den beiden Metriken installed und vote.

konzepte/software-in-paketen-organisieren/popcon-screen-vs-tmux.png
Abbildung 12. Vergleich Installationen und Nutzung der Pakete screen und tmux

2.15. Lokale Paketmarkierungen

Ein installiertes Debianpaket kann zusätzliche, lokale Markierungen besitzen. Diese beeinflussen z.B. dessen Aktualisierung oder — wenn kein anderes Paket mehr von ihm abhängt — veranlassen oder verhindern auch seine automatische Deinstallation.

2.15.1. Paketmarkierungen, die von verschiedenen Programmen genutzt werden

Diese Markierungen werden teilweise bereits automatisch von APT und aptitude gesetzt, wenn es Pakete installiert, entfernt oder aktualisiert. Als Systembetreuer können Sie jederzeit eingreifen und die Markierungen eigenhändig setzen und entfernen.

Die folgenden Paketmarkierungen sind in Benutzung:

automatisch installiert (automatic)

das Paket wurde automatisch installiert, i.d.R. als Abhängigkeit eines anderen Pakets (siehe „Paketabhängigkeiten anzeigen“ in [paketabhaengigkeiten-anzeigen]). Diese Markierung veranlasst, dass dieses Paket wieder entfernt wird, wenn keine weiteren, installierten Pakete mehr von diesem abhängen.

manuell installiert (manual)

das Paket wurde manuell, d.h. explizit installiert. Diese Markierung verhindert, dass dieses Paket automatisch mit entfernt wird, wenn kein weiteres Paket mehr von ihm abhängt (siehe „Umgang mit Waisen“ in [umgang-mit-waisen]).

halten (hold)

das Paket wird in der vorliegenden, installierten Version auf dem System gehalten und nicht aktualisiert (upgrade) oder deinstalliert (siehe „Pakete aktualisieren“ in [pakete-aktualisieren] und „Pakete deinstallieren“ in [pakete-deinstallieren]).

Die Markierung manuell installiert entspricht defacto dem Nicht-Vorhandensein der Markierung automatisch installiert. Ein Paket hat jeweils immer genau eine der beiden Markierungen manuell installiert oder automatisch installiert.

Die vorgenannten Paketmarkierungen werden von dpkg (nur hold), APT und aptitude ausgewertet. Die Unterscheidung automatisch/manuell installiert wird dazu in der Datei /var/lib/apt/extended_states gespeichert, die hold-Markierungen in /var/lib/dpkg/status
[In früheren Debian-Veröffentlichungen wurden die hold-Markierungen von aptitude und dpkg getrennt gespeichert und apt-get wusste nichts von der hold-Markierung. Auch wurde die automatisch installiert-Markierung zuerst von aptitude eingeführt und dementsprechend anfangs nur in /var/lib/aptitude/pkgstates gespeichert.]

Informationen zu jedem Paket in der Datei /var/lib/apt/extended_states (Ausschnitt)
...

Package: gnome-menus
Auto-Installed: 0
Architecture: i386

Package: libfont-afm-perl
Auto-Installed: 1
Architecture: i386

Package: libhtml-parser-perl
Auto-Installed: 1
Architecture: i386

...
Ein Paket "auf hold" in der Datei /var/lib/dpkg/status (Ausschnitt)
...

Package: awesome
Status: hold ok installed
Priority: optional
Section: x11
Installed-Size: ...
...

2.15.2. Aptitude-spezifische Paketmarkierungen

aptitude speichert weitere Informationen zu den Paketen eigenständig in der Datei /var/lib/aptitude/pkgstates. Dazu gehören:

Verbotene Versionen (forbid-version/ForbidVer)

Von Ihnen als lokaler Administrator nicht erwünschte Version, die nicht installiert wird, auf die nicht aktualisiert wird bzw. die beim Aktualisieren übersprungen wird.

Neue Pakete (New Packages/Unseen)

aptitude pflegt eine Liste mit neuen Paketen, die in den Paketlisten der abonnierten APT-Repositories aufgetaucht sind. Diese Markierung können Sie mit dem Aufruf aptitude forget-new zurücksetzen.

Entfernungsgrund (Remove-Reason)

aptitude zeigt an, warum ein Paket entfernt wird: wegen nicht (mehr) erfüllter Abhängigkeiten, wegen Konflikten mit anderen Paketen, oder weil es nicht mehr gebraucht wird (sprich: kein Paket mehr davon abhängt). Wird solch eine Paketentfernung nur vorgemerkt, so speichert aptitude bis zur Entfernung auch den Grund für diese.

Benutzerspezifische Markierungen (User Tags)

Sie als Benutzer dürfen für Pakete mit dem Unterkommando add-user-tag eigene Markierungen setzen. Nach diesen suchen Sie im Paketbestand mit dem Muster ?user-tag(Muster). Muster bezeichnet hier einen Regulären Ausdruck, mit dem Sie die Markierung spezifizieren.

aptitude-spezifische Zusatzinformationen zu Paketen (Ausschnitt)
...

Package: python3-pkg-resources
Architecture: amd64
Unseen: no
State: 1
Dselect-State: 1
Remove-Reason: 0
ForbidVer: 18.8-1
User-Tags: broken-by-807773

...

Diese benutzerspezifischen Markierungen werden auch in der Textoberfläche (text-based user interface, kurz TUI) von aptitude angezeigt, jedoch können Sie diese dort nicht ändern.

2.15.3. Lesen und Anzeigen einer Markierung mit aptitude

Sichtbar werden alle Markierungen zu einem Paket, wenn Sie die Details dazu erfragen – entweder direkt über die Kommandozeile oder in der Textoberfläche zu aptitude. Wir verdeutlichen Ihnen das hier anhand des installierten und gehaltenen Pakets python-pkg-resources.

Auf der Kommandozeile rufen Sie hierfür aptitude mit dem Unterkommando show gefolgt vom Paketnamen auf. In den Zeilen 2 und 3 der nachfolgenden Ausgabe erfahren Sie einerseits, dass das Paket python-pkg-resources automatisch installiert wurde und die Version 18.8-1 nicht lokal eingespielt werden darf. Darüberhinaus wurde eine manuelle Markierung vergeben (broken-by-807773), die kennzeichnet, dass das Paket defekt ist (broken). Die Ziffernfolge referenziert die Nummer des Bugs im Debian Bug Tracking System (BTS) und ermöglicht Ihnen, nachzulesen, warum der Eintrag da ist.

Darstellung der Markierungen zum Paket python-pkg-resources mittels aptitude
$ aptitude show python-pkg-resources
Paket: python-pkg-resources
Zustand: Installiert
Verbotene Version: 18.8-1
Automatisch installiert: ja
Version: 18.7-1
…
Benutzermarkierungen: broken-by-807773

...
$

In der Textoberfläche von aptitude bekommt jeder Eintrag in der Paketliste zusätzliche Buchstaben. Dabei stehen die Buchstaben h für hold und A für automatic (siehe [fig.aptitude-hold]).

konzepte/software-in-paketen-organisieren/aptitude-hold.png
Abbildung 13. Ausgabe der Paketmarkierungen in der Textoberfläche von aptitude

aptitude kann ebenfalls nach allen Paketen fahnden, die automatisch installiert wurden und somit das Flag automatic tragen. Es kennt dazu das spezielle Muster ?automatic (Kurzform ~M) zum Unterkommando search. Ausführlicher besprechen wir das in „Automatisch installierte Pakete mit aptitude anzeigen“ in [automatisch-installierte-pakete-mit-aptitude].

2.15.4. Lesen und Anzeigen einer Markierung mit apt-mark

Das Werkzeug apt-mark ist spezialisiert auf die Paketmarkierungen und kann Ihnen die Pakete ausgeben, bei denen nur ein bestimmtes Paketflag gesetzt ist. Es kennt dazu die folgenden sechs Unterkommandos

showauto

alle automatisch installierten Pakete

showmanual

alle manuell installierten Pakete

showinstall

alle Pakete, die zur Installation vorgemerkt sind

showhold

alle Pakete, deren Zustand beibehalten wird

showremove

alle Pakete, die zur Entfernung vorgemerkt sind

showpurge

alle Pakete, die zur Entfernung inklusive der Konfiguration vorgemerkt sind

Nachfolgend sehen Sie beispielhaft nur das Ergebnis des Aufrufs für die manuell installierten Pakete. Auf automatisch installierte Pakete gehen wir genauer in [automatisch-installierte-pakete-anzeigen] ein. Dem Umgang mit dem Unterkommando showhold für die Verwendung des hold-Flags in der Praxis ist der Abschnitt „Ausgewählte Pakete nicht aktualisieren“ in [ausgewaehlte-pakete-nicht-aktualisieren] gewidmet.

Auflistung aller manuell installierten Pakete mittels apt-mark
# apt-mark showmanual
abiword
acpi
acpi-support
acpi-support-base
...
#

apt-mark erlaubt keine Eingrenzung, welche Pakete überprüft werden. Es validiert stets den gesamten Paketbestand.

2.15.5. Setzen und Entfernen einer Markierung mit apt-mark

Die Markierungen automatic und manual werden von den Programmen zur Paketverwaltung eigenständig gesetzt, wenn Sie Pakete installieren. Grundlage sind die ausgewerteten Paketabhängigkeiten. Trotzdem können Sie stets eigenhändig eingreifen, sofern dazu Ihrerseits Bedarf besteht. apt-mark kennt dafür diese sechs Schalter:

auto

automatisch installiert

install

Paket wird installiert

manual

Paket wird manuell installiert

hold

Paket wird beibehalten

purge

Paket inklusive Konfiguration löschen

remove

Paket löschen

Damit setzen Sie die entsprechende Markierung für ein angegebenes Paket explizit. Dazu erwartet apt-mark als Parameter ein einzelnes Paket oder eine Paketliste. Die nachfolgende Ausgabe zeigt das Setzen der Markierung manual für das Paket wireshark.

Setzen der Paketmarkierungen manual für das Paket wireshark
# apt-mark manual wireshark
wireshark wurde als manuell installiert festgelegt.
#

Für das Halten eines Pakets existieren die Unterkommandos hold und unhold. Welchen konkreten Nutzen das haben kann, erfahren Sie unter „Ausgewählte Pakete nicht aktualisieren“ in [ausgewaehlte-pakete-nicht-aktualisieren].

Tipp
Liste der Pakete eingrenzen, deren Markierung geändert wird

Um nur eine Auswahl an Paketen zu markieren, erlaubt apt-mark eine Paketliste in Form einer Datei, die Sie beim Aufruf mit übergeben:

apt-mark -f=paketliste manual

Die Datei ist eine Textdatei, in der pro Zeile ein Paketname steht. Mit obigem Aufruf werden alle Pakete auf „manuell installiert“ gesetzt, die in der übermittelten Paketliste angegeben sind.

2.15.6. Was passiert, wenn Paketmarkierungen geändert werden?

Durch das Setzen von Paketmarkierungen verändert sich die Art und Weise, wie die Paketabhängigkeiten bewertet werden. dpkg, apt, apt-get und aptitude respektieren die von Ihnen gesetzten Markierungen. apt, apt-get und aptitude empfehlen Ihnen bei einer Änderung des Paketbestands beispielsweise andere Pakete als sonst, um die Paketabhängigkeiten nicht zu verletzen. Oder sie schlagen vor, bestimmte Pakete zu entfernen, da sie neu als nicht mehr gebraucht angesehen werden.

Setzen oder Entfernen Sie bewusst das hold-Flag und legen somit eine Version explizit fest, nehmen Sie Einfluss auf den Zustand Ihres Systems. Wobei Ihnen das von Nutzen sein kann, erklären wir unter „Ausgewählte Pakete nicht aktualisieren“ ([ausgewaehlte-pakete-nicht-aktualisieren]) ausführlicher.

2.15.7. Setzen und Entfernen einer Markierung mit aptitude

Alternativ zu apt-mark bietet sich auch aptitude an. Dort heißen die Unterkommandos etwas anders, ebenso agiert aptitude vielleicht ungewohnt. In der Standardeinstellung will es Pakete entfernen, die mangels geänderter Abhängigkeiten nicht mehr benötigt werden. Im u.g. Beispiel gibt es z.B. Pakete, die eine Abhängigkeit auf das Paket wireshark haben, aber keine, die eine Abhängigkeit auf zshdb haben. Entsprechend will aptitude es auch direkt entfernen.

Setzen von Paketmarkierungen mit aptitude
# aptitude markauto wireshark zshdb
Die folgenden Pakete werden ENTFERNT:
  zshdb{u}
0 Pakete aktualisiert, 0 zusätzlich installiert, 1 werden entfernt und 26 nicht aktualisiert.
0 B an Archiven müssen heruntergeladen werden. Nach dem Entpacken werden 451 kB frei werden.
Möchten Sie fortsetzen? [Y/n/?] n
Abbruch.
#

Möchten Sie eine Markierung wieder aufheben, kennt aptitude den Schalter unmarkauto. Das nachfolgende Beispiel demonstriert das Vorgehen.

Aufheben von Paketmarkierungen mit aptitude
# aptitude unmarkauto wireshark zshdb
Es werden keine Pakete installiert, aktualisiert oder entfernt.
0 Pakete aktualisiert, 0 zusätzlich installiert, 0 werden entfernt und 26 nicht aktualisiert.
0 B an Archiven müssen heruntergeladen werden. Nach dem Entpacken werden 0 B zusätzlich belegt sein.
#

Dabei fällt auf, das aptitude im Gegensatz zu apt-mark nicht angibt, dass sich eine Markierung geändert oder nicht geändert hat. Stattdessen informiert es Sie darüber, dass es keine Pakete entfernt oder aktualisiert. Kurioserweise aktualisiert es (in der Standardeinstellung) nicht automatisch die Pakete, bei denen die hold-Markierung entfernt wurde:

Setzen eines Paketes auf hold mit aptitude
# aptitude search '~U'
i A awesome                         - Hochkonfigurierbarer Fenstermanager für X
# aptitude hold awesome
Es werden keine Pakete installiert, aktualisiert oder entfernt.
0 Pakete aktualisiert, 0 zusätzlich installiert, 0 werden entfernt und 26 nicht aktualisiert.
0 B an Archiven müssen heruntergeladen werden. Nach dem Entpacken werden 0 B zusätzlich belegt sein.
# aptitude search '~U'
ihA awesome                         - Hochkonfigurierbarer Fenstermanager für X
# aptitude unhold awesome
Es werden keine Pakete installiert, aktualisiert oder entfernt.
0 Pakete aktualisiert, 0 zusätzlich installiert, 0 werden entfernt und 26 nicht aktualisiert.
0 B an Archiven müssen heruntergeladen werden. Nach dem Entpacken werden 0 B zusätzlich belegt sein.
# aptitude search '~U'
i A awesome                         - Hochkonfigurierbarer Fenstermanager für X
#

2.16. Wie finde ich passende Pakete

2.16.1. Paketquellen

Debianpakete sind von verschiedenen Orten und Medien verfügbar. Dazu zählen sowohl Online- als auch Offline-Quellen, bspw. offizielle, private und unternehmenseigene Repositories und Spiegelserver (Mirrors). Für die Recherche und Installation ohne Internetanbindung stehen bspw. vorbereitete Distributionsimages in unterschiedlichen Größen und Zusammenstellungen für CD, DVD, Blu-ray und USB-Stick über die Webseite des Debian-Projekts bereit [Debian-besorgen].

Je nach den persönlichen Vorlieben sowie der Bandbreite der lokalen Internetanbindung ist jeweils die eine oder andere Variante zur Installation empfehlenswert – eine pauschale Empfehlung können wir Ihnen an dieser Stelle leider nicht geben. Für eine Erstinstallation hat sich bei uns die Reihenfolge Bezug und Installation über ein kleines Installationsimage (genannt Netinst-ISO) und die nachfolgende, individuelle Auswahl der zusätzlich noch benötigten Programme über eine Netzwerkinstallation vielfach bewährt. Damit bleiben die eingerichteten Debian-Systeme von Beginn an überschaubar und pflegeleicht und enthalten möglichst wenig Ballast.

Die Auswahl eines Spiegelservers, der zu Ihren technischen Gegebenheiten und Gewohnheiten in der Benutzung Ihres Debian-Systems passt, ist eine Philosophie für sich. Auf die unterschiedlichen Varianten für bereits bestehende Spiegelserver gehen wir genauer in „Geeigneten Paketmirror auswählen“ in [geeigneten-paketmirror-auswaehlen] ein. Was Sie tun müssen, um hingegen einen eigenen Spiegelserver aufzusetzen und zu betreiben, geht über das Basiswissen deutlich hinaus. Wir erklären Ihnen die Vorgehensweise dazu in [eigenen-apt-mirror-aufsetzen].

2.16.2. Paketnamen

Ist Ihnen der Name eines Pakets oder ein Fragment daraus bekannt, stehen Ihnen alle Möglichkeiten offen. Einerseits helfen Ihnen die Werkzeuge dpkg, apt-cache sowie aptitude auf der Kommandozeile weiter. Desweiteren verfügen die graphischen Programme wie beispielsweise Synaptic (siehe [gui-synaptic]), SmartPM (siehe [gui-smartpm]) oder auch PackageKit (siehe [gui-packagekit]) über eine entsprechende Suchfunktion. Für eine Recherche über das Internet hilft Ihnen nicht nur die Webseite des Debian-Projekts weiter, sondern auch spezielle Suchmaschinen und Verzeichnisdienste. Alle genannten Varianten stellen wir Ihnen unter „Pakete über den Namen finden“ in [pakete-ueber-den-namen-finden] genauer vor.

2.16.3. Paketeigenschaften und Einordnung

Bei den oben angesprochenen Varianten können Sie neben der Einordnung in die jeweilige Paketkategorie (siehe dazu „Sortierung der Pakete nach Verwendungszweck“ in [sortierung-der-pakete-nach-verwendungszweck]) bspw. auch über die Veröffentlichungen (siehe [veroeffentlichungen]), den Maintainer (siehe [paket-nach-maintainer-finden]), den Paketinhalt (siehe [paket-zu-datei-finden]) oder ein Fragment aus dem Paket (siehe [nach-muster-in-einem-paket-suchen]) suchen. Darüber hinaus gibt es eine konzept- und facettenbasierte Suche mit Hilfe von Debtags. Letzteres besprechen wir detailliert unter „Erweiterte Paketklassifikation mit Debtags“ in [erweiterte-paketklassifikation-mit-debtags].

Werkzeuge

1. Paketquellen und Werkzeuge

1.1. Paketquellen

1.1.1. Begriff und Hintergrund

Eine Paketquelle bezeichnet einen Ort, von dem aus Softwarepakete zur Verfügung stehen. Alternativ und gleichbedeutend werden dafür auch die Begriffe APT-Repository, Repository oder ganz kurz nur Repo benutzt. Der Begriff Paketmirror – oder auch komplett eingedeutscht als Paketspiegel – wird ebenfalls gerne verwendet. Letzteres impliziert aber zusätzlich, dass es sich dabei um eine vollständige Kopie einer offiziellen Paketquelle handelt, also z.B. um einen Spiegelserver von Debian oder Ubuntu.

Eine Paketquelle kann dabei aber auch ein externes Speichermedium wie eine CD, DVD, Blu-ray, eine Speicherkarte oder ein USB-Stick sein, aber ebenso ein lokales oder über das Netzwerk angebundenes Verzeichnis auf einer Festplatte. Waren noch vor wenigen Jahren die erstgenannten, festen Installationsmedien üblich, werden heute als Paketquelle aufgrund der weitestgehend flächendeckenden Verfügbarkeit des Internets stattdessen FTP- und HTTP-Server bevorzugt. Damit sind die von Ihnen genutzten Paketquellen stets aktuell.

1.1.2. Benutzte Paketquellen

Welche Paketquellen Sie verwenden, legen Sie bei Debian an zwei Stellen im Verzeichnisbaum fest:

in der Datei /etc/apt/sources.list

für primäre Paketquellen

in den Dateien im Verzeichnis /etc/apt/sources.list.d/

für sekundäre, zusätzliche Paketquellen. Die Paketverwaltung berücksichtigt alle Dateien in diesem Verzeichnis, die auf *.list enden. In der Standardinstallation ist dieses Verzeichnis leer.

Diese Dateien zählen zu den zentralen Komponenten des Debian-Paketsystems. An diesen Einträgen orientieren sich die Werkzeuge zur Paketverwaltung, wenn es um Änderungen im lokalen Paketbestand und entsprechende Aktualisierungen der Pakete auf Ihrem System geht.

Bei der Auswahl der Paketquellen sind Sie nicht auf lediglich eine dieser o.g. Ressourcen beschränkt. Sie können diese beliebig mischen und somit auch Konzepte zur Ausfallsicherung umsetzen. Diese Konstellation kommt genau dann zum Tragen, wenn Ihre primäre Paketquelle nicht in der gewohnten Art und Weise zur Verfügung steht, bspw. bei einem Ausfall des Internetzugangs oder der Wartung des von Ihnen bevorzugten Paketspiegels.

1.1.3. Aufbau und Struktur einer Paketquelle

Jede Paketquelle folgt einer festgelegten Verzeichnisstruktur [Aoki-Debian-Referenz], auf die sich die einzelnen Programme zur Paketverwaltung stützen. Interessant wird diese Struktur genau dann, wenn Sie eine Paketquelle mit selbsterstellten Paketen oder einen eigenen Paketmirror aufsetzen und betreiben möchten (siehe [eigenen-apt-mirror-aufsetzen]).

1.2. Empfehlung zum Ablauf für das Hinzufügen und Ändern von Paketquellen

Wie bereits in [paketquellen-benutzte-paketquellen] ausgeführt, sind die darin benannten Einträge Dreh- und Angelpunkt für alle verwendeten Paketquellen. Erfolgen von Ihnen oder einem Programm Änderungen darin, muss die Paketverwaltung anschließend noch über diese Modifikation informiert werden, damit sie den Paketcache anhand der aktualisierten Liste von Repositories auf den neuesten Stand bringt. Die Paketverwaltung erkennt die vorgenommenen Änderungen nicht von sich aus und wartet auf ihren „Anstoß“. Danach synchronisiert sie die lokal vorliegenden Informationen über die verfügbaren Pakete und deren Abhängigkeiten (siehe [paketcache]) mit den konfigurierten Paketquellen.

Wir empfehlen Ihnen zur Aktualisierung den folgenden Ablauf:

  1. Erstellen Sie zuerst eine Sicherheitskopie der entsprechenden Datei, z.B. mit cp -pv /etc/apt/sources.list /etc/apt/sources.list.backup. Gegebenenfalls macht das auch Ihr Texteditor automatisch.

  2. Tragen Sie die neuen oder veränderten Paketquellen nach (siehe [paketquellen-eintragen-und-aendern]) und speichern diese Änderungen ab. Wenn Sie lediglich eine neue Paketquelle hinzufügen, bietet sich dazu das Verzeichnis /etc/apt/sources.list.d/ an. Der Name dieser Datei muss dann auf .list enden, bspw. skype.list für die Paketquelle zum Kommunikationsprogramm Skype.

  3. Sofern dies keine offiziellen Debian-Repositories sind, verifizieren Sie zusätzlich die Paketquelle, die Sie hinzugefügt oder geändert haben. Unter „Paketquelle auf Echtheit überprüfen“ in [paketquelle-auf-echtheit-ueberpruefen] erfahren Sie, wie das zu erfolgen hat. Offizielle Paketquellen verifizieren Sie mit den bereits mitgelieferten Schlüsseln ihrer Debian-Installation.

  4. Aktualisieren Sie die lokalen Paketlisten mit einem der Kommandos namens apt-get update, apt update oder aptitude update. Bitte beachten Sie dazu auch unsere Anmerkungen unter „Liste der verfügbaren Pakete aktualisieren“ in [liste-der-verfuegbaren-pakete-aktualisieren]. Handelt es sich um ein Upgrade auf eine neue Version Ihrer Distribution, lesen Sie bitte dazu zusätzlich unter „Distribution aktualisieren“ in [distribution-aktualisieren] nach.

Mit dieser Vorgehensweise ist sichergestellt, dass die Paketverwaltung Ihre Veränderungen in der Liste der Paketquellen beachtet hat. Nun können Sie die Pakete aus den geänderten oder neuen Paketquellen zu Ihrem System hinzufügen.

Tipp
Mit etwas Automatisierung den Ablauf vereinfachen

Möchten Sie diese Schrittfolge automatisieren, hilft Ihnen das Kommando add-apt-repository weiter. Dessen Möglichkeiten besprechen wir genauer in [eintraege-mit-add-apt-repository-im-griff-behalten].

Im Bedarfsfall können Sie auch auf den Stand vor Ihren Veränderungen zurückgreifen. Sollte dies erforderlich sein, restaurieren Sie die im ersten Schritt angelegte Sicherheitskopie oder löschen die zusätzliche, zuvor angelegte Datei im Verzeichnis /etc/apt/sources.list.d/. Anschließend führen Sie das Kommando apt-get update, apt update oder aptitude update erneut aus und gelangen somit auf den vorherigen Stand zurück.

Tipp
Versionierung statt manuellem Backup

Anstatt manuell Backups zu machen, können Sie auch das Verzeichnis /etc/apt/ mit einer Versionsverwaltung wie z.B. Git versionieren. Das Debian-Paket etckeeper [Debian-Paket-etckeeper] bietet dies sogar automatisiert bei jeder Paketinstallation, -Aktualisierung oder -Entfernung an, versioniert dann aber gleich das ganze Verzeichnis /etc/.

1.3. Paketquellen eintragen und ändern

Alle in [paketquellen-benutzte-paketquellen] benannten Dateien sind Textdateien, die Sie als Benutzer root mit Hilfe eines Texteditors direkt bearbeiten, bspw. mit Nano, Vim oder Emacs (siehe [fig.vim-sources-list] für Vim).

werkzeuge/paketquellen-und-werkzeuge/vim-sources-list.png
Abbildung 14. Editieren der Datei /etc/apt/sources.list im Texteditor Vim

Das Werkzeug APT kennt ein Unterkommando edit-sources:

# apt edit-sources

Es öffnet die Datei /etc/apt/sources.list wiederum in einem Texteditor ihrer Wahl zur weiteren Bearbeitung. Speichern Sie ihre Änderungen, erfolgt noch ein zusätzlicher Schritt: die Inhalte der Datei werden auf syntaktische Korrektheit hin überprüft. Damit vermeiden Sie fehlerhafte Einträge für Paketquellen.

Wie Sie die Liste der Paketquellen selbst auf Korrektheit prüfen, erklären wir in [eintrag-pruefen] genauer.

1.4. Die Datei /etc/apt/sources.list verstehen

1.4.1. Format der Paketliste

Wie auf UNIX/Linux-Systemen üblich, ist die Konfigurationsdatei /etc/apt/sources.list eine reine Textdatei. Die Einträge darin erfolgen zeilenweise. Jede einzelne Paketquelle beschreiben Sie vollständig in einer separaten Zeile.

werkzeuge/paketquellen-und-werkzeuge/etc-apt-sources.list-verstehen/sources-list-nano.png
Abbildung 15. /etc/apt/sources.list im Texteditor nano

Sie fügen eine weitere Paketquelle hinzu, indem Sie die Liste um eine weitere Zeile ergänzen. Tragen Sie dazu in einer freien oder zusätzlichen Zeile die gewünschte Paketquelle nach. Um eine bereits erfasste Paketquelle zu modifizieren, ändern Sie den Listeneintrag in der entsprechenden Zeile. Mit Hilfe des #-Zeichens zu Beginn einer Zeile kommentieren Sie den jeweiligen Eintrag aus. Eine Paketquelle entfernen Sie endgültig aus der Liste, indem Sie die betreffende Zeile löschen.

Tipp
Anzahl der Einträge

Es gibt keine Begrenzung für die Anzahl der Einträge. Bitte beachten Sie aber, dass die Zeit und das Übertragungsvolumen für die Aktualisierung der Paketlisten umso größer wird, je mehr Einträge vorhanden sind.

Bei der späteren Aktualisierung der lokalen Paketliste mittels apt-get update, aptitude update oder apt update (siehe [pakete-aktualisieren]) werden die Paketquellen in der Reihenfolge abgearbeitet, wie sie in der Datei /etc/apt/sources.list aufgeführt sind. Ignoriert werden dabei Leerzeilen und die Einträge, die mit einem Hashzeichen # beginnen und somit auskommentiert sind.

Tipp
Empfehlung zur Abfolge

Für das Hinzufügen und Ändern der Paketquellen empfehlen wir Ihnen eine bestimmte Reihenfolge (siehe [empfehlung-zum-ablauf-fuer-das-hinzufuegen-und-aendern-von-paketquellen]). Damit erleben Sie zukünftig keine bösen Überraschungen mehr.

Zur Automatisierung des Vorgangs wurden ebenfalls eine Reihe von Programmen entwickelt. Dazu zählen apt-cdrom (siehe dazu [physische-installationsmedien-mit-apt-cdrom-einbinden]) und add-apt-repository (siehe dazu [eintraege-mit-add-apt-repository-im-griff-behalten])). Sind Sie hingegen weniger tastaturaffin, bieten sich als weitere Möglichkeiten sowohl Synaptic sowie der Sources List Generator für Debian und Ubuntu an. Diese Programme stellen wir Ihnen in [einstellungen-mit-synaptic] und [debian-und-ubuntu-sources-list-generator] ausführlicher vor.

1.4.2. Format eines Eintrags

Jeder Eintrag in der Datei /etc/apt/sources.list folgt einem festen Muster mit einer genauen Abfolge von definierten Feldern:

Art_der_Quelle URI Distribution [Komponente 1] [Komponente 2] [...]

Jedes dieser Felder hat eine bestimmte Funktion und erlaubt nur ausgewählte Inhalte:

Art der Quelle

bezeichnet den verwendeten Pakettyp. Zulässig sind entweder deb für Debian-Binärpakete und deb-src für Debian-Quellpakete. Genauer gehen wir dazu unter „Debians Paketvarianten“ in [debian-pakete-varianten] und „Debian-Paketformat“ im Detail in [debian-paketformat-im-detail] ein.

URI

legt die Art der Installationsquelle fest. Hierbei sind diese Angaben zulässig:

  • file: die Installationsquelle ist ein Verzeichnis. Dieses kann sowohl lokal vorliegen, als auch von extern eingebunden sein, bspw. über ein Netzwerkdateisystem wie AFS, NFS oder SMB

  • cdrom: genutzt wird eine CD, eine DVD oder eine Blu-ray als Installationsmedium

  • http: die Installationsquelle ist ein HTTP-Server

  • https: die Installationsquelle ist ein HTTPS-Server

  • ftp: die Installationsquelle ist ein FTP-Server

  • copy: identisch zum Eintrag file, aber die bezogenen Debianpakete werden zusätzlich im Paketcache abgelegt, der sich unter /var/cache/apt/archives/ befindet

  • mirror: Auswahl einer Installationsquelle anhand der GeoIP des Servers (siehe [paketquellen-ueber-geoip-auswaehlen])

Distribution

benennt die Veröffentlichung (siehe [veroeffentlichungen]), aus der Pakete installiert werden sollen. Typisch ist hier die Angabe des Entwicklungsstands (siehe [bedeutung-der-verschiedenen-entwicklungsstaende]) wie bspw. stable, unstable oder testing sowie die Nennung des alternativen Distributionsnamens wie bspw. Bullseye, Bookworm oder Sid (siehe [alias-namen]).

Bitte beachten Sie bei Debian und Ubuntu die vollständige Kleinschreibung des Namens. Nicht-offizielle Paketquellen können an dieser Stelle jedoch auch sonstige Zeichenketten bis hin zu einem . verlangen.

Komponente

bestimmt den Distributionsbereich, d.h. bspw. bei Debian main, contrib, non-free oder non-free-firmware. Ausführlicher gehen wir darauf in [distributionsbereiche] ein.

1.4.3. Beispieleinträge für offizielle Pakete

Der Standardeintrag für den Bezug von stabilen Debianpaketen aus dem Bereich main mit dem deutschen Spiegelserver als Paketquelle sieht folgendermaßen aus:

deb http://ftp.de.debian.org/debian/ stable main

Mit diesem Eintrag beziehen Sie stets nur Pakete aus der aktuellen, stabilen Veröffentlichung. Erscheint eine neue Veröffentlichung, sind Sie damit auf der sicheren Seite und wechseln automatisch zum Nachfolger.

Tragen Sie hingegen anstatt von stable den entsprechenden Aliasnamen der Veröffentlichung in Kleinbuchstaben wie bspw. bullseye oder bookworm ein, nutzen Sie ausschließlich Pakete aus der damit spezifizierten Veröffentlichung, die diesen Aliasnamen trägt. Möchten Sie später von dieser auf eine andere Veröffentlichung wechseln, passen Sie zunächst den Aliasnamen im Eintrag entsprechend an und aktualisieren nachfolgend die lokale Paketdatenbank (siehe „Distribution aktualisieren“ in [distribution-aktualisieren]).

Um hingegen zusätzlich die Pakete aus weiteren Paketbereichen wie bspw. contrib, non-free und non-free-firmware zu verwenden, ändern Sie den Eintrag auf das Folgende, hier wiederum mit expliziter Angabe des Aliasnamens bookworm:

deb http://ftp.de.debian.org/debian/ bookworm main contrib non-free non-free-firmware

In welcher Reihenfolge Sie die einzelnen, gewünschten Paketbereiche angeben, spielt keine Rolle. Üblich ist jedoch die Abfolge anhand des Freiheitsgrades der Softwarelizenz in der Form von main contrib non-free non-free-firmware.

Tipp
Auswahl eines Paketmirrors

Mehr Informationen zur Auswahl eines für Sie am besten geeigneten Paketmirrors erfahren Sie unter „Geeigneten Paketmirror auswählen“ in [geeigneten-paketmirror-auswaehlen]. Mit dieser Angabe beeinflussen Sie die Bezugszeiten für Aktualisierungen der Paketlisten und der Pakete erheblich zu ihren Gunsten.

1.4.4. Verzeichnis als Paketquelle

Pakete können Sie auch aus einem Verzeichnis ihres Debian-Systems integrieren. Dabei sind Sie nicht auf lokale Einträge beschränkt, sondern können auch auf entfernte Ressourcen zugreifen, bspw. ein NFS- oder SMB-Share. Voraussetzung ist allerdings, dass die angegebene Ressource vorab in den Verzeichnisbaum eingehängt wurde (auf engl. mounted) und APT darauf zugreifen darf. Eine lokale Ressource geben Sie über das Schlüsselwort file an, hier am Beispiel des Verzeichnisses /home/benutzer/debian:

deb file:/home/benutzer/debian stable main contrib non-free

Ein Eintrag für einen externen Datenträger, bspw. eine CD, DVD oder Blu-ray, sieht ähnlich wie die vorhergehenden Beispiele aus. Nach dem Schlüsselwort deb folgt der Wert cdrom mit der Kennung des Datenträgers zur Installation. Am Schluss des Eintrags finden Sie die Veröffentlichung und den Distributionsbereich. Nachfolgend sehen Sie einen Eintrag für eine CD, auf dem Ubuntu 12.04 LTS Precise Pangolin enthalten ist:

deb cdrom:[Ubuntu 12.04 LTS _Precise Pangolin_ - Release i386 (20120423)]/ precise main restricted

Tipp
Automatisierung der Eintragung

Obige Einträge können Sie von Hand vornehmen. Das Werkzeug apt-cdrom vereinfacht den Vorgang jedoch erheblich. Unter „Physische Installationsmedien mit apt-cdrom einbinden“ in [physische-installationsmedien-mit-apt-cdrom-einbinden] besprechen wir das Programm genauer.

1.4.5. Einträge für Sicherheitsaktualisierungen

Häufig, aber in unregelmäßigen Abständen – d.h. wenn es erforderlich ist – kündigt das Debian Security-Team [Debian-Security] Sicherheitsaktualisierungen an und stellt diese bereit. Um von diesen Aktualisierungen zu profitieren, braucht es einen entsprechenden Eintrag in der Datei /etc/apt/sources.list.

Typischerweise wird dieser bereits zum Installationzeitpunkt vom Debian Installer angelegt, falls die entsprechende Frage mit "Ja" beantwortet haben.

Hatten Sie während der Installation bei der Frage nach Sicherheitsaktualisierungen "Nein" ausgewählt, oder fehlt der Eintrag aus sonstigen Gründen, so können Sie diesen manuell nachtragen.

Allerdings ist an dieser Stelle darauf zu achten, dass sich das Format des Eintrages zwischen Debian 10 Buster und Debian 11 Bullseye leicht geändert hat.

sources.list-Eintrag für Sicherheitsaktualisierungen bis Debian 10
deb http://security.debian.org/ <veröffentlichungsname>/updates <archivbereiche>
sources.list-Eintrag für Sicherheitsaktualisierungen ab Debian 11
deb http://security.debian.org/ <veröffentlichungsname>-security <archivbereiche>

Entsprechend hier Beispiele für Debian 10 Buster, Debian 11 Bullseye und Debian 12 Bookworm:

sources.list-Eintrag für Sicherheitsaktualisierungen in Debian 10 Buster
deb http://security.debian.org/ buster/updates main contrib non-free
sources.list-Eintrag für Sicherheitsaktualisierungen in Debian 11 Bullseye
deb http://security.debian.org/ bullseye-security main contrib non-free
sources.list-Eintrag für Sicherheitsaktualisierungen in Debian 12 Bookworm
deb http://security.debian.org/ bookworm-security main contrib non-free non-free-firmware

Obige Angaben beinhalten wiederum die empfohlene explizite Verwendung des Aliasnamens der Veröffentlichung anstatt des Suite-Namens. Dieser Name wird gefolgt vom Unterverzeichnis updates und den daraus gewünschten Distributionsbereichen main, contrib und non-free sowie ab Debian 12 Bookworm auch non-free-firmware. Je nach System nicht benötigte Archiv-Bereiche (z.B. non-free oder non-free-firmware) können Sie einfach weglassen.

1.4.6. Einträge für zusätzliche, nicht-offizielle Pakete

Nicht alle verfügbaren Softwareveröffentlichungen werden in die offiziellen Paketquellen von Debian aufgenommen. Viele Projekte stellen Programmversionen als deb-Pakete bereit, die sich von der Version her von der stabilen Veröffentlichung von Debian unterscheiden.

Im folgenden Beispiel sehen Sie die Einbindung der Paketquellen des PostgreSQL-Projekts [APT-Repo-PostgreSQL] und des X2Go-Projekts [APT-Repo-X2Go] für Debian 10 Buster:

deb https://apt.postgresql.org/pub/repos/apt/ buster-pgdg main
deb https://packages.x2go.org/debian buster main

Ähnliches gilt für Unternehmen, die erfreulicherweise inzwischen vielfach eigene deb-Pakete für ihre Produkte zur Verfügung stellen. Die exakte Bezugsquelle finden Sie zumeist auf der Webseite des jeweiligen Unternehmens. Um bspw. die Pakete für den Webbrowser Opera des gleichnamigen skandinavischen Herstellers einzubinden, hilft Ihnen folgender Verweis
[Die aktuelle Konfiguration des APT-Repositories erlaubt nur die Verwendung von stable als Veröffentlichung. Verwenden Sie z.B. stretch anstatt von stable, so beschwert sich APT, dass dies nicht vorgesehen sei.]
auf den Bereich non-free auf dessen Paketserver:

deb http://deb.opera.com/opera stable non-free

Tipp
Ergänzung der Signatur der Paketquelle

Damit Debian dieser zusätzlichen Paketquelle auch vertraut, überprüft es dazu eine entsprechende digitale Signatur. Wie dieses Konzept funktioniert und Sie einen passenden Schlüssel beziehen, lesen Sie unter „Paketquelle auf Echtheit überprüfen“ in [paketquelle-auf-echtheit-ueberpruefen].

Tipp
Eigene .list-Datei für fremde Paketquellen.

Anstatt alle Einträge direkt in die Datei /etc/apt/sources.list zu schreiben, können Sie einen oder mehrere Einträge auch in separate Dateien unter /etc/apt/sources.list.d/ ablegen. Dateien in diesem Verzeichnis bedürfen der Endung .list, um von APT beachtet zu werden.

So könnten Sie z.B. die Beispiele in diesem Abschnitt in den Dateien /etc/apt/sources.list.d/postgresql.list, /etc/apt/sources.list.d/x2go.list und /etc/apt/sources.list.d/opera.list speichern. Damit behalten Sie bereits anhand des Dateinamens den Überblick, aus welchen Fremdquellen weitere Pakete bezogen werden.

1.4.7. Einträge für Quellpakete

Um Debian-Quellpakete (siehe [sourcepakete]) zu nutzen, benötigen Sie eine weitere Zeile in ihrer Paketliste. Im Vergleich zu Binärpaketen ändert sich lediglich das Schlüsselwort am Anfang eines Eintrags von deb auf deb-src. Danach erwartet APT wie gewohnt den Eintrag der Paketquelle. Für die offiziellen Quellpakete sieht der Eintrag wie folgt aus, hier am Beispiel des deutschen Paketmirrors für Debian 12 Bookworm:

deb-src http://ftp.de.debian.org/debian/ bookworm main

1.4.8. Einträge für Deutschland

Liegt ihr Lebens- und Arbeitsmittelpunkt in Deutschland oder Sie beziehen die Pakete von einem Paketmirror, der in Deutschland steht, enthält die Datei typischerweise die folgenden Einträge:

deb http://ftp.de.debian.org/debian/ bookworm main contrib non-free non-free-firmware
deb-src http://ftp.de.debian.org/debian/ bookworm main contrib non-free non-free-firmware

deb http://security.debian.org/ bookworm-security main contrib non-free non-free-firmware

Mit den ersten beiden Zeilen beziehen Sie alle Binär- und Sourcepakete für die Distributionsbereiche main, contrib und non-free für die Veröffentlichung Debian 12 Bookworm vom primären deutschen Debian-Spiegelserver. Mit den Zeilen drei und vier beziehen Sie zusätzlich die dazugehörigen Sicherheitsaktualisierungen für alle Distributionsbereiche der gleichen Veröffentlichung von der zentralen Stelle security.debian.org.

Für Veröffentlichungen vor Debian 12 Bookworm müssen Sie allerdings den Distributionsbereich non-free-firmware weglassen. Dieser kam erst mit Debian 12 Bookworm hinzu. Paket aus diesem Bereich waren bei vorherigen Veröffentlichungen im Bereich non-free mit dabei.

1.4.9. Einen Eintrag auf syntaktische Korrektheit prüfen

Beim Ergänzen oder Ändern von Einträgen von Paketquellen können uns Fehler unterlaufen, die dazu führen, dass die lokalen Paketlisten nicht mehr sauber mit den Listen vom Paketmirror abgeglichen und aktualisiert werden. Üblicherweise sind das simple Schreibfehler — fehlende Leerzeichen oder auch falsche Namen der genutzten Veröffentlichung. Um diesen Fehlern auf die Spur zu kommen, verfügen bislang weder APT, noch apt-get und aptitude über ein spezifisches Unterkommando, mit dem sich die einzelnen Einträge auf korrekte Schreibweise prüfen lassen.

Daher bleiben nur die folgenden Workarounds:

apt update und apt-get update

Führe die Aktualisierung der lokalen Paketlisten durch. Geben apt und apt-get dabei keine Fehler aus, sind die Einträge fehlerfrei.

apt-get --no-download update

Führe die Aktualisierung der lokalen Paketlisten durch, lade aber keine Paketlisten herunter. Gibt apt-get dabei keine Fehler aus, sind die Einträge fehlerfrei. Einen fehlerhaften Eintrag in Form eines fehlenden Leerzeichens bemängelt apt-get wie folgt:

Fehler in der Datei /etc/apt/sources.list aufspüren
# apt-get --no-download update
E: Typ »debhttp://deb.debian.org/debian/« in Zeile 1 der Quellliste /etc/apt/sources.list ist unbekannt.
E: Die Liste der Quellen konnte nicht gelesen werden.
#
apt-get indextargets

Gedacht ist das Unterkommando als Schnittstelle für externe Werkzeuge, die mit APT arbeiten. Gemäß Manpage zu apt-get zeigt es damit "eine Liste im Deb822-Format mit Informationen über alle Datendateien (auch als Indexziele bekannt) an, die apt-get update herunterladen würde." Das gelingt nur, wenn die Datei keine groben Fehler beinhaltet, bspw. fehlende Leerzeichen zwischen dem Pakettyp und dem Paketmirror. Fehlerhafte Angaben in Distributionsbereichen kann es nicht aufspüren, ignoriert dann aber den gesamten Eintrag.

Zusätzlich "unterstützt [apt-get] eine --format-Option, um das Ausgabeformat zu ändern und auch um Zeilen der Standardausgabe zum Filtern der Datensätze zu akzeptieren."

Informationen zu den Paketquellen anzeigen (Auszug)
# apt-get indextargets

MetaKey: contrib/binary-amd64/Packages
ShortDesc: Packages
Description: http://deb.debian.org/debian bookworm-updates/contrib amd64 Packages
URI: http://deb.debian.org/debian/dists/bookworm-updates/contrib/binary-amd64/Packages
Filename: /var/lib/apt/lists/deb.debian.org_debian_dists_bookworm-updates_contrib_binary-amd64_Packages
Optional: no
KeepCompressed: no
Codename: bookworm-updates
Label: Debian
Origin: Debian
Suite: stable-updates
Trusted: yes
Version: 12-updates
Architecture: amd64
Base-URI: http://deb.debian.org/debian/dists/bookworm-updates/
By-Hash: yes
Component: contrib
CompressionTypes: xz bz2 lzma gz lz4 zst uncompressed
Created-By: Packages
DefaultEnabled: yes
Fallback-Of:
Identifier: Packages
KeepCompressedAs: lz4 zst gz xz bz2 lzma uncompressed
PDiffs: yes
Release: bookworm-updates
Repo-URI: http://deb.debian.org/debian/
Site: http://deb.debian.org/debian
Sourcesentry: /etc/apt/sources.list:9
Target-Of: deb

...
#

Um aus der Ausgabe die berücksichtigten Ressourcen herauszufiltern, bietet sich eine Kombination aus apt-get und grep wie folgt an:

Genutzte Paketquellen herausfiltern
# apt-get indextargets | grep Description
Description: http://deb.debian.org/debian bookworm/main Sources
Description: http://deb.debian.org/debian bookworm/contrib Sources
Description: http://deb.debian.org/debian bookworm/non-free-firmware Sources
Description: http://deb.debian.org/debian bookworm/main amd64 Packages
Description: http://deb.debian.org/debian bookworm/main i386 Packages
Description: http://deb.debian.org/debian bookworm/main Translation-de_DE
Description: http://deb.debian.org/debian bookworm/main Translation-de
Description: http://deb.debian.org/debian bookworm/main Translation-en
Description: http://deb.debian.org/debian bookworm/main amd64 Contents (deb)
Description: http://deb.debian.org/debian bookworm/main i386 Contents (deb)
...
#

1.5. Geeigneten Paketmirror auswählen

Zentraler Anlaufpunkt für netzbasierte Installationen sind die offiziellen Paketmirrors – auf deutsch auch Spiegelserver genannt – welche die Debianpakete für Sie bereithalten. Diese Paketmirrors sind weltweit verteilt und werden meist ehrenamtlich von einem Verantwortlichen für den jeweiligen Standort oder im Rahmen seiner administrativen Aufgaben vor Ort betreut. Viele Spiegelserver werden automatisch über neue Pakete informiert und abgeglichen und verfügen somit stets über den aktuellen Paketbestand.

Wir empfehlen Ihnen, bei der Auswahl eines Paketmirrors einen solchen zu bevorzugen, der eine möglichst kurze Entfernung zu ihrem Standort hat, mit hoher Verfügbarkeit glänzt und über eine gute Netzanbindung verfügt. Damit erhöht sich die Zuverlässigkeit ihrer Infrastruktur und insbesondere auch der Komponenten, die von externen Bestandteilen und Diensten abhängig sind.

Mit der oben beschriebenen, dezentralen Verteilung ist gewährleistet, dass Sie bei einem Ausfall oder der Nichtverfügbarkeit des von ihnen gewählten Paketmirrors problemlos auf eine adäquate Alternative zurückgreifen können, auch wenn diese netztechnisch etwas weiter von ihrem aktuellen Standort entfernt ist. Für die Infrastruktur des Debian-Projekts heißt das außerdem, dass sich die Anfrage- oder Netzlast auf unterschiedliche Mirrors und deren Standorte verteilt.

Für Sie bedeutet das im Alltag, dass sich neben der Verringerung der Ausfallwahrscheinlichkeit insbesondere die Bezugszeiten für Debianpakete erheblich verringern, da Sie nicht auf einen einzigen Spiegelserver angewiesen sind. Verwenden Sie einen Spiegelserver in ihrer Nähe, merken Sie das insbesondere dann, wenn größere Aktualisierungen erfolgen, bspw. bei einem Distributionswechsel oder -upgrade (siehe [pakete-aktualisieren-dist-upgrade]).

Jeder Interessierte kann einen solchen Paketmirror betreiben. Wie Sie diesen einrichten, erfahren Sie unter „Einen eigenen APT-Mirror aufsetzen“ in [eigenen-apt-mirror-aufsetzen].

1.5.1. Paketmirror bei Debian

Das Debian-Projekt pflegt eine offizielle Liste seiner Paketmirrors [Debian-Spiegel-Liste]. Diese Liste ist in primäre und sekundäre Mirrors gegliedert.

Primäre Mirrors sind dabei als zentrale, stets aktuelle Bezugspunkte mit hoher Last ausgelegt. Neben einer guten Netzanbindung bieten diese auch eine hohe Verfügbarkeit. Sie werden automatisch aktualisiert, sofern es Änderungen im Debian-Projekt bzw. dessen Paketarchiv gibt. Ein Mirror dieser Kategorie ist nach dem folgenden Namensschema erreichbar:

ftp.Länderkennung.debian.org

Die Länderkennung richtet sich nach dem ISO-Namensschema. Für Deutschland ist das de, für Österreich at und für die Schweiz ch. Der deutsche primäre Paketmirror ist somit unter ftp.de.debian.org erreichbar, der österreichische unter ftp.at.debian.org und der schweizerische unter ftp.ch.debian.org.

Primäre Debian-Mirrors stehen häufig bei Internetprovidern oder Lehr- und Forschungseinrichtungen. Beispielsweise steht der primäre Schweizer Debian-Paketmirror ftp.ch.debian.org an der ETH Zürich und einer der Debian-Paketmirrors für Deutschland an der TU Dresden.

Sekundäre Mirrors unterscheiden sich dahingehend von primären Mirrors, dass nicht garantiert ist, dass das volle Spektrum an Debianpaketen und Architekturen (siehe [debian-architekturen]) geboten wird. Hintergrund kann bspw. eine Begrenzung des verfügbaren Speicherplatzes auf dem Server sein. Das bedeutet jedoch nicht zwangsläufig, dass dieser Mirror schlechter erreichbar sein muss. Im deutschsprachigen Raum betreiben entsprechende Paketmirrors bspw. die Uni Erlangen, die TU Graz und SWITCH, das Schweizer Hochleistungsnetzwerk für die Wissenschaft [SWITCH].

Für jeden Paketmirror existiert eine Beschreibung, die diesen genauer klassifiziert. Dazu gehört z.B. die URL, der Aliasname, der Typ des Paketmirrors, die darüber verfügbaren Architekturen (siehe [debian-architekturen]) sowie die Informationen zum genauen Standort, zum Betreuer bzw. Betreiber und der Anbindung (IPv4 oder IPv6). Nachfolgender Auszug zeigt die Details für den Paketmirror ftp.de.debian.org, der an der TU Dresden beheimatet ist. Die Auswahl des Mirrors erfolgte daher, weil dieser den vollen Leistungsumfang bietet — von diesem Mirror bekommen Sie das ganze Debian-Spektrum.

Informationen zum Paketmirror ftp.de.debian.org (TU Dresden)
Site: ftp.de.debian.org
Alias: ftp1.de.debian.org
Alias: debian.inf.tu-dresden.de
Type: Push-Primary
Archive-architecture: amd64 armel armhf hurd-i386 i386 ia64 kfreebsd-amd64 kfreebsd-i386 mips mipsel powerpc s390 s390x sparc
Archive-ftp: /debian/
Archive-http: /debian/
Archive-rsync: debian/
Archive-upstream: ftp-master.debian.org
Archive-method: push
Backports-ftp: /debian-backports/
Backports-http: /debian-backports/
Backports-rsync: debian-backports/
Backports-upstream: syncproxy3.eu.debian.org
Backports-method: push
CDImage-ftp: /debian-cd/
CDImage-http: /debian-cd/
CDImage-rsync: debian-cd/
Old-ftp: /debian-archive/
Old-http: /debian-archive/
Old-rsync: debian-archive/
Volatile-ftp: /debian-volatile/
Volatile-http: /debian-volatile/
Volatile-rsync: debian-volatile/
Volatile-upstream: kassia.debian.org
Ports-architecture: alpha arm64 hppa m68k powerpcspe ppc64 sh4 sparc64 x32
Ports-ftp: /debian-ports/
Ports-http: /debian-ports/
Ports-rsync: debian-ports/
Ports-upstream: ftp.debian-ports.org
Country: DE Germany
Location: Dresden
Sponsor: Technical University of Dresden, Dept. of Computer Science http://www.inf.tu-dresden.de/
Comment: DFN
IPv6: no

1.5.2. Paketmirror für andere Distributionen

Für die anderen deb-basierten Distributionen sieht das ähnlich wie bei Debian aus. Eine aktuelle Liste finden Sie auf der Webseite der jeweiligen Distribution, bei Ubuntu hingegen im Entwicklerportal [Ubuntu-Mirrors]. In [fig.linuxmint-mirrors] sehen Sie die Zusammenstellung für die Distribution Linux Mint.

werkzeuge/paketquellen-und-werkzeuge/linuxmint-mirrors.png
Abbildung 16. Auswahl der Paketmirror für Linux Mint

1.5.3. Pakete ohne Paketmirror beziehen

Steht Ihnen lediglich ein Zugang über einen Webbrowser zur Verfügung, sind Sie trotzdem nicht vom Paketarchiv abgeschnitten. Unter dem Abschnitt „Browserbasierte Suche“ in [browserbasierte-suche] erfahren Sie, wie Sie die benötigten Pakete mit Hilfe ihres Webbrowsers recherchieren, vom Paketmirror beziehen und sauber unter Beachtung der Paketabhängigkeiten auf ihrem System installieren. Unter „Webbasierte Programme“ in [webbasierte-programme] stellen wir Ihnen weitere clevere Lösungen zur webbasierten Paketverwaltung für verschiedene Linux-Distributionen vor.

1.6. Am besten erreichbaren Paketmirror finden

Jeder Paketmirror hat eine spezifische Leistungsfähigkeit, die sich an den drei Kriterien Netzanbindung, Hardwareausstattung und Grundlast messen lässt. Auf die ersten beiden Merkmale haben Sie von außen als Nutzer keinen Einfluss, auf den dritten nur bedingt. Leistungsfähigere Paketmirror werden in der Regel auch häufiger nachgefragt.

Über die Einträge in der Datei /etc/apt/sources.list (siehe [etc-apt-sources.list-verstehen]) steuern Sie, welchen verfügbaren Paketmirror Sie benutzen, um den Softwarebestand auf ihrem System aktuell zu halten. Je leistungsfähiger der von Ihnen gewählte Paketmirror ist, umso weniger Zeit benötigen Sie im Endeffekt, um die lokale Aktualisierung vorzubereiten und durchzuführen.

Anstatt diese Schritte aufwendig über die Kombination einzelner Werkzeuge wie ping oder traceroute zu ermitteln, sind hier die beiden Programme netselect [Debian-Paket-netselect] und netselect-apt [Debian-Paket-netselect-apt] die besseren Mittel der Wahl. Damit finden Sie den Paketmirror heraus, der netztechnisch von ihrem aktuellen Standort aus am besten erreichbar ist, sprich: Ihnen die geringste Bezugszeit für Pakete ermöglicht.

1.6.1. netselect und netselect-apt

Die beiden Programme netselect und netselect-apt überprüfen den von Ihnen benannten Spiegelserver anhand von mehreren Kriterien. Dazu gehört primär die grundsätzliche Erreichbarkeit über das Netzwerk, die Pingzeit – d.h. wieviel Zeit benötigt ein Netzwerkpaket vom Paketmirror zu Ihrem Computer – , sowie die Verlustrate der Netzwerkpakete vom Spiegelserver zu Ihnen. Gleichzeitig wird die Anzahl der Zwischenknoten von Ihrem Computer zum Spiegelserver gezählt, auch genannt Hops. Bevorzugt werden lokale Paketmirrors, was sich auch im daraus errechneten Zahlenwert niederschlägt. Je kleiner der ermittelte Wert ist, umso besser ist das für Sie.

Zwischen netselect und netselect-apt bestehen die folgenden Unterschiede:

  • netselect gibt nur den ermittelten Zahlenwert für den evaluierten Spiegelserver aus.

  • netselect-apt erzeugt eine Datei namens sources.list in dem Verzeichnis, in welchem Sie netselect-apt aufrufen. netselect-apt überschreibt dabei die Datei /etc/apt/sources.list nicht von sich aus. Die generierte Datei beinhaltet die besten gefundenen Spiegelserver und kann von Ihnen danach als neue Liste der Paketquellen benutzt werden. Dazu kopieren Sie die generierte Datei sources.list in das Verzeichnis /etc/apt/.

  • netselect-apt ist nicht (mehr) für Ubuntu paketiert [netselect-apt-ubuntu]. Es steht für Debian zur Verfügung und funktioniert zuverlässig in allen Debian-Versionen.

Anmerkung
Aktualisierung der Liste der Paketquellen

Zu Änderungen an den Paketquellen beachten Sie bitte auch unsere Hinweise unter „/etc/apt/sources.list verstehen“ in [etc-apt-sources.list-verstehen]. Wir raten Ihnen dazu, die neue Liste der Paketquellen zuerst lokal zu erstellen und danach manuell in das Verzeichnis /etc/apt/ zu verschieben.

Paketquellen nach Pingzeiten und Entfernung auswählen

netselect und netselect-apt akzeptieren beim Aufruf eine Menge verschiedener Schalter und Parameter. Stets anzugeben ist mindestens ein Spiegelserver, der zu testen ist. Geben Sie hingegen eine ganze Liste an, werden alle daraus nacheinander überprüft. Die nachfolgende Ausgabe zeigt das Ergebnis für fünf angefragte Paketmirrors.

Aufruf von netselect mit fünf verschiedenen Paketmirrors
# netselect -v ftp.debian.org http.us.debian.org ftp.at.debian.org download.unesp.br ftp.debian.org.br
netselect: unknown host ftp.debian.org.br
Running netselect to choose 1 out of 8 addresses.
...............................................................
   73 ftp.debian.org
#

Mit dem zusätzlichen Schalter -v regeln Sie die Ausführlichkeit der Ausgabe. Ohne den Schalter geben beide Programme nur den Paketmirror aus, der den besten Wert hat, mit -vv bzw. -vvv oder sogar -vvvv entsprechend mehr Details.

Etwas ausführlichere Ausgabe zu den Paketmirrors
# netselect -vv ftp.debian.org http.us.debian.org ftp.at.debian.org download.unesp.br ftp.debian.org.br
netselect: unknown host ftp.debian.org.br
Running netselect to choose 1 out of 8 addresses.
...............................................................
128.61.240.89          141 ms   8 hops   88% ok ( 8/ 9) [  284]
ftp.debian.org          41 ms   8 hops  100% ok (10/10) [   73]
128.30.2.36            118 ms  19 hops  100% ok (10/10) [  342]
64.50.233.100          112 ms  14 hops   66% ok ( 2/ 3) [  403]
64.50.236.52           133 ms  15 hops  100% ok (10/10) [  332]
ftp.at.debian.org       47 ms  13 hops  100% ok (10/10) [  108]
download.unesp.br      314 ms  10 hops   75% ok ( 3/ 4) [  836]
ftp.debian.org.br     9999 ms  30 hops    0% ok
   73 ftp.debian.org
#

In der Ausgabe erscheinen die IP-Adresse bzw. der Hostname (Spalte 1), nachdem aufgelöst wird, die durchschnittliche Paketlaufzeit (Spalte 2), die Anzahl der Zwischenknoten (Spalte 3) sowie die Verlustrate der Pakete auf dem Transportweg (Spalte 4 bis 6). Die Angabe ok besagt dabei, dass der Paketmirror über das Netz erreichbar ist. Die Angabe 9999ms für die Paketlaufzeit besagt hingegen, dass der Paketmirror zum Testzeitpunkt leider nicht erreichbar war.

Die Werte in den runden Klammern in Spalte 6 zeigen, wie der Prozentwert der Verlustrate der Pakete in Spalte 4 zustandekam. Dieser basiert auf der Anzahl Pakete, die der Paketmirror als empfangen bestätigt hat, jeweils gegenübergestellt der Anzahl gesendeter Pakete. Die Zahl in den eckigen Klammern am Ende jeder ausgegebenen Zeile (Spalte 7) ist der Wert, den netselect für den jeweiligen Paketmirror ermittelt hat.

Noch mehr Informationen zu den Paketmirrors
# netselect -vvv ftp.debian.org http.us.debian.org ftp.at.debian.org download.unesp.br ftp.debian.org.br
netselect: unknown host ftp.debian.org.br
Running netselect to choose 1 out of 8 addresses.
128.30.2.36            122 ms   15 hops - HIGHER
64.50.233.100          112 ms   15 hops - OK
ftp.at.debian.org       49 ms   15 hops - OK
min_lag is now 49
64.50.236.52           140 ms   15 hops - OK
ftp.debian.org          42 ms   15 hops - OK
min_lag is now 42
ftp.at.debian.org       48 ms    8 hops - HIGHER
128.30.2.36            117 ms   23 hops - OK
ftp.debian.org          41 ms    8 hops - OK
min_lag is now 41
64.50.233.100          112 ms    8 hops - HIGHER
64.50.236.52           112 ms    8 hops - HIGHER
ftp.debian.org          28 ms    4 hops - HIGHER
ftp.at.debian.org       49 ms   12 hops - HIGHER
ftp.debian.org          38 ms    6 hops - HIGHER
ftp.at.debian.org       48 ms   14 hops - OK
128.30.2.36            119 ms   19 hops - OK
64.50.233.100          113 ms   12 hops - HIGHER
ftp.debian.org          53 ms    7 hops - HIGHER
ftp.at.debian.org       49 ms   13 hops - OK
64.50.236.52           114 ms   12 hops - HIGHER
ftp.debian.org          42 ms    8 hops - OK
download.unesp.br      306 ms   15 hops - OK
ftp.at.debian.org       48 ms   13 hops - OK
ftp.debian.org          42 ms    8 hops - OK
ftp.at.debian.org       49 ms   13 hops - OK
64.50.233.100          114 ms   14 hops - OK
128.30.2.36            118 ms   17 hops - HIGHER
ftp.debian.org          42 ms    8 hops - OK
64.50.236.52           138 ms   14 hops - HIGHER
ftp.at.debian.org       49 ms   13 hops - OK
ftp.debian.org          41 ms    8 hops - OK
ftp.at.debian.org       49 ms   13 hops - OK
ftp.debian.org          41 ms    8 hops - OK
128.30.2.36            119 ms   18 hops - HIGHER
ftp.debian.org          43 ms    8 hops - OK
ftp.at.debian.org       48 ms   13 hops - OK
64.50.236.52           132 ms   15 hops - OK
ftp.debian.org          43 ms    8 hops - OK
ftp.at.debian.org       48 ms   13 hops - OK
ftp.debian.org          42 ms    8 hops - OK
128.30.2.36            118 ms   19 hops - OK
ftp.at.debian.org       48 ms   13 hops - OK
download.unesp.br      313 ms    8 hops - HIGHER
64.50.236.52           134 ms   15 hops - OK
128.30.2.36            122 ms   19 hops - OK
64.50.236.52           133 ms   15 hops - OK
128.30.2.36            129 ms   19 hops - OK
download.unesp.br      307 ms   12 hops - OK
64.50.236.52           140 ms   15 hops - OK
128.30.2.36            124 ms   19 hops - OK
64.50.236.52           133 ms   15 hops - OK
128.30.2.36            117 ms   19 hops - OK
128.30.2.36            117 ms   19 hops - OK
64.50.236.52           134 ms   15 hops - OK
download.unesp.br      308 ms   10 hops - OK
128.30.2.36            118 ms   19 hops - OK
64.50.236.52           134 ms   15 hops - OK
128.30.2.36            118 ms   19 hops - OK
64.50.236.52           133 ms   15 hops - OK
download.unesp.br      305 ms    9 hops - HIGHER
64.50.236.52           131 ms   15 hops - OK


download.unesp.br      307 ms  10 hops   75% ok ( 3/ 4) [  818]
128.30.2.36            119 ms  19 hops  100% ok (10/10) [  345]
64.50.233.100          113 ms  14 hops   66% ok ( 2/ 3) [  405]
64.50.236.52           134 ms  15 hops  100% ok (10/10) [  335]
128.61.240.89         9999 ms  30 hops    0% ok
ftp.at.debian.org       48 ms  13 hops  100% ok (10/10) [  110]
ftp.debian.org          41 ms   8 hops  100% ok (10/10) [   73]
ftp.debian.org.br     9999 ms  30 hops    0% ok
   73 ftp.debian.org
#

Ergebnis des obigen Aufrufs ist eine Empfehlung für einen der Paketmirrors, die Sie im Aufruf benannt haben. Dieser Paketmirror ist von ihrem Standort aus derzeit am besten erreichbar. Das ermittelte Ergebnis schwankt und hängt stets von der aktuellen Netzauslastung ab.

Die Empfehlung und der ermittelte Zahlenwert stehen in der letzten Zeile der Ausgabe und zeigen hier den Wert 73 für den Server ftp.debian.org. Die angegebene Zahl errechnet sich aus den bereits zu Beginn genannten Kriterien und ist vergleichbar mit einem Punktwert, hat jedoch offiziell keine Einheit. Je höher der Wert ist, umso schlechter ist der Paketmirror von Ihrem aktuellen Standort im Netz zu erreichen.

Anzahl der Hops begrenzen

Die Auswahl des Paketmirrors läßt sich auch von der Anzahl der Zwischenknoten (Hops) abhängig machen. netselect kennt dazu den Schalter -m gefolgt von der Anzahl der Zwischenknoten. Nachfolgende Ausgabe zeigt das für den Server ftp.at.debian.org. Die Ausgabe ist sortiert, d.h. der Paketmirror mit den wenigsten Hops steht ganz oben in der Liste.

Paketmirror mit den wenigsten Zwischenknoten
# netselect -m 10 -vvv ftp.at.debian.org
Running netselect to choose 1 out of 1 address.
ftp.at.debian.org                       33 ms    5 hops - HIGHER
ftp.at.debian.org                       51 ms    8 hops - HIGHER
ftp.at.debian.org                       51 ms    9 hops - HIGHER
ftp.at.debian.org                       47 ms   10 hops - OK
min_lag is now 47
ftp.at.debian.org                       49 ms   10 hops - OK
ftp.at.debian.org                       48 ms   10 hops - OK
ftp.at.debian.org                       56 ms   10 hops - OK
ftp.at.debian.org                       49 ms   10 hops - OK
ftp.at.debian.org                       48 ms   10 hops - OK
ftp.at.debian.org                       48 ms   10 hops - OK
ftp.at.debian.org                       48 ms   10 hops - OK
ftp.at.debian.org                       48 ms   10 hops - OK
ftp.at.debian.org                       48 ms   10 hops - OK


ftp.at.debian.org                       48 ms  10 hops  100% ok (10/10) [   96]
   96 ftp.at.debian.org
#
Einen geschützten Paketmirror abfragen

Ist der Paketmirror beispielweise von einer Firewall geschützt und diese blockiert UDP-Pakete, kann die Option -I von größerem Nutzen sein. Damit sendet netselect zur Abfrage stattdessen ICMP-Pakete und umgeht das Hindernis. Das Ergebnis sehen Sie in der nachfolgenden Ausgabe:

Paketmirror mit ICMP-Paketen abfragen
# netselect -I -vvv ftp.de.debian.org
Running netselect to choose 1 out of 1 address.
ftp.de.debian.org            37 ms   15 hops - OK
min_lag is now 37
ftp.de.debian.org            36 ms    8 hops - OK
min_lag is now 36
ftp.de.debian.org            27 ms    4 hops - HIGHER
ftp.de.debian.org            36 ms    6 hops - HIGHER
ftp.de.debian.org            36 ms    7 hops - OK
ftp.de.debian.org            36 ms    7 hops - OK
ftp.de.debian.org            36 ms    7 hops - OK
ftp.de.debian.org            36 ms    7 hops - OK
ftp.de.debian.org            36 ms    7 hops - OK
ftp.de.debian.org            36 ms    7 hops - OK
ftp.de.debian.org            37 ms    7 hops - OK
ftp.de.debian.org            38 ms    7 hops - OK


ftp.de.debian.org            36 ms   7 hops  100% ok (10/10) [   61]
   61 ftp.de.debian.org
#
Liste der Paketquellen mit netselect-apt generieren lassen

Wie bereits in [netselect-und-netselect-apt] angesprochen, erzeugt netselect-apt eine Datei sources.list im aktuellen Verzeichnis. Es verfügt zudem über den Schalter -o (Langform --outfile), mit dem Sie die entsprechende Ausgabedatei angeben und eine passende Liste darin generieren lassen. netselect-apt akzeptiert für die Wahl der Veröffentlichung auch Angaben wie stable oder unstable, aber auch die Alternativnamen der Veröffentlichung wie Bookworm oder Sid (siehe „Veröffentlichungen“ in [veroeffentlichungen]).

Insgesamt kennt netselect-apt diese Schalter zur Steuerung der Liste:

-a (Langform --arch)

Erzeugung der Liste für die angegebene Prozessorarchitektur. Eine Übersicht zu den von Debian unterstützten Architekturen finden Sie unter „Debian-Architekturen“ in [anhang-debian-architekturen]. Geben Sie keinen Wert an, benutzt netselect-apt den Wert, den dpkg als Architektur zurückliefert.

-c (Langform --country)

Die Einträge kommen nur aus dem angegebenen Land.

-f (Langform --ftp)

Benutze FTP-Quellen anstatt von HTTP-Quellen.

-n (Langform --nonfree)

Ergänzung der Einträge um den Distributionsbereich nonfree (siehe „Distributionsbereiche“ in [distributionsbereiche]).

-o (Langform --outfile)

Speichere die erzeugte Liste in der angegebenen Datei.

-s (Langform --sources)

zusätzliche Erzeugung von Einträgen für den Bezug von Quellpaketen (siehe „Sourcepakete“ in [sourcepakete] und „Einträge für Quellpakete“ in [eintraege-fuer-quellpakete]).

Im nachfolgenden Beispiel kommt zunächst lediglich der Schalter -o test.list zum Einsatz. netselect-apt erzeugt die Liste der ermittelten Paketmirrors in der Datei test.list im lokalen Verzeichnis.

Speicherung der ermittelten Paketmirrors in einer separaten Datei
# netselect-apt stable -o test.list
Using distribution stable.
Retrieving the list of mirrors from www.debian.org...

--2014-02-13 14:55:02--  http://www.debian.org/mirror/mirrors_full
Auflösen des Hostnamen »www.debian.org (www.debian.org)«... 5.153.231.4, 130.89.148.14, 2001:610:1908:b000::148:14, ...
Verbindungsaufbau zu www.debian.org (www.debian.org)|5.153.231.4|:80... verbunden.
HTTP-Anforderung gesendet, warte auf Antwort... 200 OK
Länge: 338381 (330K) [text/html]
In »»/tmp/netselect-apt.WrCIoS«« speichern.

100%[============================================================>] 338.381      959K/s   in 0,3s

2014-02-13 14:55:03 (959 KB/s) - »»/tmp/netselect-apt.WrCIoS«« gespeichert [338381/338381]

Choosing a main Debian mirror using netselect.
netselect: 347 (23 active) nameserver request(s)...
Duplicate address 218.100.43.30 (http://ftp.au.debian.org/debian/, http://mirror.waia.asn.au/debian/); keeping only under first name.
netselect: 343 (23 active) nameserver request(s)...
Duplicate address 195.222.33.229 (http://ftp.ba.debian.org/debian/, http://mirror.debian.com.ba/debian/); keeping only under first name.
...
Running netselect to choose 10 out of 333 addresses.
...
The fastest 10 servers seem to be:

        http://artfiles.org/debian/
        http://ftp.plusline.de/debian/
        http://ftp5.gwdg.de/pub/linux/debian/debian/
        http://debian.netcologne.de/debian/
        http://ftp.uni-erlangen.de/debian/
        http://deb-mirror.de/debian/
        http://mirror.de.leaseweb.net/debian/
        http://mirror.1und1.de/debian/
        http://deb-mirror.de/debian/
        http://ftp.uni-bayreuth.de/debian/

Of the hosts tested we choose the fastest valid for HTTP:
        http://artfiles.org/debian/

Writing test.list.
Done.
#

Das zweite Beispiel kommt aus dem Alltag. Wir kombinieren die vier Schalter -c, -t, -n und -a, um die besten fünf Paketmirror für die Architektur amd64 in Frankreich zu finden:

Ermittlung der besten fünf Paketmirror
# netselect-apt -c france -t 5 -a amd64 -n stable
Using distribution stable.
Retrieving the list of mirrors from www.debian.org...

--2019-01-09 11:47:21--  http://www.debian.org/mirror/mirrors_full
Auflösen des Hostnamen »www.debian.org (www.debian.org)«... 130.89.148.14, 5.153.231.4, 2001:41c8:1000:21::21:4, ...
Verbindungsaufbau zu www.debian.org (www.debian.org)|130.89.148.14|:80... verbunden.
HTTP-Anforderung gesendet, warte auf Antwort... 302 Found
Platz: https://www.debian.org/mirror/mirrors_full[folge]
--2019-01-09 11:47:22--  https://www.debian.org/mirror/mirrors_full
Verbindungsaufbau zu www.debian.org (www.debian.org)|130.89.148.14|:443... verbunden.
HTTP-Anforderung gesendet, warte auf Antwort... 200 OK
Länge: 189770 (185K) [text/html]
In »»/tmp/netselect-apt.Kp2SNk«« speichern.

/tmp/netselect-apt.Kp2SNk     100%[================================================>] 185,32K  1,19MB/s   in 0,2s

2019-01-09 11:47:22 (1,19 MB/s) - »»/tmp/netselect-apt.Kp2SNk«« gespeichert [189770/189770]

Choosing a main Debian mirror using netselect.
(will filter only for mirrors in country france)
netselect: 19 (19 active) nameserver request(s)...
Duplicate address 212.27.32.66 (http://debian.proxad.net/debian/, http://ftp.fr.debian.org/debian/); keeping only under first name.
Running netselect to choose 5 out of 18 addresses.
..................................................................................................................................
The fastest 5 servers seem to be:

        http://debian.proxad.net/debian/
        http://debian.mirror.ate.info/
        http://debian.mirrors.ovh.net/debian/
        http://ftp.rezopole.net/debian/
        http://mirror.plusserver.com/debian/debian/

Of the hosts tested we choose the fastest valid for HTTP:
        http://debian.proxad.net/debian/

Writing sources.list.
Done.
#

Die von netselect-apt erzeugte Datei enthält neben den Paketmirrors auch eine ganze Reihe Kommentare. Diese helfen Ihnen dabei, zu verstehen, wofür jeder einzelne Eintrag gedacht ist.

Inhalt der automatisch generierten Liste der Paketmirrors
# Debian packages for stable
deb http://artfiles.org/debian/ stable main contrib
# Uncomment the deb-src line if you want 'apt-get source'
# to work with most packages.
# deb-src http://artfiles.org/debian/ stable main contrib

# Security updates for stable
deb http://security.debian.org/ stable-security main contrib
netselect und netselect-apt im Alltagseinsatz

Aus unserer Sicht lohnt sich der Aufruf von netselect bzw. netselect-apt bei stationären Systemen (Servern) mit fester Anbindung nur bedingt. Hilfreich ist das Vorgehen bspw. nach der ersten Einrichtung, einem Standortwechsel des Gerätes oder der Änderung der Infrastruktur, da letztere in der Regel häufig recht konstant ist. Bei Endsystemen an einem festen Ort raten wir Ihnen, die Werkzeuge nur interessehalber auszuprobieren, weil die Zugriffszeiten in diesem Kontext nicht immer eine so große Relevanz haben. Bei Systemen für die Infrastruktur wirkt sich die Optimierung hingegen meist weitaus stärker aus.

Bei mobilen Geräten sieht das hingegen deutlich anders aus. Mit Laptops oder Smartphones sind Sie variabler und den damit einhergehenden Schwankungen in der Netzanbindung stärker ausgesetzt. Auffällig wird die Anpassung dann, wenn Sie größere Entfernungen zurücklegen, bspw. ein Land oder einen Kontinent gewechselt haben.

1.7. Automatisiertes Auswählen von Paketquellen

1.7.1. DNS Round Robin

In den meisten Fällen gibt es zu einem Servernamen genau eine IP-Adresse (oder je eine IPv4- und eine IPv6-Adresse). Stärker in Anspruch genommene Dienste verteilen die Last aber oftmals auf mehr als eine Maschine. In solchen Fällen werden gerne mehr als eine IP-Adresse pro Servernamen zurückgegeben. Daraufhin wählt das Programm, welches eine Verbindung aufbauen möchte, willkürlich eine der zur Auswahl stehenden IP-Adressen aus. Auf diese Weise kann die Last zwischen mehreren (identisch konfigurierten) Servern aufgeteilt werden.

Ein bekanntes Beispiel eines solchen Falles im Kontext von Debian Paketspiegeln ist ftp.us.debian.org. Aufgrund der Größe der USA wird die Last des dortigen primären Debian-Paketmirrors auf drei Server aufgeteilt.

IP-Verteilung des primären Debian-Paketmirrors für die USA
$ host ftp.us.debian.org
ftp.us.debian.org has address 64.50.236.52
ftp.us.debian.org has address 128.61.240.89
ftp.us.debian.org has address 64.50.233.100
ftp.us.debian.org has IPv6 address 2610:148:1f10:3::89
$

Auch wenn es vier IP-Adressen sind, handelt es sich jedoch nur um drei Server. Sowohl die IPv6-Adresse 2610:148:1f10:3::89, als auch die IPv4-Adresse 128.61.240.89 gehören zum Server debian.gtisc.gatech.edu.

1.7.2. Paketquellen über GeoIP auswählen

Bei diesem Verfahren wird einer IP-Adresse ein geographischer Standort zugeordnet. Die Genauigkeit dieser Funktion schwankt je nach Internet-Anbieter, Datenbank und eingesetztem Verfahren.

Zu beachten ist dabei, dass der angegebene Standort nicht notwendigerweise dem tatsächlichen Standort des Rechners mit dieser IP-Adresse entspricht. Meistens ist das der Standort des Providers, von dem Sie diese IP-Adresse bezogen haben bzw. der diese IP-Adresse vergeben hat.

werkzeuge/paketquellen-und-werkzeuge/geoiptool.png
Abbildung 17. Standortlokalisierung über das GeoIP Tool [geoiptool]

Eine Offline-Zuordnung ermöglicht beispielsweise das Paket geoip-database [Debian-Paket-geoip-database]. Es enthält eine entsprechende Datenbank mit stets bestehenden, festen IP-Adressen. Darüberhinaus existieren jedoch auch deutlich exaktere Alternativen.

Diese Funktionalitat lässt sich nutzen, um anhand der anfragenden IP-Adresse automatisiert einen geographisch nahen Paketmirror zu finden. Bei Debian ist dies an mehreren Stellen im Einsatz.

1.7.3. Per CDN

CDN steht für "Content Distribution Network" und beschreibt einen Service, der über die Welt verteilt viele Server stehen hat und je nach Qrt der Anfrage ein anderer Server kontaktiert wird. Die Verteilung auf verschiedene Server passiert dabei auf unterschiedliche Weisen. Mal antwortet unter der selben IP-Adresse ein anderer Server und die Verteilung wird per Routing gelöst. Mal kommt je nach Ort der DNS-Anfrage eine andere IP-Adresse als DNS-Antwort zurück.

Die Sicherheitsaktualisierungen von Debian kommen nicht über das normale Spiegelnetzwerk, welches regulär nur alle sechs Stunden aktualisiert wird. Stattdessen besteht ein separates Spiegelnetzwerk unter dem Hostnamen security.debian.org, das nur nach Bedarf aktualisiert wird. Dieses Spiegelnetzwerk verwendet schon seit längerem ein CDN.

Seit einigen Jahren ist aber auch die Standard-Einstellung in der sources.list-Datei von Debian der Hostname deb.debian.org, der auch wiederum auf ein CDN zeigt, zur Zeit auf das CDN von Fastly [debian-partners-fastly].

Eine DNS-Anfrage auf diesen Hostnamen aus der Schweiz sieht so aus:

$ host deb.debian.org
deb.debian.org is an alias for debian.map.fastlydns.net.
debian.map.fastlydns.net has address 146.75.122.132
debian.map.fastlydns.net has IPv6 address 2a04:4e42:8e::644

Eine DNS-Anfrage aus Schweden dagegen anders:

$ host deb.debian.org
deb.debian.org is an alias for debian.map.fastlydns.net.
debian.map.fastlydns.net has address 199.232.18.132
debian.map.fastlydns.net has IPv6 address 2a04:4e42:41::644

1.7.4. Automatische Paketmirror-Auswahl per Mirror-Liste

APT kann seit Version 0.8 (ca. Ende 2010, ab Debian 6 Squeeze und Ubuntu 10.10 Maverick Meerkat) über das Schlüsselwort mirror in der Datei /etc/apt/sources.list seine Paketquelle aus einer Liste von Paketspiegeln aussuchen [Vogt-Apt-Mirror].

Offizielle Mirror-Listen im passenden Format gibt es bisher jedoch nur von Ubuntu. Für Ubuntu 12.04 LTS Precise Pangolin sieht der Eintrag für generell gut erreichbare Paketmirrors wie folgt aus:

deb mirror://mirrors.ubuntu.com/mirrors.txt precise main restricted universe multiverse

In diesem Fall wird z.B. beim Aufruf von apt-get update zunächst die Mirror-Liste unter http://mirrors.ubuntu.com/mirrors.txt heruntergeladen. In dieser Datei stehen die Basis-URLs mehrerer Paketquellen. Danach sucht sich APT per Zufall eine der dieser Paketquellen aus und lädt von dort die spezifizierten Paketlisten herunter.

Clientseitig nutzt dieses Verfahren keinerlei GeoIP-Informationen, sondern wählt pro Maschine einen zufälligen Paketspiegel aus. Zunächst deutet o.g. URL auf eine simple Textdatei hin. Diese Datei wird jedoch bei jedem Aufruf automatisch neu generiert und — ähnlich wie die Weiterleitungen beim Debian Redirector — je nach anfragender IP dynamisch mit URLs anderer Spiegel gefüllt. Laden Sie diese Datei aus der Schweiz herunter, kann sie z.B. so aussehen:

http://ubuntu.ethz.ch/ubuntu/
http://archive.ubuntu.csg.uzh.ch/ubuntu/
http://mirror.switch.ch/ftp/mirror/ubuntu/
http://archive.ubuntu.com/ubuntu/

Aus Österreich sieht die Liste dagegen z.B. so aus:

http://ubuntu.lagis.at/ubuntu/
http://ubuntu.inode.at/ubuntu/
http://ubuntu.uni-klu.ac.at/ubuntu/
http://gd.tuwien.ac.at/opsys/linux/ubuntu/archive/
http://archive.ubuntu.com/ubuntu/

Erfragen Sie die Liste in Deutschland oder Frankreich, kommen sogar noch deutlich mehr Paketspiegel zur Auswahl. Eine Abfrage von einem Server, der bei dem deutschen Internetdienstleister Hetzner gehostet wird, ergab 34 aufgelistete Paketspiegel
[Um keine unübersichtlich langen Beispiele abzudrucken, wurden hier absichtlich die beiden Beispiele aus dem deutschsprachigen Raum gewählt, die relativ kurze Listen ergeben.]
.

Auffällig ist allerdings, dass als letzter Paketmirror in dieser Liste jeweils immer auch noch archive.ubuntu.com angegeben wird. Unter diesem Hostnamen sind per DNS Round Robin wiederum zur Zeit sechs verschiedene Server von Canonical erreichbar.

Alternativ zum dynamisch generierten mirrors.txt können Sie bei Ubuntu auch eine Paketspiegel-Liste per Land angeben. Für Deutschland gibt es eine Liste von deutschen Ubuntu-Paketspiegeln unter http://mirrors.ubuntu.com/DE.txt. Diese verwenden Sie z.B. für Ubuntu 14.04 LTS Trusty Tahr wie folgt in der /etc/apt/sources.list:

deb mirror://mirrors.ubuntu.com/DE.txt trusty main restricted universe multiverse

Wenn Sie möchten, können Sie dieses Feature von APT natürlich auch nutzen, um eine Liste ihrer favorisierten Paketspiegel selbst zusammenzustellen — auch unter Debian.

Unter https://www.debian-paketmanagement.de/hetzner-mirrors.txt haben wir z.B. eine Liste von Paketspiegeln für Debian erstellt, die alle bei dem deutschen Internetdienstleister Hetzner gehostet sind (ohne Gewähr) und somit für andere ebenfalls dort gehostete Server nicht mit ins Trafficvolumen zählen. Der passende Eintrag in der /etc/apt/sources.list sind dann so aus:

deb mirror://www.debian-paketmanagement.de/hetzner-mirrors.txt wheezy main contrib non-free

1.7.5. Welcher Paketmirror wird schlussendlich benutzt?

Egal, ob Sie eine der o.g. Methoden zur automatischen Auswahl des Paketspiegels verwendet haben oder ob Sie einen bestimmten Hostnamen in ihrer /etc/apt/sources.list eingetragen haben — oft stellt sich die Frage: Von welchem Paketspiegel bezieht APT denn nun die Paketlisten und Pakete tatsächlich? APT gibt diese Information leider nicht allzu leicht preis.

Falls einem der schlussendlich verwendeten Hostnamen mehr als eine IP zugewiesen ist, wird eine davon zufällig ausgewählt. APT und aptitude verwenden diese IP-Adresse intern, zeigen sie aber erst dann an, wenn Sie eines der Programme zur Paketverwaltung benutzen und die zusätzliche Option -o Debug::pkgAcquire::Worker=true verwenden. Damit wird APT sehr gesprächig und zeigt en detail, welche Einstellungen es benutzt. In dem nachfolgendem Beispiel sehen Sie das auszugsweise bei der Installation des Pakets netselect-apt.

Informationen zum tatsächlich genutzten Paketmirror bei der Verwendung von apt-get
# apt-get -o Debug::pkgAcquire::Worker=true install netselect-apt
Reading package lists... Done
Building dependency tree
Reading state information... Done
The following extra packages will be installed:
  netselect
The following NEW packages will be installed:
  netselect netselect-apt
0 upgraded, 2 newly installed, 0 to remove and 4 not upgraded.
Starting method '/usr/lib/apt/methods/http'
...
  -> http:600%20URI%20Acquire%0aURI:%20http://ftp.ch.debian.org/debian/pool/main/n/netselect/netselect_0.3.ds1-25_amd64.deb%0aFilename:%20/var/cache/apt/archives/partial/netselect_0.3.ds1-25_amd64.deb%0a%0a
  <- http:102%20Status%0aURI:%20http://ftp.ch.debian.org/debian/pool/main/n/netselect/netselect_0.3.ds1-25_amd64.deb%0aMessage:%20Connecting%20to%20ftp.ch.debian.org%20(129.132.53.171)
...
#

Deutlich übersichtlicher ist jedoch die Demo-Seite des Debian Redirectors [Debian-Redirector]. Neben dem aktuellen Standort — hier Berlin — zeigt [fig.debian-net-demo] die ausgewählten Paketquellen als Hostname an.

werkzeuge/paketquellen-und-werkzeuge/debian-net-demo.png
Abbildung 18. Auswahl des Paketmirrors über den Debian Redirector [Debian-Redirector]

Weitere Ansatzpunkte zur Leistungsfähigkeit eines bestimmten Mirrors liefern Ihnen die Werkzeuge netselect bzw. netselect-apt. Beide Programme stellen wir unter Bandbreite zum Paketmirror testen in [am-besten-erreichbaren-paketmirror-finden] ausführlich vor.

1.8. apt-setup — Erstellung der Paketliste während der Installation

ToDo: Abschnitt veraltet?

Bei der Erst- oder Neuinstallation des Debian-Systems stellt der Debian Installer eine /etc/apt/sources.list zusammen, da diese ja bis dato noch nicht existiert. Bei der textbasierten Installation kommt das Programm apt-setup [Debian-Paket-apt-setup] zum Einsatz. Die Auswahl und Konfiguration der Paketquellen erfolgt dabei über diese schlichte Ncurses-Oberfläche.

Wichtig
Einschränkung zur Verwendung

Verwenden Sie dieses Programm nicht auf einem bereits installierten System — es ist nur für den Debian Installer gedacht. Daher beinhaltet der Paketname auch das Suffix -udeb (siehe Übergangs- und Metapakete in [uebergangs-und-metapakete]).

werkzeuge/paketquellen-und-werkzeuge/apt-setup.png
Abbildung 19. Auswahl der Paketquellen über apt-setup

1.9. Physische Installationsmedien mit apt-cdrom einbinden

Nutzen Sie keine netzbasierte Installation, sondern greifen auf die altbewährte Form anfassbarer Installationsmedien zurück, ist in diesem Fall das Programm apt-cdrom aus dem Paket apt die richtige Wahl (das Paket mit dem ähnlichen Namen apt-cdrom-setup [Debian-Paket-apt-cdrom-setup] ist lediglich für den Debian Installer vorgesehen). Damit fügen Sie ein bereitstehendes Installationsmedium zu Ihrer Liste der Paketquellen in der Datei /etc/apt/sources.list (siehe [etc-apt-sources.list-verstehen]) hinzu.

Während vor wenigen Jahren noch eine CD gebräuchlich war, ist es heute aufgrund der Datenmenge eher eine DVD, eine Blu-ray oder ein entsprechendes Abbild eines Datenträgers, kurz genannt ISO-Image. apt-cdrom kann mit allen diesen Medien und Formaten umgehen, d.h. auch mit ISO-Images, welches Sie bspw. auf einem USB-Stick vorbereitet haben. Letzteres zählt häufig zu den ersten Schritten einer Netzwerkinstallation.

Die Alternative zu apt-cdrom ist, alle neuen Medien von Hand nachzutragen. Das kann ein wenig aufwendig werden. apt-cdrom erleichtert Ihnen die Arbeit und übernimmt folgende Schritte:

  • Medium (CD, DVD, Blu-ray, ISO-Image) auf Vollständigkeit und dessen Struktur überprüfen

  • Validierung der Indexdateien des Mediums

Voraussetzung dafür ist jedoch, dass sich das Medium bereits im Laufwerk befindet, das Medium eingehängt ist und das dazugehörige Gerät (DVD-Laufwerk, etc.) einen passenden Mountpoint in der Datei /etc/fstab hat.

apt-cdrom unterstützt die folgenden nützlichen Schalter und Aufrufe:

apt-cdrom

kurze Information (Hilfeseite) zu apt-cdrom

apt-cdrom add

Installationsmedium hinzufügen

apt-cdrom -d Verzeichnis add (Langform --cdrom)

Installationsmedium aus dem angegebenen Verzeichnis hinzufügen, bspw. von einem USB-Stick

apt-cdrom ident

Identität des Installationsmediums ausgeben (siehe nachfolgende Beispielausgabe)

apt-cdrom -r (Langform --rename)

Umbenennen eines Mediums. Ändert den Namen eines Mediums oder überschreibt den Namen, der dem Medium gegeben wurde.

Identifikation eines Installationsmediums
# apt-cdrom ident
Verwendeter CD-ROM-Einbindungspunkt: /media/cdrom/
CD-ROM wird eingebunden.
Identifizieren ... [3e81e0fb1b74074c6e427e18afef3ab7-2]
Gespeicherte Kennzeichnung:
Einbindung der CD-ROM wird gelöst ...
#

1.10. Einträge mit add-apt-repository im Griff behalten

add-apt-repository ist ein Python-Skript, um Einträge automatisiert und damit leichter zur Liste der Paketquellen (siehe [etc-apt-sources.list-verstehen]) hinzuzufügen oder auch wieder auszutragen. Es öffnet dazu die bestehende Liste der Paketquellen, ergänzt bzw. korrigiert die Einträge und überprüft diese zusätzlich auf Echtheit (siehe [paketquelle-auf-echtheit-ueberpruefen]). Fehlende GPG-Schlüssel trägt es dabei automatisch in ihrem lokalen Schlüsselring nach. Indem es die vielen Einzelschritte kombiniert, spart es Zeit und lässt sich darüber hinaus auch problemlos zur Automatisierung in ihre eigenen Skripte integrieren.

add-apt-repository ist bis Debian 7 Wheezy Bestandteil des Pakets python-software-properties [Debian-Paket-python-software-properties] und ab Debian 8 Jessie in software-properties-common [Debian-Paket-software-properties-common], beide aus dem Quellpaket und Projekt Software Properties [software-properties]. Es stellt graphische Komponenten bereit, die bspw. auch im Rahmen von Synaptic (siehe [gui-synaptic]) zum Einsatz kommen. Diese graphischen Komponenten beschreiben wir ausführlich unter Einstellungen mit Synaptic [einstellungen-mit-synaptic].

Um die Handhabung auf der Kommandozeile noch weiter zu vereinfachen und insbesondere die Vertauschung der beiden Begriffe apt und add abzufangen, existiert zusätzlich das Kommando apt-add-repository. Dies ist durch einen symbolischen Link auf add-apt-repository realisiert.

1.10.1. Aufruf und Optionen

add-apt-repository akzeptiert als Parameter neben der Angabe des Repositories in Form einer vollständigen Zeile in korrekter Quotierung ebenso Personal Package Archives (PPAs) aus dem Ubuntu Launchpad [Ubuntu-Launchpad]. Der Aufruf ist von der Abfolge her analog zum manuellen Eintrag in der Liste der Paketquellen (siehe [etc-apt-sources.list-verstehen]):

add-apt-repository deb uri distribution [component1] [component2] [...]

1.10.2. Beispiele

Möchten Sie das Repository namens Petra zu ihrer Installation von Linux Mint hinzufügen, funktioniert der folgende Aufruf:

add-apt-repository 'deb http://packages.linuxmint.com/ petra main'

Ein PPA-Archiv namens gnome-desktop für Ubuntu fügen Sie wie folgt hinzu:

add-apt-repository ppa:gnome-desktop

Um ein Repository wieder auszutragen, rufen Sie add-apt-repository mit dem zusätzlichen Schalter --remove auf. Nachfolgendes Beispiel zeigt das für den Eintrag für Medibuntu, aus dem der Zweig non-free wieder entfernt wird:

add-apt-repository --remove 'https://packages.medibuntu.org non-free'

1.11. Einstellungen mit Synaptic

Auch mittels Synaptic (siehe [gui-synaptic]) können Sie die Datei /etc/apt/sources.list anpassen. Dazu öffnen Sie den entsprechenden Dialog unter dem Menüpunkt Einstellungen ▸ Paketquellen. Unter Gnome/GTK erfolgt daraufhin ein Aufruf des Programms software-properties-gtk aus dem bereits weiter oben genannten Projekt Software Properties [software-properties]. Das Pendant unter KDE heißt software-properties-kde und kommt aus dem selben Projekt.

Über die verschiedenen Reiter stellen Sie die gewünschten Paketquellen ein. [fig.synaptic-paketquellen] zeigt die Einstellungen zu den Standard-Debian-Repositories.

werkzeuge/paketquellen-und-werkzeuge/synaptic-paketquellen.png
Abbildung 20. Einstellung der Komponenten in Synaptic

1.12. Debian und Ubuntu Sources List Generator

Möchten Sie ihre Liste der Paketquellen nicht von Hand zusammentragen, sondern stattdessen über eine Software erstellen lassen, bieten sich der Debian Sources List Generator [Debian-Sources-List-Generator] und der Ubuntu Sources List Generator [Ubuntu-Sources-List-Generator] von Jonhnatha Trigueiro an. Dabei handelt es sich um eine JavaScript-Anwendung, die Sie über ihren Webbrowser benutzen. Als Ergebnis erhalten Sie am Ende eine Textdatei, die Sie überprüfen und in Ihr System einpflegen können. Vor der Übernahme empfehlen wir, für alle Fälle von der derzeit genutzten Datei eine Sicherheitskopie anzulegen, sodass Sie im Bedarfsfall darauf zurückgreifen können.

1.12.1. Feinheiten für Debian

Zunächst wählen Sie ihre geographische Region aus, danach die Veröffentlichung (siehe [veroeffentlichungen]), die Architektur (siehe [debian-architekturen]) Ihres Systems und die Distributionsbereiche (siehe [distributionsbereiche]). In der rechten Spalte wählen Sie die gewünschten Repositories von Drittanbietern aus, sofern Sie dazu Bedarf haben (siehe [fig.debian-sources-list-generator]). Über den Knopf Generate sources list erstellt Ihnen das Programm eine passende Liste der Paketquellen (siehe [fig.debian-sources-list-generator-list]). Diese Datei können Sie nun als neue /etc/apt/sources.list in Ihr System übernehmen.

werkzeuge/paketquellen-und-werkzeuge/debian-sources-list-generator.png
Abbildung 21. Auswahl der Komponenten im Debian Sources List Generator
werkzeuge/paketquellen-und-werkzeuge/debian-sources-list-generator-list.png
Abbildung 22. Erzeugte sources.list durch den Debian Sources List Generator

1.12.2. Feinheiten für Ubuntu

Die Abfolge ist ähnlich zu Debian, nur wesentlich umfangreicher. Nach der geographischen Region und der Veröffentlichung (siehe [veroeffentlichungen]) wählen Sie die Distributionsbereiche (siehe [distributionsbereiche]) aus, die hier als Ubuntu Branches bezeichnet werden. Hinter den Fragezeichen verbergen sich Erläuterungen, welche den ausgewählten Distributionsbereich näher beschreiben. Danach können Sie neben der Architektur (siehe [debian-architekturen]) auch etliche zusätzliche Paketquellen von Ubuntu-Partnern hinzufügen. Am Schluß erstellen Sie mit einem Klick auf den Knopf Generate die entsprechende Liste der ausgewählten Paketquellen, die Sie in ihr System übernehmen können.

werkzeuge/paketquellen-und-werkzeuge/ubuntu-sources-list-generator.png
Abbildung 23. Auswahl der Komponenten im Ubuntu Sources List Generator

1.13. Paketquelle auf Echtheit überprüfen

1.13.1. Basiswissen

Paketquellen und Repositories sind im Prinzip Fileserver mit einer vorab festgelegten, spezifischen Struktur, deren Inhalt öffentlich zugänglich ist [Debian-Wiki-Debian-Repository-Format]. Vereinfacht betrachtet muss bei dessen Abruf sichergestellt werden, dass die von dort bezogenen Daten echt sind und auch mit den Originaldaten übereinstimmen, aus denen die Distribution besteht. Daher sind in der Paketverwaltung mehrstufige Mechanismen integriert, welche die Echtheit und Vollständigkeit der empfangenen Paketlisten und Pakete überprüfen (Authentizität).

Hintergrund dafür ist einerseits, dass eine Paketquelle Paketarchive unterschiedlichster Herkunft umfasst. Die Daten könnten aus einer wenig vertrauenswürdigen Quelle stammen und auch Schadcode enthalten. Ebenso nimmt die Zuverlässigkeit von Speichermedien (Datenträger) mit der Zeit ab und sorgt für fehlerhafte Bitfolgen. Desweiteren erfolgt der Transport über Leitungsnetze unterschiedlichster Art, wobei hier gekippte Bits und somit Übertragungsfehler und verfälschte Daten auf dem Transportweg nicht vollständig auszuschließen sind.

Daher sind sowohl alle Veröffentlichungen (siehe [veroeffentlichungen]), als auch die Paketquellen (siehe [paketquellen]) mit den Paketlisten und die darüber bereitgestellten, einzelnen Pakete jeweils separat digital signiert. Eine digitale Signatur („Schlüssel“, GPG-Key) besteht aus zwei Teilen — einem öffentlichen und einem privaten, geheimen Schlüssel. Die Paketlisten werden zunächst vom Verwalter des Repositories mit seinem privaten Schlüssel signiert und der dazugehörige, öffentliche Schlüssel bekanntgegeben bzw. als Paket hinterlegt. Mit Hilfe dieses Signatur-Paares überprüfen Sie einerseits die Echtheit der Paketquelle und andererseits über die Hashsummen jeden einzelnen Pakets in den Paketlisten auch jedes einzelne Paket daraus (siehe auch „Bezogenes Paket verifizieren“ in [bezogenes-paket-verifizieren]).

APT und aptitude haben diesen Vorgang in ihre internen Abläufe integriert und nehmen Ihnen diesen Verifizierungsschritt vollständig ab. Falls die Signatur korrekt ist, dann wird der Paketmirror bzw. das bezogene Paket als glaubwürdig eingeschätzt. Falls nicht, erhalten Sie eine deutliche Warnung.

1.13.2. Schlüsselverwaltung mit apt-key (Überblick)

Die Verwaltung der Schlüssel erfolgt mit dem Programm apt-key. Dazu gehört ein Schlüsselring mit allen GPG-Schlüsseln der Paketquellen, aus denen Pakete bezogen wurden. Bei Debian sind diese Schlüssel Bestandteil des Pakets debian-archive-keyring [Debian-Paket-debian-archive-keyring], bei Ubuntu heißt das Paket hingegen ubuntu-keyring [Ubuntu-Paket-ubuntu-keyring].

Der primäre Schlüsselring für lokale, als vertrauenswürdig eingestufte Schlüssel ist die Datei /etc/apt/trusted.gpg. Für zusätzliche Schlüsselbunde und Dateifragmente weiterer vertrauenswürdiger Schlüssel ist das Verzeichnis /etc/apt/trusted.gpg.d/ vorgesehen. Insbesondere o.g. Schlüsselbund-Pakete speichern ihre Schlüsselbund-Dateien in diesem Verzeichnis.

Die einzelnen Dateien in /etc/apt/trusted.gpg.d/ gelten als Konfigurationsdateien, können also vom lokalen Administrator verändert oder gelöscht werden. Deswegen sind diese Schlüssel zusätzlich auch noch in der Datei /usr/share/keyrings/debian-archive-keyring.gpg gespeichert.

Die Schlüssel haben eine begrenzte Gültigkeit oder können auch zurückgezogen werden. Daher sind in der Schlüsselbund-Datei /usr/share/keyrings/debian-archive-removed-keys.gpg auch noch die abgelaufenen oder zurückgezogenen Schlüssel vergangener Debian-Veröffentlichungen verfügbar.

Ähnliche Schlüsselringe gibt es auch für andere Veröffentlichungen, bspw. debian-edu-archive-keyring für Skolelinux/DebianEdu [Skolelinux] und debian-ports-archive-keyring für das Debian-Ports-Projekt (siehe [debian-architekturen-ports-projekt]).

1.13.3. Unterkommandos von apt-key

Mit apt-key greifen Sie auf ihren gespeicherten Schlüsselring zu. Damit lassen Sie sich bspw. die gemerkten Schlüssel anzeigen, fügen neue Schlüssel zum Schlüsselring hinzu oder entfernen diese daraus wieder. Diese Vorgänge kommen meist dann zum tragen, wenn Sie Ihr Debian-System von Ballast befreien und nicht mehr benötigte Schlüssel austragen oder weitere Paketquellen einbinden möchten, deren Schlüssel (noch) nicht offiziell hinterlegt ist.

Die vier Unterkommandos list, finger, export und exportall haben rein informativen Charakter. Mit den ersten beiden zeigen sie zu den gespeicherten, vertrauenswürdigen Schlüsseln deren Erstell- und Verfallsdatum sowie den Eigentümer bzw. Aussteller des Schlüssels an. Im vorliegenden Fall ist dieser keine Person, sondern eine Debian-Veröffentlichung bzw. deren Verantwortlicher. Als E-Mail-Adresse ist hier diejenige der FTP-Master hinterlegt (siehe [fig.apt-key-list]).

werkzeuge/paketquellen-und-werkzeuge/apt-key-list.png
Abbildung 24. Auflistung der gespeicherten, vertrauenswürdigen Schlüssel

Mit dem Aufruf apt-key finger zeigen Sie zusätzlich deren Fingerabdruck an
[Da die Datei /etc/apt/trusted.gpg teilweise für normale User nicht lesbar ist, kann es sein, dass Sie dieses Kommando mit Root-Rechten ausführen müssen.]
. Nachfolgend sehen Sie beispielhaft die Signaturen zum Opera Software Archive, dem Mendeley Desktop Team und dem Debian Archive für die beiden Veröffentlichungen Wheezy und Jessie.

Liste der Signaturen (Ausschnitt)
# apt-key finger
/etc/apt/trusted.gpg
- -------------------
pub   1024D/30C18A2B 2012-10-29 [verfallen: 2014-10-29]
  Schl.-Fingerabdruck = ABCD 165A F57C AC92 18D2  872B E585 066A 30C1 8A2B
uid                  Opera Software Archive Automatic Signing Key 2013 <packager@opera.com>

pub   2048R/6F036044 2011-02-21
  Schl.-Fingerabdruck = 26BB 0219 1EF4 588D 3A7B  C30F D800 C7D6 6F03 6044
uid                  Mendeley Desktop Team <desktop@mendeley.com>
sub   2048R/F9CE0BFD 2011-02-21

/etc/apt/trusted.gpg.d/debian-archive-jessie-stable.gpg
- -------------------------------------------------------
pub   4096R/518E17E1 2013-08-17 [verfällt: 2021-08-15]
  Schl.-Fingerabdruck = 75DD C3C4 A499 F1A1 8CB5  F3C8 CBF8 D6FD 518E 17E1
uid                  Jessie Stable Release Key <debian-release@lists.debian.org>

/etc/apt/trusted.gpg.d/debian-archive-wheezy-automatic.gpg
- ----------------------------------------------------------
pub   4096R/46925553 2012-04-27 [verfällt: 2020-04-25]
  Schl.-Fingerabdruck = A1BD 8E9D 78F7 FE5C 3E65  D8AF 8B48 AD62 4692 5553
uid                  Debian Archive Automatic Signing Key (7.0/wheezy) <ftpmaster@debian.org>

/etc/apt/trusted.gpg.d/debian-archive-wheezy-stable.gpg
- -------------------------------------------------------
pub   4096R/65FFB764 2012-05-08 [verfällt: 2019-05-07]
  Schl.-Fingerabdruck = ED6D 6527 1AAC F0FF 15D1  2303 6FB2 A1C2 65FF B764
uid                  Wheezy Stable Release Key <debian-release@lists.debian.org>

#

Mit dem Aufruf apt-key export Schlüssel geben Sie hingegen nur einen bestimmten Schlüssel auf der Standardausgabe als als PGP-Block aus. Der Schalter apt-key exportall führt das gleiche für alle Schlüssel durch.

Mit apt-key add Schlüsseldatei und apt-key del Schlüssel-ID verändern Sie den Inhalt des Schlüsselbundes. Mit ersterem fügen Sie einen neuen Schlüssel aus einer Datei hinzu, mit letzterem löschen Sie den Schlüssel mit der angegebenen Schlüssel-ID aus dem Schlüsselring.

Die Option update synchronisiert hingegen den lokalen Schlüsselbund mit dem Archivschlüsselbund. Dabei werden die Schlüssel aus dem lokalen Schlüsselbund entfernt, die nicht mehr gültig sind. In Ubuntu ist auch die Option net-update anwendbar, die eine Synchronisation mit einem Schlüsselbund über das Netzwerk ermöglicht.

Anmerkung
Ab Debian 9 Stretch ist diese Option als veraltet markiert.

1.13.4. Beispiel: Ergänzung eines Schlüssels

Nutzen Sie beispielsweise den Webbrowser Opera, finden Sie dazu keine Pakete in den offiziellen Debian-Paketquellen. Opera ist nicht als freie Software eingeordnet, aber als deb-Paket von der Herstellerwebseite beziehbar. Daher fügen Sie in Schritt eins die Paketquelle zur Datei /etc/apt/sources.list hinzu (siehe auch [etc-apt-sources.list-verstehen]):

deb http://deb.opera.com/opera stable non-free

Als Schritt zwei benötigen Sie noch den dazugehörigen Schlüssel der Paketquelle. Der Hersteller empfiehlt auf seiner Seite den Bezug mittels wget wie folgt:

Bezug des Schlüssels zur Paketquelle, hier für Opera mittels wget
# wget http://deb.opera.com/archive.key
--2014-06-17 23:54:43--  http://deb.opera.com/archive.key
Auflösen des Hostnamen »deb.opera.com (deb.opera.com)«... 185.26.183.130
Verbindungsaufbau zu deb.opera.com (deb.opera.com)|185.26.183.130|:80... verbunden.
HTTP-Anforderung gesendet, warte auf Antwort... 200 OK
Länge: 2437 (2,4K) [application/pgp-keys]
In »»archive.key«« speichern.

100%[=======================================================================>] 2.437       --.-K/s   in 0s

2014-06-17 23:54:43 (63,0 MB/s) - »»archive.key«« gespeichert [2437/2437]
#
Wichtig
Unverschlüsselte Übertragung von Schlüsseln

Bitte beachten Sie, dass dieser Schlüssel jedoch nicht über gesicherte Kanäle (z.B. per HTTPS) heruntergeladen wurde und Sie damit nicht hundertprozentig sicher sein können, dass dieser Schlüssel wirklich von Opera ist. Leider scheint der Schlüssel auch nicht mit allzu vielen Signaturen ausgestattet zu sein, sodass eine Verifizierung über die Signaturen ebenfalls nicht möglich ist.

Der bezogene Schlüssel befindet sich nun im aktuellen Verzeichnis in der lokalen Datei archive.key. Diesen Schlüssel fügen Sie nun über den Aufruf apt-key add archive.key Ihrem lokalen Schlüsselbund hinzu:

Hinzufügen des bezogenen Schlüssels mittels apt-key
# apt-key add archive.key
OK
#

Hat alles geklappt, meldet sich apt-key mit einem schlichten OK zurück. Von nun an werden alle Pakete von dieser Paketquelle als vertrauenswürdig eingestuft. Auch Aktualisierungen über APT und aptitude sind problemlos möglich.

Es bleibt jedoch ein unangenehmer Beigeschmack erhalten. Aufgrund der ungesicherten Übertragung des bezogenen Schlüssels können Sie nicht sicher sein, ob der bezogene Schlüssel wirklich von Opera ist und Sie ihm vertrauen können, oder ob nicht zufällig eine Man-in-the-Middle-Attacke im Gange ist.

1.13.5. Abkündigung von apt-key

Seit APT 2.1.8 ist apt-key offiziell abgekündigt. Ersatz ist das Ablegen von Keyring-Dateien im Verzeichnis /etc/apt/trusted.gpg.d/, z.B. als Bestandteil eines Paketes. Solche Pakete heißen typischerweise <herausgeber>-archive-keyring, z.B. debian-archive-keyring, ubuntu-archive-keyring oder pkg-mozilla-archive-keyring.

1.13.6. Alternative Benutzerschnittstellen zur APT-Schlüsselverwaltung

Die Abkündigung von apt-key ist auch einer der Gründe, warum sich niemand mehr darum gekümmert hat, gui-apt-key [Debian-Paket-gui-apt-key], das verwaiste GUI-Frontend zu apt-key, weiterzuentwickeln. Entsprechend ist auch die darauf aufbauende, curses-basierende TUI-Programm curses-apt-key [curses-apt-key] nicht mehr weiterentwickelt wird.

1.14. Liste der verfügbaren Pakete aktualisieren

1.14.1. Grundlegendes Vorgehen

Bevor Sie Veränderungen am Paketbestand veranlassen, empfehlen wir Ihnen, stets die Liste der lokal genutzten Pakete auf den neuesten Stand zu bringen. Damit arbeiten Sie mit den aktuellen Referenzen auf die bestehenden Softwarepakete. Diesen Schritt ermöglichen alle Werkzeuge zur Paketverwaltung.

Dazu bestehen verschiedene Möglichkeiten, die im Endeffekt alle das gleiche bewirken:

  • Das klassische Kommando, das auch stets auf älteren Veröffentlichungen funktioniert, ist apt-get update. Auf neueren Veröffentlichungen, die das Kommando apt kennen, funktioniert auch apt update (siehe [apt]).

  • aptitude (siehe [aptitude]) gestattet einen Aufruf über die Kommandozeile mittels aptitude update. Möchten Sie die Paketliste aktualisieren und danach interaktiv im Text-Modus weiterarbeiten, so rufen Sie aptitude -u auf. Sind Sie bereits im interaktiven Text-Modus von aptitude, sorgt der Tastendruck u für frische Paketlisten und die aktualisierte Darstellung in aptitude. Alternativ stoßen Sie die Aktion über den Menüeintrag Aktionen -> Paketlisten aktualisieren an.

  • Bei Synaptic (siehe [gui-synaptic]) verbirgt sich dieser Vorgang hinter dem Menüeintrag Bearbeiten -> Paketinformationen neu laden. Alternativ nutzen Sie dafür die Tastenkombination Ctrl+R.

  • Im Programm SmartPM (siehe [gui-smartpm]) lösen Sie die Aktualisierung für alle Paketquellen über den Menüpunkt File -> Update channels aus. Möchten Sie nur eine einzige Paketquelle auf den neuesten Stand bringen, wählen Sie stattdessen zunächst File -> Update selected channels ... aus und entscheiden danach, welche Paketquelle Ihres Erachtens eine Auffrischung verdient hat (siehe dazu [fig.smartpm-paketquellen-auswaehlen]).

werkzeuge/paketquellen-und-werkzeuge/smartpm-paketquellen-auswaehlen.png
Abbildung 25. Auflistung der verfügbaren Paketquellen in SmartPM

Anmerkung
Aktualisierung mit dpkg

dpkg kennt auch die beiden Schalter --update-avail und --merge-avail. Es setzt dafür lokal bereitstehende Paketlisten voraus, mit denen es dann seine Paketdatenbank unter /var/lib/dpkg/available aktualisiert. Diesen Schalter von dpkg betrachten wir hier nicht näher.

Führen Sie eines der o.g. Aufrufe aus, wird zunächst die Liste der Paketquellen in der Datei /etc/apt/sources.list und dem Verzeichnis /etc/apt/sources.list.d (siehe [etc-apt-sources.list-verstehen]) gelesen. Jeder Eintrag darin bezeichnet eine Paketquelle. Von diesen Paketquellen wird nacheinander jeweils eine aktuelle Liste der Pakete bezogen, die von dieser angegebenen Paketquelle verfügbar sind.

Jede bezogene Liste wird danach auf deren Echtheit geprüft. Dazu ist diese digital signiert (siehe [paketquelle-auf-echtheit-ueberpruefen]). Mit Hilfe des GPG-Schlüssels für die Paketquelle prüfen apt', `apt-get bzw. aptitude automatisch deren Authentizität und falls ohne Beanstandung, vereinigen sie die bezogene Liste mit der bereits bestehenden, lokalen Paketliste (siehe [lokale-paketliste-und-paketcache]). Dabei geben insbesondere apt-get und aptitude eine Reihe von Mitteilungen auf dem Terminal aus. Diese bedeuten:

  • Holen:1 Bezugsquelle Release.gpg: beziehe den GPG-Schlüssel zur Veröffentlichung (siehe [veroeffentlichungen]) von der als URL angegebenen Paketquelle (siehe [paketquelle-auf-echtheit-ueberpruefen])

  • OK Bezugsquelle [Datenmenge]: der GPG-Schlüssel ist in Ordnung, die Signatur stimmt (siehe auch [paketquelle-auf-echtheit-ueberpruefen])

  • Holen:2 Bezugsquelle [Datenmenge]: beziehe die Paketliste von der unter 1 als URL angegebenen Paketquelle

  • Ign Bezugsquelle: Ein beim Herunterladen aufgetretener Fehler wird ignoriert (z.B. fehlende Übersetzungen)

Am Ende der Ausgabe erfolgt noch eine Zusammenfassung, welche Datenmenge in welcher Zeitspanne bezogen wurde. Nachfolgend sehen Sie die Ausgabe am Beispiel von apt-get update:

Aktualisierung der Paketliste durch apt-get update
# apt-get update
OK   http://ftp.de.debian.org wheezy Release.gpg
Holen: 1 http://security.debian.org wheezy/updates Release.gpg [836 B]
Holen: 2 http://security.debian.org wheezy/updates Release [102 kB]
OK   http://ftp.de.debian.org wheezy Release
OK   http://ftp.de.debian.org wheezy/main Sources
Holen: 3 http://security.debian.org wheezy/updates/main Sources [79,2 kB]
OK   http://ftp.de.debian.org wheezy/contrib Sources
OK   http://ftp.de.debian.org wheezy/non-free Sources
OK   http://ftp.de.debian.org wheezy/main i386 Packages
Holen: 4 http://security.debian.org wheezy/updates/contrib Sources [14 B]
OK   http://ftp.de.debian.org wheezy/contrib i386 Packages
Holen: 5 http://security.debian.org wheezy/updates/non-free Sources [14 B]
OK   http://ftp.de.debian.org wheezy/non-free i386 Packages
Holen: 6 http://security.debian.org wheezy/updates/main i386 Packages [150 kB]
OK   http://ftp.de.debian.org wheezy/contrib Translation-en
OK   http://ftp.de.debian.org wheezy/main Translation-de_DE
OK   http://ftp.de.debian.org wheezy/main Translation-de
Holen: 7 http://security.debian.org wheezy/updates/contrib i386 Packages [14 B]
OK   http://ftp.de.debian.org wheezy/main Translation-en
Holen: 8 http://security.debian.org wheezy/updates/non-free i386 Packages [14 B]
OK   http://ftp.de.debian.org wheezy/non-free Translation-en
Holen: 9 http://security.debian.org wheezy/updates/contrib Translation-en [14 B]
Holen: 10 http://security.debian.org wheezy/updates/main Translation-en [88,7 kB]
Holen: 11 http://security.debian.org wheezy/updates/non-free Translation-en [14 B]
Es wurden 421 kB in 0 s geholt (428 kB/s).
Paketlisten werden gelesen... Fertig
#

Neuere Versionen ergänzen die Ausgabe um zusätzliche Zeilen und teilen Ihnen darüber mit, ob und wieviele aktualisierbare Pakete vorliegen. Nachfolgend sehen Sie in [fig.apt-update-aktualisierbare-pakete], dass für zwölf Pakete neue Varianten bereitstehen. Um welche Pakete es sich konkret handelt, listen Sie mit Hilfe des Kommandos apt list --upgradable auf (siehe [aktualisierbare-pakete-anzeigen]).

werkzeuge/paketquellen-und-werkzeuge/apt-update-aktualisierbare-pakete.png
Abbildung 26. Auflistung der aktualisierbaren Pakete

Für diese Mitteilungen greifen apt-get und apt auf das Werkzeug daptup aus dem gleichnamigen Paket zurück [Debian-Paket-daptup]. Es ist als eine direkte Abhängigkeit zu beiden definiert und wird daher automatisch installiert.

1.14.2. Überprüfung der Paketsignaturen

Konnten bei der Aktualisierung für neue Paketlisten keine gültigen Signaturen gefunden werden, wird eine Warnung ausgegeben. Entsprechende Zeilen beginnen mit W:. Bei einer Paketquelle ohne Schlüssel beschwert sich APT wie folgt:

Aktualisierung der Paketlisten ohne passenden GPG-Schlüssel
# apt-get update
...
Hole:10 http://deb.opera.com squeeze/non-free i386 Packages [774 B]
Es wurden 1.250 kB in 3 s geholt (329 kB/s)
Paketlisten werden gelesen... Fertig
W: GPG-Fehler: http://deb.opera.com squeeze Release: Die folgenden Signaturen konnten
nicht überprüft werden, weil ihr öffentlicher Schlüssel nicht verfügbar ist:
NO_PUBKEY E585066A30C18A2B
#

Pakete, die nicht korrekt signiert sind, können Schadcode enthalten und sollten nicht installiert werden. aptitude warnt Sie in diesem Fall sehr deutlich:

werkzeuge/paketquellen-und-werkzeuge/aptitude-paket-ohne-gpg.png
Abbildung 27. Ausgabe einer deutlichen Warnung bei aptitude

Zur Überprüfung auf korrekte Pakete tragen Sie bitte den passenden GPG-Key für die Paketliste der Veröffentlichung nach.

1.14.3. Platz für den Paketcache

Bitte planen Sie freien Platz für den Paketcache ein. Die aktualisierten Paketlisten und Pakete benötigen Speicherplatz, bevor diese ausgepackt und eingerichtet werden können.

1.14.4. Die Veröffentlichung wechseln

Möchten Sie neuere Versionen von Paketen installieren oder auf eine andere Veröffentlichung von Debian wechseln, ist zusätzlich ein upgrade bzw. dist-upgrade erforderlich. Weitere Informationen dazu erhalten Sie unter „Pakete aktualisieren“ in [pakete-aktualisieren] bzw. „Distribution aktualisieren“ in [distribution-aktualisieren].

1.15. Lokale Paketliste und Paketcache

Die Paketverwaltung — genauer APT — pflegt lokale Paketlisten im Verzeichnis /var/lib/apt/lists. Diese Paketlisten dienen als Nachschlagewerk für APT. Wollen Sie den Paketbestand auf Ihrem Debian-System ändern, benutzt APT diese Paketliste, um die Existenz, die Verfügbarkeit von einer Paketquelle und die Abhängigkeiten eines Pakets zu bestimmen, bevor diese tatsächlich bezogen werden. Installieren Sie ein Paket nach ([pakete-installieren]), weiß APT aus der lokalen Paketliste, von welcher Paketquelle und unter welcher URL es dieses herunterladen kann.

Die hier verwendete mehrstufige Vorgehensweise hat ihren Ursprung in der Anfangszeit von Debian, bei der der Internetzugang und dessen (nahezu) permanenter Verfügbarkeit noch nicht so selbstverständlich wie heute waren. Lokal verfügbare Informationen waren (und sind) stets mit geringerer Verzögerung nutzbar als externe Ressourcen und reduzieren zudem die Netzlast.

Die nachfolgende Auflistung ist typisch, wenn Sie als Paketmirror ftp.ch.debian.org und die Distributionsbereiche main, contrib und non-free im der Veröffentlichung buster benutzen und zusätzlich auch deb-src-Zeilen in der sources.list haben (deswegen die Dateien mit Sources im Namen) und apt-file installiert haben (deswegen die Dateien mit Contents im Namen).

Übersicht zu den lokalen Dateien, in denen die Paketlisten hinterlegt sind
$ ls -F /var/lib/apt/lists
auxfiles/
ftp.ch.debian.org_debian_dists_buster_contrib_binary-amd64_Packages
ftp.ch.debian.org_debian_dists_buster_contrib_Contents-amd64.lz4
ftp.ch.debian.org_debian_dists_buster_contrib_i18n_Translation-de
ftp.ch.debian.org_debian_dists_buster_contrib_source_Sources
ftp.ch.debian.org_debian_dists_buster_InRelease
ftp.ch.debian.org_debian_dists_buster_main_binary-amd64_Packages
ftp.ch.debian.org_debian_dists_buster_main_Contents-amd64.lz4
ftp.ch.debian.org_debian_dists_buster_main_i18n_Translation-de
ftp.ch.debian.org_debian_dists_buster_main_source_Sources
ftp.ch.debian.org_debian_dists_buster_non-free_binary-amd64_Packages
ftp.ch.debian.org_debian_dists_buster_non-free_Contents-amd64.lz4
ftp.ch.debian.org_debian_dists_buster_non-free_i18n_Translation-de
ftp.ch.debian.org_debian_dists_buster_non-free_source_Sources
lock
partial/
security.debian.org_dists_buster_updates_InRelease
security.debian.org_dists_buster_updates_main_binary-amd64_Packages
security.debian.org_dists_buster_updates_main_i18n_Translation-de
security.debian.org_dists_buster_updates_main_source_Sources
security.debian.org_dists_buster_updates_non-free_binary-amd64_Packages
security.debian.org_dists_buster_updates_non-free_i18n_Translation-de
security.debian.org_dists_buster_updates_non-free_source_Sources
$

Für jede Paketquelle aus /etc/apt/sources.list wird eine oder mehrere eigene, lokale Datei gepflegt. Diese ist eine Textdatei und beinhaltet alle Informationen zu den beziehbaren Paketen, bspw. den genauen Paketnamen und dessen Version ([benennung-eines-debian-pakets]), den Maintainer des Pakets, die Paketabhängigkeiten zum Bauen des Pakets, die genutzte Architektur ([debian-architekturen]), das Format des Debianpakets sowie die Checksummen der Pakete und das Sourcepaket ([debian-pakete-varianten]), aus der das Paket entstanden ist. Danach folgen die Projektwebseite sowie das Verzeichnis, in dem das Paket auf dem Paketmirror abgelegt ist. Zum Schluss stehen die Priorität, der Distributionsbereich ([distributionsbereiche]) und die Paketkategorie ([sortierung-der-pakete-nach-verwendungszweck]). Nachfolgender Kasten zeigt die Informationen anhand des Pakets 0ad-data aus der Paketkategorie Spiele (games).

Eintrag in /var/lib/apt/lists/debian.ethz.ch_debian_dists_bullseye_main_binary-amd64_Packages zum Paket 0ad-data
Package: 0ad-data
Version: 0.0.23.1-1.1
Installed-Size: 2044173
Maintainer: Debian Games Team <pkg-games-devel@lists.alioth.debian.org>
Architecture: all
Pre-Depends: dpkg (>= 1.15.6~)
Suggests: 0ad
Description: Real-time strategy game of ancient warfare (data files)
Homepage: http://play0ad.com/
Description-md5: 26581e685027d5ae84824362a4ba59ee
Tag: role::app-data
Section: games
Priority: optional
Filename: pool/main/0/0ad-data/0ad-data_0.0.23.1-1.1_all.deb
Size: 701833824
MD5sum: b2b6e5510898abf0eee79da48995f92f
SHA256: afb3f0ddaceb36dc2d716d83d7fee4ada419511a948e4a06fa44bbc1b486e2c0

TODO: Querverweis auf cron-apt und /etc/cron.daily/apt.

Die Paketlisten ändern sich, wenn Aktualisierungen sowie neue Versionen von Paketen verfügbar werden und die Paketquellen auf den Spiegelservern entsprechend aktualisiert wurden. Daher raten wir Ihnen, die lokalen Paketlisten in regelmäßigen Abständen ebenfalls zu aktualisieren, bspw. mit den Aufrufen apt-get update, aptitude update oder einem anderen Werkzeug zur Paketverwaltung ([werkzeuge-zur-paketverwaltung]). Wie das genau vorsichgeht, erklären wir unter Liste der verfügbaren Pakete aktualisieren in [liste-der-verfuegbaren-pakete-aktualisieren] genauer.

Sollte die Aktualisierung fehlschlagen, könnte sich die Paketliste in einem inkonsistenten Zustand befinden. Wie Sie mit dieser Situation umgehen, erklären wir Ihnen unter Lokale Paketliste reparieren in [lokale-paketliste-reparieren] genauer.

1.16. Lokale Paketliste reparieren

Es kann vorkommen, dass eine lokale Paketliste, die im Verzeichnis /var/lib/apt/lists liegt, bei deren Aktualisierung (siehe [liste-der-verfuegbaren-pakete-aktualisieren]) kaputtgeht. Das kommt sehr selten vor, aber bspw. dann, wenn nicht mehr genügend freier Speicherplatz für die neue Paketliste zur Verfügung steht oder das Entpacken der komprimierten Liste aus einem anderen Grund fehlschlägt. Sie bekommen das mit, wenn APT jammert und in Folge seine Arbeit verweigert.

APT versucht von sich aus, eine defekte oder nicht mehr vorhandene Liste wieder zu reparieren. Dazu beauftragen Sie APT mit dem Kommando apt-get update. Damit bezieht es die aktuellen Paketlisten von den in /etc/apt/sources.list angebenen Paketquellen und ersetzt die bereits bestehenden lokalen Paketlisten. Falls diese nicht mehr vorhanden sein sollten, legt APT diese Listen neu an.:

Ist das erfolglos, räumen Sie als nächsten Schritt das Verzeichnis /var/lib/apt/lists/partial auf. Darin hinterlegt APT alle Zwischenstände und Teillisten. Löschen Sie dazu in besagtem Verzeichnis sämtliche Dateien und wiederholen danach das Kommando apt-get update.

Wenn das noch nicht geholfen hat, bereinigen Sie auch das Verzeichnis /var/lib/apt/lists. Danach wiederholen Sie das Kommando apt-get update.

Sollte das Vorgehen immer noch nicht von Erfolg gekrönt sein, warten Sie bitte sieben Stunden und wiederholen danach das Kommando apt-get update erneut. Hintergrund für die Bitte um Geduld ist die Erneuerung der Debian-Paketquellen auf den Paketmirrors (siehe [geeigneten-paketmirror-auswaehlen]). Diese Erneuerung erfolgt automatisiert alle sechs Stunden und bereinigt auch eventuelle Inkonsistenzen der Paketlisten auf dem Paketmirror. Um auch sicherzugehen, dass die Liste der Paketquellen auf dem neuesten Stand ist, warten Sie lieber einen kleinen Moment länger.

1.16.1. Aktualität des Mirrors überprüfen

Sollten die Fehler trotz Ihrer intensiven Bemühungen bestehen bleiben, bleibt noch eine Überprüfung, ob der angefragte Spiegelserver auch aktuell ist. Eine Zustandsübersicht über alle offiziellen Spiegelserver, die bei Debian registriert sind, finden Sie auf der Debian Mirror Status-Seite [Debian-Mirror-Status] (siehe [fig.debian-mirror-checker]).

werkzeuge/paketquellen-und-werkzeuge/debian-mirror-checker.png
Abbildung 28. Status der verschiedenen Debian-Paketmirror

Wann die letzte Aktualisierung des von Ihnen gewählten Debian-Mirrors passiert ist, sehen Sie im Unterverzeichnis project/trace/, z.B. unter http://debian.ethz.ch/debian/project/trace/ für den Paketmirror der ETH Zürich. In dieser Liste suchen Sie nach dem Datumsstempel der Datei, die dem Hostnamen Ihres Spiegelservers entspricht. Wenn der Spiegelserver unter mehreren Namen erreichbar ist, finden Sie dort trotzdem nur einen davon. Es sollte immer die neuste Datei sein.

Wenn die gefundene Datei deutlich älter als sechs Stunden ist, prüfen Sie bitte zuerst, wann die letzte Aktualisierung des Mirror-Netzwerkes stattgefunden hat
[Bei Ausfällen oder Umbauten in der Infrastruktur wie auch kurz vor neuen Veröffentlichungen kann es durchaus vorkommen, dass der Abstand zwischen zwei Aktualisierungen des Mirrors deutlich mehr als sechs Stunden dauert, teilweise auch einen oder wenige Tage.]
. Unter [dinstall-status] finden Sie eine Datei, in der festgehalten wird, in welchem Schritt der Aktualisierung und Zustand sich der Master-Mirror gerade befindet. Ein Eintrag „all done“ bedeutet, dass zur Zeit keine Aktualisierung läuft. Das Endedatum zeigt den Zeitpunkt an, an dem die erste Stufe des Mirror-Netzwerkes mit den neuen Paketlisten und Paketen versorgt wurde.

Ob zur Zeit eine Aktualisierung Ihres gewählten Mirrors läuft, sehen sie an der Existenz einer Datei Archive-Update-in-Progress (ggf. erweitert um den bzw. einen Hostnamen des Spiegelservers) im Wurzelverzeichnis des APT-Repositorys, z.B. http://debian.ethz.ch/debian/Archive-Update-in-Progress-debian.ethz.ch.

2. Debian-Paketformat im Detail

2.1. Konzepte und Ideen dahinter

Die Paketbeschreibung ist eine Textdatei
[früher teilweise im Encoding ISO 8859-1, heute nur noch in UTF-8]
. Die Paketbeschreibung in den Paketen selbst erfolgt in englischer Sprache, wird aber für die Paketlisten auf den Spiegelservern von Debians Übersetzungsteams auch in andere Sprachen übersetzt.

Jedes Element der Beschreibung ist ein Schlüssel-Wert-Paar, wobei die Trennung zwischen Schlüssel und Wert durch einen Doppelpunkt erfolgt. Der Schlüssel ist ein aus der Umgangssprache abgeleiteter Begriff, der die Relation zwischen zwei oder mehr Paketen näher beschreibt. Wert ist hingegen eine Aufzählung von Paketen, die mit einem Komma voneinander getrennt werden. Ein ähnliches Konzept kommt bei den Kopfzeilen von E-Mails zum Tragen.

Zusätzlich kann ein Wert mit einer Aussage zu einer bestimmten Softwareversion ergänzt worden sein. Eine solche versionierte Abhängigkeit kann unterschiedliche Relationen umfassen. [tab.relationen-fuer-versionierte-abhaengigkeiten] zeigt die derzeit zulässigen Operatoren samt einem Beispiel aus der Praxis.

Tabelle 4. Relationen für versionierte Abhängigkeiten
Operator Beschreibung Beispiel

<<

früher als

xpdf-utils (<< 3.00)

<=

früher oder gleich

python-cairo (<= 1.85)

=

exakt gleich

xfwm4 (= 4.1)

>=

gleich oder später

libc6 (>= 2.4)

>>

später als

libaa1 (>> 1.4)

2.1.1. Binärpakete

Die folgenden Schlüsselworte werden in Binärpaketen (siehe [binaerpakete]) und den Paketlisten von diesen verwendet:

Package

zu dt.: Paket; Name des Pakets ohne Versionsnummer und Architektur, siehe auch Benennung eines Debian-Pakets in [benennung-eines-debian-pakets]

Source

zu dt.: Quelle; Name des Quellpakets („source package“), aus dem das Binärpaket gebaut wurde, siehe auch Sourcepakete in [sourcepakete]

Version

zu dt.: Version oder Variante; Versionsnummer des Pakets, siehe Benennung eines Debian-Pakets in [benennung-eines-debian-pakets]

Architecture

zu dt. Architektur oder Plattform; Basis, für die das Paket gebaut wurde oder all, falls das Paket architekturunabhängig ist, siehe Debian-Architekturen in [debian-architekturen]

Maintainer

zu dt.: Betreuer, Verantwortlicher; Für das Paket verantwortliche Person oder Gruppe („Maintainer“ des Pakets) und dessen Erreichbarkeit als E-Mail-Adresse (siehe auch Paket nach Maintainer finden in [paket-nach-maintainer-finden])

Homepage

zu dt.: Internetpräsenz; Webseite des Projekts der paketierten Software oder Daten

Installed-Size

zu dt.: Installationsgröße; Speicherplatz, den das Paket auf dem Zielsystem belegen wird, nachdem es dort installiert wurde

Depends

zu dt.: hängt ab von; Name der installierten und konfigurierten Pakete und ggf. deren Versionsnummer, von dem das vorliegende Paket abhängt

Pre-Depends

zu dt.: hängt ab vorher von; Name der installierten und konfigurierten Pakete und ggf. deren Versionsnummer, von dem das vorliegende Paket und dessen Installationsskripte abhängen. Dies bedeutet, dass diese Abhängigkeiten vollständig installiert und ausgepackt sein müssen, bevor das Paket von dpkg ausgepackt werden darf.

Recommends

zu dt.: empfiehlt; Name der Pakete, welche als Ergänzung empfohlen werden und in den meisten Fällen ebenfalls gebraucht werden. Es ist ein Gegenstück zum Schlüsselwort Enhances.

Suggests

zu dt.: schlägt vor; Name der Pakete, welche als Ergänzung empfohlen werden. Es ist ein Gegenstück zum Schlüsselwort Enhances

Conflicts

zu dt.: kollidiert bzw. steht in Konflikt mit; Name der Pakete und ggf. deren Versionsnummer, mit denen es nicht gleichzeitig installiert sein darf

Breaks

zu dt.: bricht, verhindert, beschädigt; Name der Pakete und ggf. deren Versionsnummer, mit denen es nicht gleichzeitig verwendet werden kann

Enhances

zu dt.: erweitert, ergänzt, wertet auf; Benennt das Paket, welches es erweitert. Es ist das Gegenstück zu den Schlüsselworten Suggests und Recommends

Replaces

zu dt.: ersetzt; Name der Pakete, dessen Dateien es (teilweise) ersetzt

Provides

zu dt.: stellt bereit; Name der virtuellen Pakete, welche es bereitstellt, siehe Virtuelle Pakete in [virtuelle-pakete]

Section

zu dt.: Sektion oder Paketkategorie, in die das Paket einsortiert ist, siehe Paketkategorien in [sortierung-der-pakete-nach-verwendungszweck]

Priority

zu dt.: Priorität; Prioritätsstufe des Pakets, siehe Paket-Priorität und essentielle Pakete in [paket-prioritaet-und-essentielle-pakete]

Essential

zu dt.: essentiell; Ihr Debian-System kann kaputt gehen, wenn dieses Paket entfernt wird, siehe dazu auch Markierung Essentiell in [markierung-essentiell]

Description

zu dt.: Beschreibung; Dieses Feld enthält die Paketbeschreibung. Dabei ist die erste Zeile ein kurzer, einzeiliger Text und die darauf folgenden, eingerückten Zeilen beinhalten eine lange und ggf. über mehrere Absätze gehende, ausführlichere Beschreibung. Zwischen der Kurz- und Langbeschreibung kann auch ein Punkt (.) stehen.

Built-Using

zu dt.: gebaut mit; Dieses Feld muss gemäß Debian Policy Manual §7.8 [Debian-Policy-Manual] vorhanden sein, sofern der Inhalt des Binärpakets nicht nur aus Quellcode aus dessen Quellpaket besteht und die Lizenz dieses Quellpakets vorschreibt, dass auch sämtlicher mit einkompilierter Quellcode frei verfügbar sein muss. Dies ist z.B. der Fall, wenn eine unter GNU GPL stehende Software statisch kompiliert wird oder Quellcode unter GNU GPL aus einem anderen Paket in das Binärpaket hineinkopiert wird (bspw. bei Stylesheets oder Hintergrundbildern für generierte Dokumentationen im HTML-Format).

Das nachfolgende Beispiel zeigt alle genutzten Elemente anhand der PDF-Bibliothek poppler-utils:

 Package: poppler-utils
 Source: poppler
 Version: 0.18.4-6
 Architecture: amd64
 Maintainer: Loic Minier <lool@dooz.org>
 Installed-Size: 445
 Depends: libc6 (>= 2.4), libcairo2 (>= 1.10.0), libfreetype6 (>= 2.2.1), liblcms1 (>= 1.15-1), libpoppler19 (>= 0.18.4), libstdc++6 (>= 4.1.1)
 Recommends: ghostscript
 Conflicts: pdftohtml
 Breaks: xpdf-utils (<< 3.02-2~)
 Replaces: pdftohtml, xpdf-reader, xpdf-utils (<< 3.02-2~)
 Provides: pdftohtml, xpdf-utils
 Section: utils
 Priority: optional
 Multi-Arch: foreign
 Homepage: http://poppler.freedesktop.org/
 Description: PDF utilities (based on Poppler)
  Poppler is a PDF rendering library based on Xpdf PDF viewer.
  .
  This package contains command line utilities (based on Poppler) for getting
  information of PDF documents, convert them to other formats, or manipulate
  them:
   * pdffonts -- font analyzer
   * pdfimages -- image extractor
   * pdfinfo -- document information
   * pdfseparate -- page extraction tool
   * pdftocairo -- PDF to PNG/JPEG/PDF/PS/EPS/SVG converter using Cairo
   * pdftohtml -- PDF to HTML converter
   * pdftoppm -- PDF to PPM/PNG/JPEG image converter
   * pdftops -- PDF to PostScript (PS) converter
   * pdftotext -- text extraction
   * pdfunite -- document merging tool

2.1.2. Sourcepakete

In Sourcepaketen (siehe [sourcepakete]) sind neben den weiter oben genannten Schlüsselworten auch die folgenden Einträge zulässig:

Source

zu dt.: Quelle; Name des Quellpakets.

Binary

zu dt.: Binärdatei; Liste aller Binärpakete, die aus diesem Quellpaket gebaut werden.

Package-List

zu dt. Paketliste; Auflistung aller Binärpakete, die aus diesem Quellpaket gebaut werden. Zusätzlich werden das Paketformat (deb oder udeb), die Paketkategorie („Sektion“), die Priorität und die Architektur benannt.

Format

zu dt.: Format; verwendetes Format des Quellpakets, z.B. 1.0, 3.0 (quilt) oder 3.0 (native) (siehe Aufbau und Format in [aufbau-und-format]).

Architecture

zu dt. Architektur oder Plattform; Im Gegensatz zu den Binärpaketen sind hier mehr als nur eine einzige Architektur zulässig. Es beinhaltet alle Architekturen, auf denen das Paket gebaut werden kann. Der Wert any bedeutet, dass das Paket auf jeder Architektur gebaut werden kann und soll (siehe [debian-architekturen]).

Uploaders

zu dt.: Hochlader; bezeichnet die Liste der Co-Maintainer und Beitragenden des Pakets.

Standards-Version

zu dt.: Version der Standardisierung; Angabe, welcher Version des Debian Policy Manuals [Debian-Policy-Manual] dieses Paket entspricht.

Vcs-Git, Vcs-Svn, Vcs-Hg, Vcs-Cvs, Vcs-Mtn

zu dt.: Versionskontrollsystem; Angabe, von wo Sie eine aktuelle Entwicklungskopie des Quellpakets aus einem Versionskontrollsystems auschecken können.

Vcs-Browser

zu dt.: Versionskontrollsystem und Webbrowser; URL einer Webansicht des unter Vcs-Git u.a. genannten Repositories des Versionskontrollsystems.

Build-Depends

zu dt.: Abhängigkeiten beim Bauen von Paketen; Pakete, die notwendig sind, um alle architektur-abhängigen Binärpakete aus diesem Quellpaket zu bauen, sowie um das Build-Verzeichnis zu säubern („clean“-Ziel). Pakete, die als „essential“ (unbedingt notwendig) oder „build-essential“ (für den Bau von Paketen unbedingt notwendig) markiert sind, müssen nicht aufgelistet werden (Kommt fast immer vor.)

Build-Depends-Indep

zu dt.: Abhängigkeiten beim Bauen von Paketen (architekturunabhängig); Pakete, die zusätzlich zu den unter Build-Depends aufgelisteten Paketen notwendig sind, um auch die architektur-unabhängigen Pakete aus diesem Quellpaket zu bauen. Hier sind meist die Pakete aufgelistet, die notwendig sind, um die Dokumentation oder Übersetzungsdateien zu bauen. (Kommt meist nur bei komplexeren Quellpaketen vor.)

Build-Conflicts

zu dt. Bau-Konflikte; Pakete, die nicht installiert sein dürfen, wenn die architektur-abhängigen Binärpakete aus diesem Quellpaket gebaut werden sollen. Dies sind meistens Pakete, die das configure-Skript beim Testen der notwendigen Bibliotheken stören oder aber Pakete, die zusätzliche, unerwünschte Abhängigkeiten in den gebauten Binärpaketen verursachen würden. (Kommt selten vor.)

Build-Conflicts-Indep

zu dt. Bau-Konflikte (architekturunabhängig); Pakete, die nicht installiert sein dürfen, wenn die architektur-unabhängigen Binärpakete aus diesem Quellpaket gebaut werden sollen. (Kommt sehr selten vor.)

Files, Checksums-Sha1, Checksums-Sha256

MD5-, SHA1- und SHA256-Checksummen sowie Dateinamen und -größen der enthaltenen Quellcode-Archive.

Testsuite

Optionales Feld, das angibt, mit welchem Programm das installierte Paket auf Funktionalität getestet werden kann. Derzeit ist der einzige mögliche Wert autopkgtest (siehe Debian Enhancement Proposal DEP 8 [DEP-8] und das gleichnamige Debianpaket dazu [Debian-Paket-autopkgtest].

2.1.3. Weitere Metadaten

In den Paketlisten unter /var/lib/apt/lists/ sind außerdem noch weitere generierte Metadaten zu den Paketen enthalten. Das beinhaltet bspw. die Debian Tags (siehe [erweiterte-paketklassifikation-mit-debtags]), den Pfad und Dateinamen im Paketmirror, die Paketgröße und verschiedene Prüfsummen. Letztere dienen dazu, sicherzustellen, dass die Pakete fehlerfrei zwischen dem Paketmirror und ihrem Debian-System übertragen wurden und es zwischenzeitlich keine Veränderungen gab (siehe dazu Paketquelle überprüfen in [paketquelle-auf-echtheit-ueberpruefen] und Bezogenes Paket verifizieren in [bezogenes-paket-verifizieren]).

Das Paket poppler-utils umfasst beispielsweise die folgenden Metadaten:

Description-md5: cd43e3ed14322253876488d6f9911888
Tag: implemented-in::c++, interface::commandline, role::program,
 scope::utility, use::converting, use::filtering,
 works-with-format::pdf, works-with-format::xml, works-with::text
Filename: pool/main/p/poppler/poppler-utils_0.18.4-6_amd64.deb
Size: 162034
MD5sum: 0f0254920f85b6190ba7b03f4d2a7d73
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2.2. Aufbau und Format

2.2.1. Generell: 2 Ebenen

Debianpakete beinhalten stets zwei Komponenten – Daten und Metainformationen. Die Daten sind die tatsächlichen Inhalte des Pakets, d.h. entweder der Quellcode oder die übersetzten Programmdateien, die bei der Installation auf Ihr System kopiert werden.

Die Metainformationen sind zusätzliche Informationen zu einem Paket, die dieses näher beschreiben. Dazu zählen erstens die Relationen zu anderen Paketen. Diese legen die Voraussetzungen fest, nach denen das Paket überhaupt übersetzt („gebaut“) und später auf Ihrem Linux-System installiert werden kann. Insbesondere zählen dazu die Abhängigkeiten und Konflikte zu anderen Paketen. Diese Relationen beschreiben wir ausführlich unter „Konzepte und Ideen dahinter“ in [konzepte-und-ideen-dahinter].

Zweitens gehören die sogenannten Maintainer-Skripte namens preinst, postinst, prerm und postrm dazu. Die beiden Skripte preinst und postinst regeln alle Aktivitäten vor und nach der Installation, prerm und postrm hingegen vor und nach der Entfernung des Pakets von Ihrem System. Diese vier Skripte sind üblicherweise distributionsspezifische Shellskripte, die der Maintainer des jeweiligen Pakets pflegt.

Für das Paket dpkg-www [Debian-Paket-dpkg-www] beinhaltet das bspw. das Starten des Webservers nach der Installation des Pakets, das Anhalten (vorher) und Neustarten (nachher) im Zuge einer Aktualisierung des Pakets und das Anhalten des Dienstes, bevor das Paket vom System wieder entfernt wird. In [fig.postinst] sehen Sie einen Ausschnitt aus dem postinst-Skript zu besagtem Paket.

werkzeuge/debian-paketformat-im-detail/postinst.png
Abbildung 29. Auszug aus dem postinst-Skript zum Paket dpkg-www

2.2.2. Source-Pakete

Ein Source-Paket beinhaltet einerseits den Quellcode der Software und andererseits die Anweisungen, nach denen aus dem Quellcode der Software eines oder mehrere Binärpakete entstehen [Krafft-Debian-System]. Dazu besteht es aus mindestens 2, meistens jedoch 3 und ggf. auch noch weiteren Dateien:

.dsc

Meta-Datei, die alle anderen Dateien mitsamt deren Hashsummen auflistet und ggf. signiert. Über die Hashsummen sind gleichzeitig alle anderen Dateien ebenfalls abgesichert.

Debian-spezifische Daten
  • Bei Source-Format 1.0 ist es ein komprimierter Patch — erkennbar an der Erweiterung diff.gz. Dieser kann nur Textdateien enthalten.

  • Bei Source-Format 3.0 ist es ein komprimiertes tar-Archiv — heutzutage meist mit debian.tar.xz benannt. Zulässig sind die Komprimierungsverfahren gzip, bzip2, lzma und xz. lzma wurde von Debian GNU/Linux allerdings nie unterstützt, wohl aber von anderen deb-basierten Distributionen ([welche-unix-artigen-betriebssysteme-verwenden-das]).

  • Software, die nur im Debian-Paketformat vertrieben wird, verfügt weder über den komprimierten Patch noch das o.g. Archiv. In diesem Fall wird von sogenannten nativen Paketen gesprochen.

Upstream-Quellcode

Der Originalquellcode der paketierten Software. Es wird versucht, diesen soweit wie möglich unverändert zu lassen. Es muss sich jedoch dabei um ein tar-Archiv handeln. Andere Container-Formate wie z.B. zip werden nicht unterstützt. Offerieren die Entwickler der Software den Quellcode z.B. nur als zip- oder rar-Archiv, so muss der Quellcode zunächst in ein tar-Archiv umgepackt werden. Der Dateiname des tar-Archivs endet dabei in orig.tar.endung, wobei das Suffix endung vom Komprimierungsformat abhängt. Erlaubt sind ebenfalls wieder gzip, bzip2, lzma und xz. lzma wird vom Debian-Archiv nicht unterstützt, aber von anderen deb-basierten Distributionen ([welche-unix-artigen-betriebssysteme-verwenden-das]). Ab dem Source-Format 3.0 kann ein Quellpaket ([sourcepakete]) mehr als ein tar-Archiv mit Upstream-Quellcode beinhalten. Diese haben dann die Endung orig-komponente.tar.endung, wobei komponente nur alphanumerische Zeichen und Bindestriche beinhalten darf.

Als Paketformate existieren die Versionen 1.0, 2.0 (wurde offiziell nie unterstützt) und 3.0 [Debian-DebSrc3.0]. Letzteres existiert in den zwei Varianten quilt (benannt als „3.0 (quilt)“) und native (benannt als „3.0 (native)“) und hat sich seit dessen Einführung mit Debian 6 Squeeze im Jahr 2011 mittlerweile etabliert. Dabei umfassen die Namen der Varianten für Version 3.0 jeweils auch die Leerzeichen und die beiden Klammern.

2.2.3. Binärpakete

Komponenten

Ein Debian-Binärpaket ist ein BSD-ar-Archiv, welches weitere, komprimierte tar-Archive beinhaltet. Nachfolgendes Beispiel zeigt das für das Paket autotools-dev.

Auspacken von Paketen mit ar
$ ar -t autotools-dev_20100122.1_all.deb
debian-binary
control.tar.gz
data.tar.gz
$

Dabei stehen die einzelnen Komponenten eines Pakets für:

debian-binary

Kennzeichnung für ein Debian-Paket. debian-binary ist eine Textdatei, welche lediglich die Versionsnummer des verwendeten Binär-Paketformats enthält. Nachfolgender Auszug zeigt die Versionsnummer für das Paket mplayer:

$ ar -t mplayer_2%3a1.0~rc4.dfsg1+svn34540-1+b2_i386.deb
debian-binary
control.tar.gz
data.tar.gz
$ ar -x mplayer_2%3a1.0~rc4.dfsg1+svn34540-1+b2_i386.deb debian-binary
$ cat debian-binary
2.0
$
control.tar.gz

mit gzip komprimiertes tar-Archiv; dieses enthält die Kontrollinformationen für die Paketverwaltung

data.tar.gz, data.tar.xz, data.tar.bz2

eigentliche Dateien des Pakets plus Speicherort, jeweils mit gzip, xz oder bzip2 komprimiert

Benennung

Ein Debian-Binärpaket ist eine Datei mit der Erweiterung deb oder udeb im Dateinamen. Ersteres beinhaltet ausführbare Dateien, Daten, Dokumentation, Konfigurationsdateien und Copyright-Informationen [Krafft-Debian-System]. Bei udeb-Dateien handelt es sich hingegen um einen Sonderfall. Es ist ein Paket mit reduziertem Paketinhalt, welches speziell für den Debian-Installer gedacht ist (siehe [Debian-udeb]).

Steuerdateien und Skripte

Wie bereits oben angesprochen, beinhaltet jedes Debianpaket auch sogenannte Control-Files (nach [Krafft-Debian-System144]). Diese Steuerdateien werden in der Komponente control.tar.gz aufbewahrt und bestehen aus diesen Dateien:

control

Das ist eine Steuerdatei und diese muss immer vorhanden sein. Sie beinhaltet die Metainformationen für die Paketverwaltung, bspw. zur Prüfung der Paketabhängigkeiten vor der Installation. Diese Steuerdatei kann beim Bauen des Pakets generiert worden sein, z.B. aus der Datei control.in mit Hilfe des Pakets autotools.

conffiles

Das ist eine Liste mit Konfigurationsdateien zum Paket. Erfolgt eine Paketaktualisierung, werden die Dateien, die in dieser Liste aufgeführt sind, auf dem System beibehalten und nicht durch die Daten aus dem neuen Paket überschrieben. Damit bleiben bereits bestehende lokale Änderungen erhalten, bspw. von spezifisch angepassten Konfigurationsdateien. Diese Liste wird meist automatisiert generiert.

preinst

Skriptdatei mit paketspezifischen Anweisungen. Diese Anweisungen werden vor der Installation oder Aktualisierung des Pakets (Upgrade) mit bestimmten Parametern aufgerufen.

postinst

Skriptdatei mit paketspezifischen Anweisungen. Diese Anweisungen werden nach der Installation oder Aktualisierung (Upgrade) sowie zur Konfiguration des Pakets mit bestimmten Parametern aufgerufen.

prerm

Skriptdatei mit paketspezifischen Anweisungen. Diese Anweisungen werden mit bestimmten Parametern aufgerufen, bevor das Paket entfernt wird.

postrm

Skriptdatei mit paketspezifischen Anweisungen. Diese Anweisungen werden mit bestimmten Parametern aufgerufen, nachdem das Paket entfernt wurde.

md5sums

MD5-Summen der Dateien, welche im Paket enthalten sind. Damit wird sichergestellt, dass beispielsweise keine Übertragungsfehler (Bitfehler) oder Änderungen zwischen dem Paketmirror und ihrem lokalen System erfolgt sind (siehe auch „Bezogenes Paket verifizieren“ in [bezogenes-paket-verifizieren]).

shlibs

Diese Datei listet Bibliotheken und Shared Object Name (kurz SONAME) auf, welches das Paket gemeinsam mit dem Paketnamen zur Verfügung stellt.

config

Skriptdatei. Diese erfragt vom Benutzer Konfigurationsparameter, welche für das Paket zur Einrichtung benötigt werden. Die Anworten werden direkt in der debconf-Datenbank abgelegt und bspw. im postinst-Skript verarbeitet.

templates

Diese Datei enthält Texte zu den Fragen und Hinweisen, die debconf während der Paketkonfiguration anzeigt (siehe dazu auch „Pakete konfigurieren“ in [pakete-konfigurieren]).

Daten im Paket

Die eigentlichen Dateien zu einem Paket liegen in der Datenkomponente. Damit dpkg die zu installierenden Programme und Daten aus dem Binärpaket auch an die richtige Position in der Dateisystemhierarchie ihres Systems kopieren kann, spiegelt der Inhalt dieser Komponente die entsprechende Verzeichnisstruktur auf dem Zielsystem vollständig wieder.

Diese Struktur, die zu installierenden Dateien sowie deren Typ und Größe zeigen Sie mit dem Kommando dpkg-deb -c Paketdatei an. Das nachfolgende Beispiel anhand des Pakets vnstat zeigt, dass darin sowohl Programme (ausführbare Dateien in /usr/bin und /usr/sbin) als auch Dokumentation (in /usr/share/doc und /usr/share/man), Konfigurationsdateien (in /etc) und ein Verzeichnis für variable Daten (unterhalb von /var/lib) enthalten sind:

Inhalt des Pakets vnstat mit dpkg-deb anzeigen
$ dpkg-deb -c vnstat_1.10-1_i386.deb
drwxr-xr-x root/root         0 2010-04-20 20:38 ./
drwxr-xr-x root/root         0 2010-04-20 20:38 ./usr/
drwxr-xr-x root/root         0 2010-04-20 20:38 ./usr/bin/
-rwxr-xr-x root/root    106424 2010-04-20 20:38 ./usr/bin/vnstat
drwxr-xr-x root/root         0 2010-04-20 20:38 ./usr/sbin/
-rwxr-xr-x root/root     56184 2010-04-20 20:38 ./usr/sbin/vnstatd
drwxr-xr-x root/root         0 2010-04-20 20:38 ./usr/share/
drwxr-xr-x root/root         0 2010-04-20 20:38 ./usr/share/doc/
drwxr-xr-x root/root         0 2010-04-20 20:38 ./usr/share/doc/vnstat/
-rw-r--r-- root/root      1604 2010-04-20 18:38 ./usr/share/doc/vnstat/changelog.Debian.gz
-rw-r--r-- root/root      2101 2010-01-02 01:32 ./usr/share/doc/vnstat/README
-rw-r--r-- root/root      3050 2010-01-02 02:36 ./usr/share/doc/vnstat/changelog.gz
-rw-r--r-- root/root      1501 2010-04-20 18:18 ./usr/share/doc/vnstat/copyright
-rw-r--r-- root/root      2077 2010-01-02 01:33 ./usr/share/doc/vnstat/FAQ.gz
drwxr-xr-x root/root         0 2010-04-20 20:38 ./usr/share/man/
drwxr-xr-x root/root         0 2010-04-20 20:38 ./usr/share/man/man1/
-rw-r--r-- root/root      2558 2010-04-20 20:38 ./usr/share/man/man1/vnstatd.1.gz
-rw-r--r-- root/root      4085 2010-04-20 20:38 ./usr/share/man/man1/vnstat.1.gz
drwxr-xr-x root/root         0 2010-04-20 20:38 ./usr/share/man/man5/
-rw-r--r-- root/root      2488 2010-04-20 20:38 ./usr/share/man/man5/vnstat.conf.5.gz
drwxr-xr-x root/root         0 2010-04-20 20:38 ./etc/
drwxr-xr-x root/root         0 2010-04-20 20:38 ./etc/init.d/
-rwxr-xr-x root/root      1466 2010-04-20 17:52 ./etc/init.d/vnstat
-rw-r--r-- root/root      2889 2010-04-20 20:38 ./etc/vnstat.conf
drwxr-xr-x root/root         0 2010-04-20 20:38 ./var/
drwxr-xr-x root/root         0 2010-04-20 20:38 ./var/lib/
drwxr-xr-x root/root         0 2010-04-20 20:38 ./var/lib/vnstat/
$

Wünschen Sie stattdessen eine graphische oder webbasierte Darstellung des Paketinhalts, stehen Ihnen als Alternativen die Werkzeuge deb-gview, Synaptic, dpkg-www und apt-browse zur Verfügung. Im Detail agiert hier jedes der genannten Programme anders.

deb-gview und Synaptic erlauben Ihnen nur den Zugriff auf ihr lokales System. Während deb-gview dabei den Inhalt von deb-Dateien ausliest, beschränkt sich Synaptic auf bereits installierte Debianpakete. dpkg-www hingegen inspiziert bereits installierte Debianpakete sowohl auf ihrem lokalen System, als auch auf einem anderen Rechner. apt-browse greift stattdessen ausschließlich auf seinen eigenen Datenbestand auf dem Webserver zurück und wertet die Informationen aus den Paketen aus.

deb-gview finden Sie im gleichnamigen Paket [Debian-Paket-deb-gview]. [fig.deb-gview] zeigt die Bedienoberfläche beispielhaft anhand des Pakets debsums [Debian-Paket-debsums]. Die dreispaltige Aufteilung beinhaltet die Daten- und Steuerdateien, die darin enthaltenen Programmdateien und Metadaten zum Paket.

werkzeuge/debian-paketformat-im-detail/deb-gview.png
Abbildung 30. Detailinformationen zum Paket debsums (deb-gview)

[fig.synaptic-paketinhalt] zeigt die Programmdateien zum gleichen Paket, wie es Synaptic darstellt. Sie erreichen dieses Dialogfenster über Paket ▸ Eigenschaften und danach im Reiter „Installierte Dateien“. Ausführlicher besprechen wir Synaptic in [gui-synaptic].

werkzeuge/debian-paketformat-im-detail/synaptic-paketinhalt.png
Abbildung 31. Detailinformationen zum Paket debsums (Synaptic)

Die spezialisierten Suchmaschinen für Pakete namens dpkg-www und apt-browse listen die Paketdetails ebenfalls auf (siehe [fig.apt-browse-paketinhalt]). Genauer besprechen wir diese unter „In Paketen blättern mittels dpkg-www“ in [webbasierte-programme-dpkg-www] sowie „Suche über apt-browse.org“ in [paketsuche-mit-apt-browse].

werkzeuge/debian-paketformat-im-detail/apt-browse-paketinhalt.png
Abbildung 32. Detailinformationen zum Paket debsums in apt-browse.org (Ausschnitt)

2.2.4. Übergangs- und Metapakete

Wie bereits in „Übergangs- und Metapakete“ (siehe [uebergangs-und-metapakete]) deutlich wurde, handelt es sich hierbei um Binärpakete, die eine spezielle Charakteristik haben: sie haben meist außer der Dokumentation keine weiteren Inhalte. Der eigentliche Inhalt sowie Sinn und Zweck liegen in der Beschreibung der Abhängigkeiten der Pakete.

Übergangspakete werden auch Dummypakete oder Transitionspakete genannt. Deren Aufgabe ist es, Paketumbenennungen bei der Aktualisierung auf eine neue Veröffentlichung sauber zu handhaben und in diesem Zusammenhang auftretende Abhängigkeitskonflikte zu verhindern. Metapakete erleichtern dagegen nur die Installation einer Gruppe von zusammenhängenden Paketen.

Ein Paket dieser Art beinhaltet meist nur zwei Dateien unterhalb von /usr/share/doc — die Informationen zum Copyright und die bisherigen Änderungen. Letzteres liegt in der Datei changelog.Debian.gz. Beide Dateien können aus Gründen der Platzersparnis durch einen symbolischen Link auf eine der Abhängigkeiten ersetzt werden, falls diese aus dem gleichen Sourcepaket gebaut wurden.

Darüberhinaus können die Pakete einen Wrapper oder einen symbolischen Link zur Wahrung der Rückwärtskompatibilität beinhalten. Beispielsweise umfasst das Paket ash nur eine Abhängigkeit auf das Paket dash und einen symbolischen Verweis (Symlink) von /bin/ash zu /bin/dash:

Symbolischer Verweis auf eine andere Komponente am Beispiel der ash
$ ls -la /bin/ash
lrwxrwxrwx 1 root root 4 Mär  1  2012 /bin/ash -> dash
$

3. APT und Bibliotheken

Wie bereits in der Übersicht in „Softwarestapel und Ebenen“ (siehe [softwarestapel-und-ebenen]) deutlich wurde, ist die Paketverwaltung von Debian GNU/Linux mehrstufig und modular aufgebaut. Hinter den Bedienoberflächen dpkg, APT und aptitude (siehe „Werkzeuge zur Paketverwaltung“ in [werkzeuge-zur-paketverwaltung]) stecken mächtige Bibliotheken, die den Zugriff auf die einzelnen Softwarepakete und die Paketdatenbank kapseln. Mit Hilfe der nachfolgend vorgestellten Bibliotheken und den Funktionen daraus können Sie eigene Anwendungen zur Paketverwaltung entwickeln.

3.1. Bibliothek libapt-pkg

Diese Bibliothek aus dem Paket libapt-pkgX.Y (X.Y ist in Debian 9 Stretch und Debian 10 Buster 5.0, siehe [Debian-Paket-libapt-pkg5.0], und bei Debian 11 Bullseye und Debian 12 Bookworm ist es 6.0) enthält die Basiskomponenten zum Zugriff auf die einzelnen Softwarepakete. Das umfasst Funktionen zur Suche nach Paketen, deren Verwaltung sowie die Ausgabe der Paketinformationen. Dazu gehören:

  • der Abruf von Informationen zu einem Paket aus den verschiedenen Paketquellen

  • der Abruf eines Pakets und der vollständigen Auflösung der Paketabhängigkeiten dieses Pakets

  • die Authentifizierung der Paketquellen und Überprüfung der abgerufenen Daten (Validierung)

  • die Installation und Entfernung von Paketen aus ihrem Linux-System

  • der Zugriff auf den Paketcache (siehe [paketcache])

  • die Bereitstellung von Schnittstellen zu Netzwerkprotokollen, um Daten und Pakete über diese beziehen zu können. Dazu gehören bspw. CD-ROM, FTP, HTTP/S und rsh.

3.2. Bibliothek libapt-pkg-perl

Diese Bibliothek aus dem Paket libapt-pkg-perl [Debian-Paket-libapt-pkg-perl] beinhaltet die Perl-Schnittstelle zum Zugriff auf die einzelnen Softwarepakete. Es hat die gleiche Funktionalität wie das weiter oben beschriebene Paket libapt-pkg.

3.3. Bibliothek python-apt

Diese Bibliothek aus dem Paket python-apt [Debian-Paket-python-apt] beinhaltet die Python-Schnittstelle zum Zugriff auf die einzelnen Softwarepakete. Es hat die gleiche Funktionalität wie die weiter oben beschriebenen Pakete libapt-pkg und libapt-pkg-perl.

3.4. Paket libapt-pkg-doc

Das Paket [Debian-Paket-libapt-pkg-doc] stellt die Dokumentation zu libapt-pkg zur Verfügung, auf deren Grundlage Sie die Bibliothek in eigenen Entwicklungen verwenden können. Die Dokumentation steht als Plaintext und als HTML-Dokument bereit.

3.5. Bibliothek libapt-inst

Um Informationen aus deb-Paketen zur erhalten, nutzen Sie diese Bibliothek aus dem Paket libapt-instX.Y (X.Y ist in Debian 9 Stretch und Debian 10 Buster 2.0, siehe [Debian-Paket-libapt-inst2.0]). Darüber steht eine Schnittstelle zur Abfrage der Paketinterna bereit, die sowohl den Paketinhalt, als auch die Steuerdaten der Komponente control.tar.gz umfassen (siehe „Debian-Paketformat im Detail“ in [aufbau-und-format]).

Seit APT 1.9.0, Debian 11 Bullseye und Ubuntu 19.10 Eoan ist libapt-inst in libapt-pkg aufgegangen.

4. Werkzeuge zur Paketverwaltung (Überblick)

4.1. Frontends für das Paketmanagement

Unter einem Frontend verstehen wir ein Programm oder ein Werkzeug mit einer Bedienoberfläche, welches im Alltag von Ihnen für die Verwaltung der Softwarepakete verwendet wird. Es deckt alle dafür notwendigen Aktionen auf ihrem System ab und umfasst die grundsätzliche Pflege des Paketbestands. Dazu zählen bspw. die Installation, die Aktualisierung und die restlose Entfernung von Softwarepaketen, wobei das Gesamtsystem stets in einem konsistenten, benutzbaren Zustand verbleibt.

Frontends existieren in recht unterschiedlichen Varianten und folgen divergierenden Bedienkonzepten. Die nachfolgende Übersicht orientiert sich daher an der Benutzerschnittstelle und dem Paketformat, für das Sie das jeweilige Programm benutzen können. Einige Programme sind Zwitter und stellen mehrere Bedienmodi zur Verfügung, so bspw. SmartPM ([gui-smartpm]), welches Sie sowohl über die Kommandozeile, als auch über eine graphische Oberfläche (GUI) bedienen können. aptitude ([aptitude]), cupt ([Cupt]) und wajig ([wajig]) stellen über die Kommandozeile hinaus auch ein eigenes Text User Interface (TUI) bereit. Die nachfolgende Zusammenstellung in [tab.frontends] ist daher nicht ganz diskussionsfrei und erhebt zudem keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Tabelle 5. Frontends zur Paketverwaltung
Kategorie deb-basierte Systeme rpm-basierte Systeme andere Paketformate

Kommandozeile

dpkg, dpkg-www, APT, aptitude, cupt, SmartPM, gdebi (gdebi-core), wajig, sysget

rpm, yum, dnf, urpmi, zypper, SmartPM, sysget

emerge, pacman, sysget

Text User Interface (TUI)

tasksel, aptitude, Debian Installer, Univention Installer für Univention Corporate Server (UCS)

Yet another Setup Tool (YaST), DrakConf oder Mandriva Linux Control Center (MCC) [Mandriva-Wiki] bzw. Mageia Control Center (MCC) (Textkonsole)

pcurses

Graphical User Interface (GUI)

Synaptic, SmartPM, Muon, PackageKit, Apper (früher KPackageKit), gdebi

Yet another Setup Tool 2 (YaST2), DrakConf oder Mandriva Linux Control Center (MCC) [Mandriva-Wiki] bzw. Mageia Control Center (MCC)

PacmanXG4, PacmanExpress, tkPacman, GNOME PackageKit, Zenity Pacman GUI, Octopi

webbasierte Verwaltung (WUI)

IP Brick [ipbrick], Univention Management Console für Univention Corporate Server (UCS), Ubuntu Landscape , Appnr, Communtu, Debian Pure Blends

4.1.1. Aufgaben, Sinn und Zweck des Frontends

Basierend auf der Einordnung in die unterschiedlichen Softwarestapel und Ebenen (siehe [softwarestapel-und-ebenen]) lässt sich der Aufgabenbereich und damit der Funktionsumfang eines Programms zur Paketverwaltung konkreter fassen. Dabei kommen häufig die UNIX-Prinzipien „Ein Werkzeug für eine Aufgabe“ und „Keep it simple, stupid“ (sinngemäß: Mach’s so einfach wie möglich) sehr stark zum tragen.

Zur unteren Ebene gehört das Programm dpkg. Es bietet grundsätzliche Funktionen, die ein erforderliches Minimum abdecken. Die Funktionen betreffen nur das lokale System und setzen voraus, dass alle notwendigen Informationen und deb-Pakete bereits vorliegen. Dazu gehören die Fähigkeiten, Informationen über installierte und noch zur Verfügung stehende Pakete und Paketdateien anzuzeigen sowie bereits lokal als Datei vorliegende Pakete zu installieren, zu konfigurieren und wieder vom System zu entfernen. dpkg fokussiert dabei eher auf Einzelpakete, bspw. der Aufruf dpkg -i Paketname zur Installation eines Pakets (siehe auch [pakete-installieren]).

Die obere Ebene beinhaltet im weitesten Sinne alle übergeordneten Aufgaben, wie bspw. komplexere Verwaltungsfunktionen. Dazu zählt das Herunterladen der Paketlisten von den vorher von Ihnen festgelegten Paketmirrors, das Aktualisieren der lokalen Paketlisten, das Auswählen und Beziehen eines Pakets von einem passenden Paketmirror, das Auflösen der Paketabhängigkeiten und das Klären weiterer, dazu benötigter oder empfohlener Pakete, die zum ausgewählten Paket passen und welche für Sie als Benutzer interessant sein könnten. Ebenso gehört die Validierung eines Pakets anhand seines GPG-Schlüssels (siehe [bezogenes-paket-verifizieren]) dazu. Zur oberen Ebene zählen bspw. Programme wie tasksel, APT, aptitude, SmartPM, das Ubuntu Software Center und die PackageKit-Varianten apper (KDE) und gnome-packagekit (GNOME).

Eine Mischform stellen hingegen die Programme cupt, wajig und gdebi dar. Deren Anspruch ist es, beide Ebenen in einem einzigen Programm abzudecken und alle erforderlichen Funktionen zur Paketverwaltung bereitzustellen. Die genannten Programme kommen diesem Ziel derzeit in unterschiedlicher Qualität nahe. Dabei erfolgt ein Zugriff auf die bestehenden Bibliotheken, der durch eigene, zusätzliche Funktionalitäten ergänzt wird.

4.1.2. Anmerkungen zur Programmauswahl

Es gibt keine Regelung oder Empfehlung dafür, welches Programm aus obiger Liste Sie benutzen sollen. Dafür sind die Wissensstände, Gewohnheiten und Vorlieben im Umgang mit Software zu unterschiedlich (siehe auch „Ausblick und Empfehlungen für Einsteiger“ in [ausblick-empfehlungen-fuer-einsteiger]).

In der Praxis zeigt sich, dass apt-get häufig die schnellste und effizienteste Variante ist, sofern Sie den exakten Namen eines Debian-Pakets (siehe dazu [benennung-eines-debian-pakets]) oder zumindest einen Großteil davon wissen. Die Kommandozeilenwerkzeuge sind sehr flexibel und verfügen über eine hohe Anzahl von Funktionen. Diese sprechen Sie über vielfältige Unterkommandos, Schalter und Parameter an.

Viele Schalter und Parameter der Kommandozeilenwerkzeuge werden in den TUI, GUI und WUI nicht oder nur unzureichend abgebildet, sind zudem in den meisten Fällen geschickt versteckt, anders benannt oder auch mitunter sinnentstellend übersetzt. Das sorgt vielfach für Unmut und Verzweiflung bei der Suche nach einer bestimmten Funktionalität. Erfahrenere Benutzer vermissen häufig die Flexibilität der vielen Optionen und greifen daher bevorzugt zur Kommandozeile oder zum TUI, da das schneller und einfacher geht. Das hoffnungs- und erwartungsvolle Herumklicken in einer graphischen Anwendung möchten sie den Marketingfritzen und Mausschubsern überlassen.

Die Komplexität der Kommandozeilenwerkzeuge kann Einsteiger überfordern — gleiches gilt aber auch für graphische Oberflächen. In jedem Fall setzt es bei Ihnen den Willen zur Einarbeitung voraus — gleich welches Werkzeug es auch ist. Der Vorteil der Kommandozeilenwerkzeuge liegt darin, dass sie meist zur Basisinstallation Ihres Debian-Systems gehören und somit auch auf ferngewarteten Serversystemen zur Verfügung stehen. Graphische Werkzeuge sind in der Regel nur auf Desktopsystemen installiert. Webbasierte Benutzerschnittstellen sind deutlich in der Minderheit und haben den Exotenstatus. Steigt der Verbreitungsgrad UNIX/Linux-basierter Smartphones und TabletPCs mit Android bzw. Ubuntu weiter an, ist mit einer Zunahme von Programmen wie Appnr (siehe [webbasierte-programme-appnr]) im Alltag zu rechnen.

4.2. Für die Kommandozeile

4.2.1. dpkg

dpkg ist das Debian-Programm für grundlegende Paketoperationen und bildet in Bezug auf Funktionsumfang und Handhabung das Äquivalent zu rpm auf RedHat-basierten Linuxsystemen. Es kürzt den Namen Debian GNU/Linux package manager ab. Im Anhang unter ``Kommandos zur Paketverwaltung im Vergleich`` (siehe [kommandos-zur-paketverwaltung-im-vergleich]) stellen wir die verschiedenen Schalter zu den beiden Kommandos dpkg und rpm gegenüber.

dpkg agiert nur mit Paketen, die schon auf ihrem Linuxsystem lokal vorliegen — entweder als deb-Datei in einem Verzeichnis oder als bereits installiertes Paket. dpkg kann keine Pakete von einem Paketmirror beziehen.

Sie erreichen dpkg ausschließlich über die Kommandozeile und starten es mit diversen Schaltern und Optionen. Die wichtigsten Parameter für den Gebrauch im Alltag sind
[Weitere Optionen zu dpkg entnehmen Sie bitte der Manpage zum Programm]
:

Mit dpkg zeigen Sie die installierten Pakete und deren Zustand an, suchen nach Paketinhalten und konfigurieren im Bedarfsfall ein Paket nach.

Für alle anderen Aktionen sind hingegen die Werkzeuge apt-get ([apt]), apt-cache, aptitude ([aptitude]) und apt-file oder die Benutzeroberflächen via Ncurses oder GTK besser geeignet (siehe [ncurses-basiert] und [gui-zur-paketverwaltung]). Diese fassen viele Einzelschritte von dpkg zusammen und vereinfachen Ihnen die Wartung ihres Systems erheblich.

4.2.2. APT

Überblick

APT ist das Debian-Programm für etwas komplexere Paketoperationen und steht als Abkürzung für Advanced Packaging Tool. Sie finden es im Paket apt [Debian-Paket-apt], welches zur Standardinstallation Ihres Debian-Systems gehört.

APT ist für den Alltagseinsatz konzipiert. Es eignet sich sowohl für Recherchezwecke (Abfrage von Status- und Zustandsinformationen), als auch für die Installation und Aktualisierung einzelner Pakete sowie gesamter Paketstrukturen (Veröffentlichungen).

Im Gegensatz zu aptitude (siehe [aptitude]) ist es deutlich weniger anspruchsvoll. Das betrifft die Anforderungen an die Hardware und insbesondere den benötigten Speicher für die Ausführung. APT hat zudem eine deutlich höhere Ausführungsgeschwindigkeit als aptitude.

APT ist sehr mächtig und kann mit Paketen umgehen, die sich entweder bereits lokal auf Ihrem System befinden, oder noch auf einem Paketmirror vorliegen. Es kombiniert i.d.R. mehrere Einzelaktionen von dpkg. Es greift dabei aber nicht direkt auf dpkg zurück, sondern kapselt dafür die Aufrufe mit Hilfe der Bibliothek libapt-pkg (siehe dazu „APT und Bibliotheken“ unter [apt-und-bibliotheken]).

Komponenten und Funktionen

APT umfasst ausschließlich Programme für die Kommandozeile. Dazu zählen apt-cache, apt-cdrom (siehe [physische-installationsmedien-mit-apt-cdrom-einbinden]), apt-config zur Konfiguration von APT (siehe [apt-und-aptitude-auf-die-eigenen-beduerfnisse-anpassen]), apt-get, apt-key (siehe [paketquelle-auf-echtheit-ueberpruefen]) und apt-mark (siehe [paketstatus-apt-mark]). Jedes der genannten Programme verfügt über umfangreiche Unterkommandos, die Sie wiederum mit diversen Optionen und Schaltern kombinieren können. Die gebräuchlichsten Aktionen für den Alltag sind:

Nachfolgend geben wir Ihnen eine Übersicht zu allen Unterkommandos, die die einzelnen APT-Werkzeuge bereithalten. Neben dem jeweiligen Unterkommando finden Sie den Verweis auf den entsprechenden Abschnitt im Buch, in dem wir auf dieses genauer eingehen.

apt-cache

apt-cache bietet die folgenden Unterkommandos:

depends

Paketabhängigkeiten anzeigen (siehe [paketabhaengigkeiten-anzeigen])

dotty

einen Abhängigkeitsgraphen im dot-Format für die benannten Pakete erzeugen (siehe das Beispiel in [zusammenspiel-von-dpkg-und-apt])

dump

eine kurze Programminformation von jedem Paket im Paketcache anzeigen

dumpavail

die Liste der verfügbaren Pakete anzeigen

gencaches

den Paketzwischenspeicher von APT erzeugen

madison

verfügbare Versionen eines Pakets anzeigen (siehe [aus-welchem-repo-kommen-die-pakete] und [verfuegbare-paketversionen-ermitteln])

pkgnames

die Namen aller Pakete auflisten, die APT kennt (siehe [bekannte-paketnamen-auflisten])

policy

die Quellen und deren Prioritäten auflisten (siehe [aus-welchem-repo-kommen-die-pakete])

rdepends

umgekehrte Paketabhängigkeiten anzeigen (siehe [paketabhaengigkeiten-anzeigen])

search

Paket über den Namen finden (siehe [pakete-ueber-den-namen-finden])

show

Paketinformationen ausgeben und Paketstatus erfragen (siehe [paketstatus-erfragen])

showsrc

Informationen zum Sourcepaket anzeigen (siehe [sourcepakete-anzeigen])

showpkg

Informationen über das Paket anzeigen (siehe [paketstatus-erfragen])

stats

Statistik zum Paketcache ausgeben (siehe [paketcache-status])

unmet

eine Zusammenfassung aller unerfüllten Abhängigkeiten im Paketcache ausgeben (siehe „Paketstatus erfragen“ in [paketstatus-erfragen])

xvcg

einen Abhängigkeitsgraphen für xvcg für die benannten Pakete erzeugen

apt-get

apt-get gehört mit Sicherheit zur Menge der gebräuchlichsten Kommandos der APT-Familie und verfügt über die folgenden Unterkommandos:

autoclean

Paketcache aufräumen (siehe [paketcache-aufraeumen])

autoremove

Paketwaisen löschen (siehe [umgang-mit-waisen])

build-dep

Abhängigkeiten eines Sourcepakets erfüllen (findet Verwendung beim Erstellen von Paketen)

check

Paketcache auf beschädigte Paketabhängigkeiten prüfen (siehe [paketabhaengigkeiten-anzeigen])

clean

Paketcache aufräumen (siehe [paketcache-aufraeumen])

dist-upgrade

Distribution aktualisieren (siehe [distribution-aktualisieren])

download

Paketdatei nur herunterladen (siehe [paketdatei-nur-herunterladen])

dselect-upgrade

Aktualisierung der Pakete über dselect

install

Paket installieren (siehe [pakete-installieren])

purge

Paket inklusive Konfigurationsdateien des Pakets entfernen (siehe [pakete-deinstallieren])

remove

Paket deinstallieren (siehe [pakete-deinstallieren])

source

Beziehen der Sourcepakete (siehe [sourcepakete-beziehen])

update

Paketliste aktualisieren (siehe [liste-der-verfuegbaren-pakete-aktualisieren])

upgrade

Pakete auf eine neue Version aktualisieren (siehe [pakete-aktualisieren])

apt-key und apt-mark

Für apt-key sind die Unterkommandos add, adv, del, export, exportall, finger, list, net-update und update zulässig. Diese besprechen wir ausführlich unter „Paketquelle auf Echtheit überprüfen“ in [paketquelle-auf-echtheit-ueberpruefen].

Die Unterkommandos von apt-mark lauten auto, manual, showauto und showmanual. Dazu gehen wir unter „Paketstatus erfragen“ in [paketstatus-erfragen] detailliert ein.

Weiterentwicklung von APT

Dieser Prozess geht stetig voran. Seit mehreren Jahren gibt es Bestrebungen, APT grundlegend zu erneuern bzw. dessen verteilte Funktionalität unter einer einzigen Benutzeroberfläche zusammenzufassen. Unter dem Namen APT2 [apt2] existiert zwar ein Prototyp mit neuer API, jedoch gab es dort nach unserer Recherche seit 2011 keine weitere Entwicklung mehr.

Eine weniger tiefgreifende, aber dennoch erfrischende Modernisierung gibt es seit APT Version 1.0. Von da an enthält das Paket apt das zusätzliche, gleichnamige Kommandozeilenprogramm apt. Dieser Programmname wurde bis dato von einem Java-Programm zur Annotationsverarbeitung (Annotation Processing Tool) belegt [Java-Apt]. Es wird seit Java 7 als veraltet deklariert und ist seit Java 8 nicht mehr Bestandteil von Java.

Somit wurde der Weg für ein neues Programm frei, ohne große Verwirrung zu stiften. apt vereint die gängigsten Unterkommandos von apt-get und apt-cache in einem kürzeren Befehl und mit moderneren Standardeinstellungen wie z.B. einem Fortschrittsbalken und farbiger Ausgabe auf dem Terminal (siehe [Vogt-Apt-1.0]). Neben den bekannten Unterkommandos list, search, show, update, install und upgrade kennt es auch die neuen Aktionen full-upgrade als Ersatz für dist-upgrade und edit-sources zur direkten Veränderung der Datei /etc/apt/sources.list (siehe [pakete-aktualisieren] und [etc-apt-sources.list-verstehen]). Darüber hinaus verfügt es ab APT Version 1.1 über die Fähigkeit, lokal vorliegende deb-Pakete zu installieren und dabei die dazugehörigen Paketabhängigkeiten mit zu berücksichtigen.
[Diese Eigenschaft stammt vom Programm gdebi (siehe [gui-gdebi]), welches ebenfalls vom APT-Entwickler Michael Vogt gepflegt wird.]

In LinuxMint gibt es dagegen schon länger einen Befehl apt [LinuxMint-apt], welcher allerdings ein in Python geschriebener Wrapper um apt-get, apt-cache und neuerdings auch apt ist. Dieser befindet sich in /usr/local/bin/ und hat weitere LinuxMint-spezifische Features, wie z.B. das automatische Aufrufen der eigentlichen Befehle via sudo wo notwendig.

Ebenfalls in produktivem Zustand und teilweise intensiver Benutzung befinden sich die Werkzeuge cupt, aptitude und SmartPM. Während sich und cupt nur auf die Kommandozeile beschränken, bieten Ihnen aptitude zusätzlich eine textbasierte bzw. SmartPM eine graphische Benutzeroberfläche. Auf diese Werkzeuge gehen wir nachfolgend genauer ein (siehe, [Cupt], [aptitude] und [gui-smartpm]).

aptsh war auch lange Zeit verfügbar, wurde aber kurz vor dem Release von Debian 10 Buster entfernt). Es ist verfügbar bis Debian 9 Stretch und Ubuntu 19.04 Disco.

4.2.3. wajig

Das in der Programmiersprache Python geschriebene Programm wajig [Debian-Paket-wajig] ist vorrangig ein Wrapper um dpkg ([dpkg]) und APT ([apt]). Es zählt zur gleichen Kategorie wie die nicht mehr verfügbare aptsh, beinhaltet aber auch Elemente von cupt ([Cupt]) und aptitude ([aptitude]) auf der Kommandozeile
[Bis einschließlich Debian 6 Squeeze bestand zudem eine graphische Variante namens gjig, die mittlerweile obsolet und in keiner unterstützten Debian- oder Ubuntu-Veröffentlichung mehr verfügbar ist.]
.

Anmerkung
Die bisher letzte stabile Veröffentlichung von wajig befindet sich in Debian 10 Buster, danach ist es nur noch im Bereich unstable vorrätig.

wajig zielt darauf ab, alle im Alltag erforderlichen Aktionen zur Paketverwaltung in einem einzigen Werkzeug für die Kommandozeile zusammenzufassen. Daher haben sich die wajig-Entwickler das Ziel gesetzt, die APT-Bibliotheken (siehe [apt-und-bibliotheken]) vollständig auszureizen und nach Möglichkeit auch alle Optionen, die dpkg und APT bieten, im Programm zu integrieren. Gleichzeitig stehen auch Funktionen bereit, die von den separaten Werkzeugen wie bspw. apt-cdrom ([physische-installationsmedien-mit-apt-cdrom-einbinden]) oder alien (siehe [fremdformate-mit-alien-hinzufuegen]) entlehnt wurden.

Sie bedienen wajig ausschließlich über die Tastatur. Möglich sind zwei Modi — mit dem gewünschten Unterkommando beim Aufruf, oder ohne. Bei ersterem erfolgt die Ausgabe direkt im Terminal, bei letzterem öffnet sich dann zunächst die wajig-Shell und wartet auf Ihre Eingabe. In dieser können Sie dann alle Unterkommandos zur Paketverwaltung benutzen. Dazu zählen bspw. install zur Paketinstallation, detail zur Darstellung der Paketinformationen, listfiles zu Auflistung des Paketinhalts und remove zum Entfernen eines Pakets. Mittels find-file erstöbern Sie eine gewünschte Datei in den bereits installierten Paketen, wohingegen Ihnen list-orphans die Paketwaisen (siehe [umgang-mit-waisen]) anzeigt.

Als Besonderheit ist einerseits die Anbindung an apt-get.org [apt-get.org] zu nennen, um darüber den Paketmirror nach Bedarf auszuwählen. Ebenso ist die Umwandlung und Installation von .rpm-Paketen mittels rpm2deb und rpminstall sowie die ausführliche, integrierte Hilfe hervorzuheben.

Suche nach der Datei sources.list mit Hilfe von wajig
$ wajig find-file sources.list
apt: /usr/share/man/es/man5/sources.list.5.gz
apt: /usr/share/man/ja/man5/sources.list.5.gz
apt: /usr/share/man/pt/man5/sources.list.5.gz
debtags: /etc/debtags/sources.list
apt: /usr/share/man/fr/man5/sources.list.5.gz
apt: /usr/share/doc/apt/examples/sources.list
debtags: /etc/debtags/sources.list.d
apt: /usr/share/man/de/man5/sources.list.5.gz
debtags: /etc/debtags/sources.list.d/source-example
apt: /usr/share/man/pl/man5/sources.list.5.gz
apt: /etc/apt/sources.list.d
apt: /usr/share/man/man5/sources.list.5.gz
$
werkzeuge/werkzeuge-zur-paketverwaltung-ueberblick/fuer-die-kommandozeile/wajig-listfiles.png
Abbildung 33. wajig mit der Ausgabe des Kommandos listfiles

Weitere Informationen zum Programm finden Sie auf der Webseite des Projekts [wajig-Webseite]. Um die Feinheiten der Kommandos zwischen dpkg, APT und wajig besser vergleichen zu können, hilft ein Blick in das Wiki von xtronics [xtronics-Wiki].

4.2.4. sysget

sysget ist ein Wrapper, welches den Aufruf zu den verschiedenen, tatsächlichen Paketwerkzeugen übernimmt. Ziel ist dabei, eine einheitliche Schnittstelle zu den Programmen wie APT, yum oder DNF herzustellen und damit auch Einsteigern die ersten Schritte nach einem Wechsel der Distribution zu erleichtern. sysget wird als Projekt auf GitHub gepflegt [sysgetGitHub].

Das Werkzeug orientiert sich an APT und versteht derzeit die folgenden Unterkommandos:

autoremove

Paketwaisen entfernen

clean

Aufräumen des Paketcaches

install

ein Paket installieren

remove

ein installiertes Paket wieder entfernen

search

Suche nach einem Paket

update

die Paketdatenbank aktualisieren

upgrade

ein einzelnes Paket oder das gesamte System aktualisieren

Anmerkung
sysget ist derzeit nicht als Debianpaket verfügbar, sondern lediglich als Quellcode von der Projektwebseite. Ob das Projekt weitergepflegt wird, ist unklar. Die letzte Veröffentlichung stammt aus dem Oktober 2019.

4.2.5. Cupt

Cupt beschreibt sich selbst als High-level Package Manager und integriert Kommandos unter einem Dach, die Sie von den Werkzeugen dpkg und APT her kennen. Dafür nutzt es auf der Serverseite die gleiche Infrastruktur wie APT. Die Clientseite wurde hingegen komplett neu entwickelt. Sie rufen das in der Programmiersprache C++ entwickelte Werkzeug über das gleichnamige Kommando cupt auf.

Wie bereits oben angerissen, vereinigt Cupt zwar Kommandos aus dpkg und APT, jedoch bislang noch nicht alle davon. Offen ist bspw. der Support für multiarch ([debian-architekturen-multiarch]). Gleichzeitig bietet es auch weitere Features, die APT noch fehlen (siehe [Debian-Wiki-cupt]), bspw. Debdelta [Debdelta] und die Synchronisation anhand der Version des Sourcepakets. Ebenso kennt es ein Kommando satisfy, um auf der Kommandozeile angegebene Paketbedingungen zu erfüllen, z.B. cupt satisfy ``kmail (>= 4:4.2), wget (>= 1.10.0)''.

Cupt kann problemlos parallel zu APT verwendet werden, ist jedoch gemäß seinem Autor noch nicht sehr weit verbreitet und auch entsprechend wenig durch Benutzer in der Praxis getestet [Cupt-Tutorial]. Wir gehen im Buch nicht weiter darauf ein.

4.3. ncurses-basierte Programme

4.3.1. tasksel

tasksel gehört zu den Anwendungen, die Sie vielleicht nur aus der textbasierten Installation von Debian her kennen. Nach der Zusammenstellung des Debian-Basissystems wird dieses Werkzeug üblicherweise einmal automatisch im Installationsprozess aufgerufen und gerät danach vollständig in Vergessenheit. Stattdessen helfen Ihnen APT und aptitude bei den Routineaufgaben.

Der Name ist eine Abkürzung und steht für task select, auf Deutsch übersetzbar mit „Aufgabe auswählen“. Das Paket tasksel [Debian-Paket-tasksel] beinhaltet lediglich die Benutzeroberfläche, das Paket tasksel-data [Debian-Paket-tasksel-data] hingegen eine Liste mit vorab festgelegten Standardaufgaben. Jeder genannten Aufgabe sind eine Reihe von Paketen zugeordnet.

Die beiden tasksel-Generationen 2.x und 3.x unterscheiden sich massiv voneinander. Während Generation 2 noch von aptitude abhängt, setzt Generation 3 hingegen verstärkt auf die Nutzung von Metapaketen (siehe [uebergangs-und-metapakete]). Das zeigt sich sehr deutlich in den Ausgaben im Terminal, auf die wir unten genauer eingehen.

werkzeuge/werkzeuge-zur-paketverwaltung-ueberblick/ncurses-basiert/tasksel.png
Abbildung 34. Softwareauswahl in tasksel

Über die textbasierte Benutzeroberfläche und der dargestellten Liste wählen Sie zunächst mittels Pfeil- und Leertaste die gewünschten Aufgaben aus. Daraufhin werden alle Pakete „in einem Rutsch“ auf Ihrem Linuxsystem installiert, die diesen Aufgaben zugeordnet sind. Daß das durchaus etwas mehr Zeit in Anspruch nehmen kann, zeigt [fig.tasksel-download].

werkzeuge/werkzeuge-zur-paketverwaltung-ueberblick/ncurses-basiert/tasksel-download.png
Abbildung 35. Softwareinstallation via tasksel

Bei Debian und Ubuntu existieren viele Aufgaben als separate, vorgefertigte Pakete, die Ihnen die Einrichtung gemäß eines spezifischen Zwecks erleichtern, indem benötigte Pakete gruppiert werden. Diese Pakete tragen die Bezeichnung task- am Anfang des Paketnamens (siehe [debian-pakete-varianten]). Dazu zählen bspw. die Aufgaben Mailserver, Webserver, Desktopumgebung und Laptop (siehe [fig.tasksel]).

Anmerkung
tasksel und andere Programme

Wenn das Paket tasksel installiert ist, zeigen sowohl Aptitude wie auch Synaptic (siehe [gui-synaptic]) ebenfalls alle verfügbaren Aufgaben an. Aptitude verwendet dafür einen eigenen Ast als Sektion „Debian“ und Distributionsbereich „Tasks“, bei Synaptic hingegen heißt der Bereich (Sektion) „Tasks“.

Die textbasierte Benutzeroberfläche von tasksel ist jedoch nur eine Seite der Medaille. Das Programm ist ebenso für eine Steuerung über die Kommandozeile empfänglich. Die nachfolgende Liste zeigt die möglichen Schalter:

install Aufgabe

installiert alle Pakete, die für die Aufgabe notwendig sind

remove Aufgabe

entfernt alle Pakete, die zur angegebenen Aufgabe gehören

--list-tasks

listet alle Aufgaben auf, die tasksel kennt

--task-desc Aufgabe

zeigt eine Beschreibung der gewählten Aufgabe an

--task-packages Aufgabe

zeigt alle Pakete an, die zur gewählten Aufgabe gehören

-t (Langform --test)

Trockendurchlauf, Ausführung der gewünschten Aktion ohne echte Auswirkung

Über den Schalter --list-tasks stellt Ihnen tasksel alle vorab definierten Aufgaben zusammen (Debian). Am Buchstaben in der ersten Spalte der Ausgabe erkennen Sie, ob diese Aufgabe vollständig auf ihrem Linuxsystem umgesetzt wurde. Daneben sehen Sie das vergebene Kürzel und eine Kurzbeschreibung zur jeweiligen Aufgabe.

Ausgabe aller festgelegten Aufgaben von tasksel
$ tasksel --list-tasks
u desktop         Debian desktop environment
u web-server      Web server
u print-server    Printserver
u database-server SQL database
u dns-server      DNS Server
u file-server     File server
u mail-server     Mail server
u ssh-server      SSH server
u laptop          Laptop
$

Für jede Aufgabe ist eine Beschreibung der Aufgabe hinterlegt. Diese zeigen Sie mit dem Schalter --task-desc an
[Unter Debian 7 Wheezy ist die Ausgabe derzeit defekt und als Bug #756841 hinterlegt, siehe https://bugs.debian.org/756841]
. Auf einem Ubuntu mit tasksel in der Version 2.88 sehen Sie diese Ausgabe:

Ausgabe der Aufgabenbeschreibung eines tasks (Ubuntu)
$ tasksel --task-desc openssh-server
Selects packages needed for an Openssh server.
$

tasksel zeigt Ihnen mit Hilfe des Schalters --task-packages auch die Pakete an, die zu der entsprechenden Aufgabe gehören. Bei Debian und der Aufgabe ssh-server sieht das wie folgt aus — es verweist auf ein entsprechendes Debianpaket:

Pakete, die zu einer Aufgabe gehören (Debian)
$ tasksel --task-packages ssh-server
task-ssh-server
$

Der gleiche Aufruf auf einem Ubuntu — hier für das Paket openssh-server — ergibt diese Liste (Auszug) mit allen benötigten Einzelpaketen:

Pakete, die zu einer Aufgabe gehören (Ubuntu)
$ tasksel --task-packages openssh-server
python-six
python-chardet
python2.7
tcpd
openssh-server
ncurses-term
ssh-import-id
...
$

4.3.2. aptitude

Im Vergleich mit den anderen vorgestellten Programmen zur Paketverwaltung ist aptitude eine recht komplexe und umfangreiche Anwendung. Es ermöglicht Ihnen zwei unterschiedliche Wege der Bedienung — einerseits über die Kommandozeile mit Unterkommandos und Schaltern, andererseits über eine Ncurses-basierte, interaktive, farbige Bedienoberfläche im Terminal. Wieder aufgegeben wurden zwischenzeitlich die Versuche, aptitude auch mit einer graphischen Bedienoberfläche auszustatten (siehe [Beckert-Blog-Aptitude-Gtk-Will-Vanish]).

Das Programm ist verteilt auf die beiden Pakete namens aptitude und aptitude-common. Da das Programm nicht zur Standardauswahl bei der Installation von Debian GNU/Linux und Ubuntu gehört, richten Sie es am besten über den Aufruf apt-get install aptitude auf ihrem Linuxsystem ein. Das Paket aptitude-common wird über Paketabhängigkeiten automatisch mitinstalliert.

Ähnlich wie APT arbeitet aptitude mit Paketen, die sich entweder bereits lokal auf ihrem System befinden, oder noch auf einem Paketmirror vorliegen und vor der Installation noch von dort bezogen werden. Desweiteren bietet Ihnen das Programm die folgenden Funktionen (Auswahl, jeweils Angabe der Unterkommandos auf der Kommandozeile):

Tipp
Dokumentation zu aptitude

Für den vollständigen Funktionsumfang und als Einstieg zum Programm ist das Lesen der Dokumentation zu aptitude [aptitude-dokumentation] empfehlenswert. Neben der Bedienung enthält es alle Unterkommandos, Optionen, Schalter und Möglichkeiten zur Konfiguration.

Wie bereits oben angerissen, können Sie aptitude über die Kommandozeile benutzen. Die Unterkommandos und Schalter sind bzgl. der Schreibweise und Bedeutung ähnlich derer von APT (siehe [apt]).

Um hingegen über die Ncurses-basierte Bedienoberfläche zu agieren, starten Sie zunächst aptitude ohne weitere Optionen. Die mehrfarbige Bedienoberfläche enthält mehrere Elemente. Ganz oben finden Sie die verfügbaren, aktiven Tasten und deren Funktion. Über die Funktionstaste F10 oder alternativ mit Hilfe der Tastenkombination Ctrl+T aktivieren Sie bspw. die Menüleiste. Einige Terminals wie bspw. das Gnome-Terminal fangen die Funktionstaste ab und belegen diese für die eigene Menüleiste. Über den Eintrag Bearbeiten ▸ Tastenkombinationen ▸ Menütastenkombinationen aktivieren (de)aktivieren Sie das Verhalten. Mit Hilfe der Pfeiltasten navigieren Sie zwischen den einzelnen Menüeinträgen hin und her bzw. wählen die gewünschte Aktion aus.

Die beiden Fensterhälften darunter geben Ihnen eine Übersicht zu den Softwarepaketen. In der oberen Hälfte stellt aptitude in einer aufklappbaren Baumstruktur die Paketkategorien ([sortierung-der-pakete-nach-verwendungszweck]), den Distributionsbereich ([distributionsbereiche]) und den Paketnamen mit Versionsnummer dar. Sichtbar wird dabei die Version des installierten Pakets sowie der möglichen Aktualisierung ([benennung-versionsnummer]). Die Auswahl in der Baumstruktur erfolgt analog zu vi(m) mittels j und k (oder über die Pfeiltasten) und Enter. Die einzelnen Strukturebenen klappen Sie mit den Tasten Enter, [ und ] auf und zu.

Dabei hinterlegt aptitude die einzelnen Pakete mit verschiedenen Farben, deren Bedeutung Sie [tab.aptitude-farben] entnehmen. Das Farbschema können Sie auch nach Gutdünken anpassen, genauer gehen wir darauf in [aptitude-farbschema-anpassen] ein.

Tabelle 6. Farben und deren Bedeutung bei aptitude
Farbkombination Bedeutung

schwarzer Hintergrund mit weißer Schrift

das Paket wird nicht verändert

roter Hintergrund mit weißer Schrift

das Paket ist defekt oder kann nicht installiert werden

blauer Hintergrund mit weißer Schrift

das Paket wird aktualisiert

weißer Hintergrund mit schwarzer Schrift

die Paketversion bleibt erhalten, kann jedoch aktualisiert werden

grüner Hintergrund mit schwarzer Schrift

Paket wird installiert

lila Hintergrund mit schwarzer Schrift

Paket wird entfernt („deinstalliert“)

Im unteren Fenster erhalten Sie eine Beschreibung — entweder zur ausgewählten Paketkategorie oder zum jeweiligen Paket. Zwischen den beiden Fensterhälften wechseln Sie mittels der Tab-Taste hin und her. Die Belegung weiterer Tasten entnehmen Sie bitte [tab.aptitude-tasten].

Tabelle 7. Tasten bei aptitude
Aktion Tastenbelegung

Hilfe

?

aptitude beenden (Vormerkungen werden gespeichert)

Shift+ q

aptitude abbrechen (alle Vormerkungen gehen verloren)

Ctrl+kbd[C]

Info-Fenster ein- und ausblenden

Shift+ D

Zwischen den Info-Ansichten wechseln

i

Zwischen beiden Fenstern hin- und herwechseln

Tab

In das Menü von aptitude wechseln

Ctrl+ t oder F10

Paketlisten aktualisieren

u

Ausgewähltes Paket auswählen

+

Ausgewähltes Paket entfernen

-

Auch wenn sich APT und aptitude größtenteils sehr ähnlich sind, bestehen eine Reihe von feinen Unterschieden, die erst während der Benutzung der Programme präsent werden. aptitude hat nützliche Erweiterungen, wie z.B. einen interaktiven Abhängigkeitsauflöser (siehe [fig.aptitude-dependency-solver]). Verändern Sie den geplanten Paketbestand, indem Sie beispielsweise ein zusätzliches Paket markieren und somit zur Installation vormerken, werden automatisch die notwendigen Abhängigkeiten aufgelöst und ebenfalls vorgemerkt. Sie sehen somit unmittelbar, welche Pakete im nächsten Schritt noch hinzukommen oder wieder entfernt werden müssen.

Sollte es dabei zu Paketkonflikten kommen, so werden Ihnen vorab verschiedene Lösungsvarianten und deren Auswirkungen auf den Paketbestand zur Auswahl gestellt. Im Gegensatz dazu präsentiert Ihnen APT nur stets einen einzigen Vorschlag zur Aktualisierung.

Aus diesen angebotenen Varianten wählen Sie die Ihnen am besten passende aus. In den letzten beiden Zeilen des Terminals listet aptitude auf, wieviele Varianten es ermittelt hat, mit welchen Tasten Sie zwischen diesen Varianten wechseln (siehe auch [tab.aptitude-konflikte-loesen]) und wie Sie die gewünschte Variante letztendlich auswählen.

werkzeuge/werkzeuge-zur-paketverwaltung-ueberblick/ncurses-basiert/aptitude-dependency-solver.png
Abbildung 36. package dependency solver in aptitude
Tabelle 8. Tasten zur interaktiven Konfliktlösung bei aptitude
Aktion Tastenbelegung

Vorschläge zur Konfliktlösung anzeigen

e

Nächsten Vorschlag anzeigen

.

Vorherigen Vorschlag anzeigen

,

Ersten Vorschlag anzeigen

<

Letzten Vorschlag anzeigen

>

Teilvorschlag akzeptieren

a

Teilvorschlag ablehnen („reject“)

r

Vorschlag anwenden

!

Darüber hinaus verfügt aptitude über eine Ansicht, in der Sie Pakete nach Debian-Tags (Debtags) (siehe dazu [erweiterte-paketklassifikation-mit-debtags]) sortiert betrachten können. Damit stöbern Sie sehr effizient im Paketbestand. Das ist insbesondere dann interessant, wenn Sie lediglich wissen, nach welcher Funktionalität oder Art von Paket Sie suchen, jedoch den konkreten Paketnamen nicht kennen.

Der ebenfalls im Menü in [fig.aptitude-debtags-browser] (noch) angezeigte Kategoriebrowser gilt als veraltet
[Es handelt sich dabei um eine hart in aptitude verdrahtete und schon sehr lange nicht mehr gepflegte Kategorisierung der Pakete]
, funktioniert seit einigen Versionen nicht mehr und wird voraussichtlich demnächst ganz entfernt [aptitude-categorical-browser-to-be-removed]. Der oben angerissene Debtags-Browser ist der offizielle, wesentlich aktuellere und besser gepflegte Ersatz dafür.

Im Erweiterungsteil gehen wir darauf ein, was passiert, wenn Sie APT und aptitude miteinander mischen ([apt-und-aptitude-mischen]). Auch der Konfiguration des Programms ist ein eigener Abschnitt gewidmet (siehe „APT und aptitude auf die eigenen Bedürfnisse anpassen“ in [apt-und-aptitude-auf-die-eigenen-beduerfnisse-anpassen]).

4.3.3. Nala

Das Werkzeug Nala [Debian-Paket-nala] ist bislang noch recht unbekannt und versteht sich als Frontend für APT. Ziel ist, eine übersichtlichere Darstellung vom aktuellen Paketbestand sowie bei dessen Änderungen zu erhalten, indem graphische Elemente in die Ausgabe einfließen. [fig.nala] zeigt den Dialog auf der Kommandozeile zur Entfernung des Paketes xsnow.

werkzeuge/werkzeuge-zur-paketverwaltung-ueberblick/ncurses-basiert/nala.png
Abbildung 37. Entfernen des Paketes xsnow mittels Nala

Das gesamte Verhalten und die Bedienung von Nala lehnt sich an DNF an - DNF für APT wäre somit eine gute Zusammenfassung. An Schaltern versteht es die Unterkommandos von APT, bspw. install zur Installation von Softwarepaketen, remove zum Löschen sowie purge und remove --purge zum vollständigen Löschen eines Softwarepakets. Mit dem Unterkommando history stöbern Sie in der Historie von Nala, sprich: Sie sehen daraus, welche Paketaktionen bereits vorher durchgeführt wurden.

Nala benutzt dabei nicht die APT-Bibliotheken, sondern stattdessen die Python-apt-API zur Verwaltung der Pakete. Seit dem Frühsommer 2023 mit der Veröffentlichung von Debian 12 bookworm ist Nala in der stabilen Veröffentlichung von Debian GNU/Linux enthalten.

4.4. GUI zur Paketverwaltung

4.4.1. Synaptic

Das Programm steht im gleichnamigen Paket synaptic [Debian-Paket-synaptic] bereit. Es verfügt über eine graphische Bedienoberfläche auf der Basis des Gimp Toolkits (GTK2) und war lange Zeit das empfohlene Programm zur Paketverwaltung für die Benutzer des Ubuntu-Desktops. Zwischenzeitlich sind bei Ubuntu diverse, mehr an Apples App-Store denn an Aptitude erinnernde GUI-Frontends gekommen und wieder gegangen. Aber zumindest scheint sich Ubuntu auf PackageKit als Middleware zwischen GUI und dem eigentlichen Pakete installieren, aktualisieren und entfernen eingeschossen zu haben.

werkzeuge/werkzeuge-zur-paketverwaltung-ueberblick/gui-zur-paketverwaltung/synaptic.png
Abbildung 38. Softwareauswahl in synaptic

Synaptic bedienen Sie über die Menüleiste, eine Reihe von Knöpfen darunter und eine dreispaltige Paketübersicht. Die Darstellung konfigurieren Sie über die Menüpunkte Einstellungen ▸ Einstellungen und Einstellungen ▸ Werkzeugleiste. [fig.synaptic-setup-farben] zeigt als Beispiel das Dialogfenster, über welches Sie die Farben zum jeweiligen Installationsstatus eines Pakets festlegen.

werkzeuge/werkzeuge-zur-paketverwaltung-ueberblick/gui-zur-paketverwaltung/synaptic-setup-farben.png
Abbildung 39. Farbige Markierungen der Pakete gemäß ihrem Installationsstatus (Synaptic)

Über den Knopf Eigenschaften erfahren Sie mehr über das gerade von Ihnen ausgewählte Paket. Dazu zählen Allgemeine Informationen, die Paketabhängigkeiten, die installierten Dateien, die verfügbaren Paketversionen sowie eine ausführliche Paketbeschreibung. [fig.synaptic-paketinfo] zeigt die Informationen zum Paket ding.

werkzeuge/werkzeuge-zur-paketverwaltung-ueberblick/gui-zur-paketverwaltung/synaptic-paketinfo.png
Abbildung 40. Allgemeine Paketeigenschaften für das Paket ding (Synaptic)

Unter der Menüleiste und den Knöpfen finden Sie die dreispaltige Paketübersicht. Links finden Sie verschiedene Auswahlknöpfe, oben rechts die Paketliste und unten rechts die Paketbeschreibung im Detail. [fig.synaptic] zeigt Ihnen die Gesamtansicht anhand des Pakets a2ps.

Die linke Spalte zeigt zunächst die Architektur ([debian-architekturen]). Über die einzelnen Knöpfe darunter schalten Sie zur Ansicht nach den Paketkategorien (Sektionen) ([sortierung-der-pakete-nach-verwendungszweck]) sowie dem Ursprung bzw. der Herkunft der Pakete ([paketquellen]), der Veröffentlichung ([veroeffentlichungen]) und dem Distributionsbereich ([distributionsbereiche]) um.

In der Paketliste oben rechts beinhalten die Spalten den Installationsstatus (Status), eine Information zur Herkunft des Pakets, den Paketnamen, die installierte und die verfügbare Version und eine kurze Paketbeschreibung. Zusätzlich können Sie als Spalten den Distributionsbereich, die Veröffentlichung und die Größe des Pakets nach der Installation ergänzen. Mit einem Mausklick auf den jeweiligen Spaltenkopf sortieren Sie die Paketliste nach der jeweiligen Eigenschaft.

Die rechte untere Spalte zeigt die ausführliche Paketbeschreibung an. Über den linken Knopf (Bildschirmfoto herunterladen) beziehen Sie ein Bildschirmfoto, sofern dieses hinterlegt ist
[Die Bildschirmfotos kommen von [screenshots.debian.net]. Falls für Ihr Lieblingspaket ein Screenshot fehlt, können Sie selbst einen anfertigen und dort hochladen. Nach einem Review wird das hochgeladene Bild im Normalfall freigeschaltet und ist dann für alle Nutzer der Webseite und der Programme, die die Daten von dort verwenden, sichtbar.]
. Über den rechten Knopf (Änderungsprotokoll abrufen) zeigt Ihnen Synaptic die Änderungsdatei (engl. Changelog) zum ausgewählten Paket an.

Um ein Paket zu installieren, wählen Sie dieses zuerst über den Menüeintrag Paket ▸ Zum installieren vormerken (alternativ Strg+I oder einen Rechtsklick) aus. Über den Menüeintrag Bearbeiten ▸ Vorgemerkte Änderungen anwenden (alternativ Strg+P oder den Knopf Anwenden) lösen Sie die Installation aus. In ähnlicher Art und Weise verfahren Sie beim Löschen und Aktualisieren von Paketen. Synaptic prüft bei jeder Aktion die Paketabhängigkeiten und bezieht die weiteren Pakete in die Verarbeitung mit ein, damit ihr Linuxsystem stets in einem konsistenten Zustand bleibt.

Möchten Sie hingegen eine ganze Paketgruppe installieren, bietet Synaptic die gleiche Funktionalität wie das Werkzeug tasksel (siehe [tasksel]). Dazu nutzen Sie den Menüpunkt Bearbeiten ▸ Pakete nach Aufgaben vormerken. Daraufhin erscheint ein ähnliches Auswahlfenster wie in [fig.synaptic-tasksel], aus deren Liste sie die gewünschte Aktion markieren. Alle Pakete, die der ausgewählten Aufgabe zugeordnet sind, gelangen damit in die Vorauswahl und können daraufhin über den Knopf Anwenden installiert werden.

werkzeuge/werkzeuge-zur-paketverwaltung-ueberblick/gui-zur-paketverwaltung/synaptic-tasksel.png
Abbildung 41. Paketauswahl einer ganzen Aufgabengruppe (Synaptic)

4.4.2. Muon

Muon ist ein Paketmanager für KDE und als Klon von Synaptic (siehe [gui-synaptic]) einzustufen. Es setzt auf dem graphischen Framework Qt auf und kommt bislang speziell in der Distribution Kubuntu [Kubuntu] zum Einsatz. Für Debian ist das gleichnamige Paket muon [Debian-Paket-muon] seit der Veröffentlichung Debian 9 Stretch verfügbar, für Ubuntu bereits ab der Veröffentlichung 12.04 Precise Pangolin.

werkzeuge/werkzeuge-zur-paketverwaltung-ueberblick/gui-zur-paketverwaltung/muon.png
Abbildung 42. Softwareauswahl in muon

Pakete können durch Auswahllisten nach der Softwarekategorie, dem Paketstatus, der Architektur und der Herkunft gefiltert werden. Dazu kommt ein Filter nach Zeichenketten in Paketnamen und -beschreibung. Zu beachten ist dabei, dass die verschiedenen Auswahlmenüs der Filter mit "und" verknüpft werden. Beim Wechsel in eine andere Filterkategorie kommt es daher schnell vor, dass kein Paket mehr in der Paketliste angezeigt wird, falls man vergessen hat, den Filter einer vorherigen Suche wieder zu entfernen bzw. auf "Alle" zu setzen.

Wählen Sie ein Paket mit einem Mausklick aus, so stellt Muon im Fensterbereich unter der Paketliste Metadaten und Details über das Paket dar. Dies umfaßt u.a. die Paketbeschreibung, die Paketabhängigkeiten, verfügbare Versionen, den Paketinhalt (Dateien im Paket), den Paketbetreuer, die installierte Größe der Software, die Downloadgröße und das Quellpaket, aus dem das Binärpaket gebaut wurde.

4.4.3. Smart Package Management (SmartPM)

Im Paket smartpm [Debian-Paket-smartpm] verbirgt sich das gleichnamige Programm zur Paketverwaltung. Zunächst etwas unscheinbar, entpuppt es sich aber bei näherer Betrachtung als eine Art Alleskönner und mindestens gleichwertiges Pendant zu Synaptic (siehe [gui-synaptic]).

SmartPM verfügt über drei Bedienmodi. Erstens hat es ebenfalls eine graphische Bedienoberfläche auf der Basis des Gimp Toolkits (GTK2), lässt sich jedoch zweitens auch über die Kommandozeile mit mehreren Schaltern steuern und verfügt als drittes noch über eine Paketverwaltungsshell analog zu wajig ([wajig]) und zu cupt ([Cupt]).

Für ersteres rufen Sie SmartPM im Terminal über das Kommando smart --gui auf oder wählen den entsprechenden Eintrag aus dem Menü Ihrer Desktop-Umgebung aus. In [fig.smartpm] sehen Sie die zweispaltige Darstellung — links die Paketkategorien, rechts oben die Paketliste mit Paketname samt Versionsnummer und rechts unten die ausführliche Paketbeschreibung — hier am Beispiel des Pakets kexi. Unter dem Reiter General verbergen sich die Basisinformationen zum Paket, Description bietet die Paketbeschreibung, Content die Dateien aus dem Paket, Changelog die Veränderungen zur vorherigen Version, Relations die darüber bereitgestellten, verfügbaren und zusätzlich benötigten Pakete. Unter dem Reiter URLs verbergen sich weitere Referenzen zum Paket.

werkzeuge/werkzeuge-zur-paketverwaltung-ueberblick/gui-zur-paketverwaltung/smartpm.png
Abbildung 43. Softwareauswahl in smartpm

Für die Benutzung von SmartPM über die Kommandozeile starten Sie das Programm über den Aufruf smart mit der gewünschten Aktion und dem Paketname. Analog zu APT bzw. aptitude stehen bspw. die Unterkommandos install, remove und upgrade bereit.

Über den Aufruf smart --shell erreichen Sie die Paketverwaltungsshell. Darin nutzen Sie die gleichen Unterkommandos und Schalter wie bei obigem Aufruf über die Kommandozeile. Nachfolgendes Beispiel zeigt das Unterkommando info, welches hier alle Paketinformationen zum Paket kexi ausgibt.

Paketinformationen zu kexi in der Shell von SmartPM
$ smart --shell
Smart Package Manager 1.4 - Shell Mode

Loading cache...
Updating cache...              ####################################### [100%]

smart> info kexi
Name: kexi
Version: 1:2.4.4-3
Priority: 0
Source: calligra_1:2.4.4-3
Group: database
License:
Installed Size: 8.8MB
Reference URLs: http://www.calligra-suite.org/kexi/
Flags:
Channels: DEB System
Summary: integrated database environment for the Calligra Suite
Description:
 Kexi is an integrated data management application. It can be used for
 creating database schemas, inserting data, performing queries, and
 processing data. Forms can be created to provide a custom interface to
 your data. All database objects - tables, queries and forms - are stored
 in the database, making it easy to share data and design.
 .
 Kexi is considered as a long awaited Open Source competitor for MS Access,
 Filemaker and Oracle Forms. Its development is motivated by the lack of
 Rapid Application Development (RAD) tools for database systems that are
 sufficiently powerful, inexpensive, open standards driven and portable
 across many operating systems and hardware platforms.
 .
 This package is part of the Calligra Suite.

smart>

SmartPM wirkt sehr ausgereift und verfügt zudem über eine Reihe von Besonderheiten. Es kann sowohl mit Paketen im deb- als auch in den verschiedenen rpm-Formaten umgehen. Das kann recht praktisch in gemischten Umgebungen sein. Im Gegensatz zu APT und aptitude gestattet es die Auswahl einer oder mehrerer Paketquellen zur Aktualisierung — bei APT sind nur alle aktiven auf einmal möglich.

Analog zu APT und aptitude kennt SmartPM auch diverse Markierungen. Das sind beispielsweise Flags, die anzeigen lassen, ob ein Paket seit der letzten Aktualisierung der Paketlisten neu hinzukam, ob ein Paket nicht aktualisiert werden darf („lock“, „hold“), oder ob ein Paket automatisch installiert wurde
[Bislang scheint SmartPM diese Markierungen nicht mit APT oder aptitude zu synchronisieren. Dieses Verhalten ist als Bug registriert.]
.

Allerdings stammt die letzte Veröffentlichung von SmartPM von 2011 [SmartPM] und es wurde 2019 aus Debian entfernt [SmartPM-RM], nachdem ebenfalls seit 2011 kein Änderungen mehr am Paket passiert und es auf Python 2 und PyGTK aufbaute, die beide "End of Life" sind, d.h. keinerlei Sicherheitsaktualisierungen mehr bekommen. Noch enthalten ist es in Debian 10 Buster und Ubuntu 18.04 LTS Bionic.

Anmerkung
Zusätzlicher Lesestoff

Eine ausführliche Beschreibung zum Programm mit weiteren Beispielen zur Konfiguration und zur Handhabung entnehmen Sie bitte dem Linux-User-Artikel zum gleichen Thema [Hofmann-Smartpm-LinuxUser].

4.4.4. PackageKit

PackageKit ist eine allgemeine, distributionsneutrale Schnittstelle für unterschiedliche Paketverwaltungen, eine sogenannte Abstraktionsebene für die Paketverwaltung (package management abstraction layer). Das Designziel besteht darin, alle graphischen Werkzeuge zu vereinigen, die bei den verschiedenen Linuxdistributionen im Einsatz sind und gleichzeitig auf die neueste Technologie wie PolicyKit
[Berechtigungsdienst, der die Kommunikation von Software via DBus-Protokoll untereinander regelt]
umzustellen. PackageKit ist nicht dafür gedacht, hochspezialisierte Paketverwaltungssoftware zu ersetzen.

Seit 2009 nutzt die Linuxdistribution Kubuntu [Kubuntu] diese Schnittstelle für seine Paketverwaltung im Rahmen von Muon (siehe [gui-muon]). Weitere Anwendungen, die auf PackageKit aufsetzen, sind z.B. das Paket apper [Debian-Paket-apper] für den KDE, das Paket gnome-packagekit [Debian-Paket-gnome-packagekit] für GNOME (siehe [fig.gnome-packagekit]) und das Installationsprogramm zu Openmoko [OpenMoko].