Kapitel 18. Alternative Standard-Programme mit Debians Alternativen-System

Moderne Benutzeroberflächen regeln die Auswahl des Standard-Webbrowsers und des Standard-Editors über XDG[30]. Die Basis dafür bildet die Zuordnung der Anwendungen über MIME (engl. MIME Applications Associations) [mime-applications-associations] und im Speziellen die Liste der Standardanwendungen (engl. Default Applications) [mime-applications-associations-default-applications]. Zur Konfiguration steht Ihnen meist eine passende graphische Oberfläche zur Verfügung.

Ähnliches leisten die Programme select-editor, sensible-browser, sensible-editor und sensible-pager aus dem Paket sensible-utils [Debian-Paket-sensible-utils]. Diese werten primär die Umgebungsvariablen wie $EDITOR, $BROWSER und $PAGER aus und leiten daraus die Programmauswahl ab. Viele Einzelanwendungen, die wiederum andere Standardprogramme aufrufen, ermitteln bspw. die Information nicht selbst, welchen Editor Sie als Benutzer bevorzugen und verwenden. Sie verlassen sich stattdessen auf die Rückgabewerte, die Ihnen an dieser Stelle vom Werkzeug sensible-editor geliefert werden. Gleiches gilt für die anderen drei Werkzeuge.

Ebenso funktioniert das auch in Ihrem Terminal. Rufen Sie darin die Programme namens editor oder x-www-browser auf, werden ebenfalls diese Variablen ausgewertet und das darüber referenzierte Werkzeug ausgeführt.

Leider funktionieren diese beiden o.g. Arten der Auswahl des Standardprogramms nicht für alle Einsatzzwecke, sei es, weil es keinen passenden MIME-Typ für eine bestimmte Aufgabe gibt — z.B. das Standard-Desktop-Hintergrundbild — oder weil niemand bislang eine allgemein gültige Umgebungsvariable dafür definiert hat. Letzteres betrifft bspw. das Ballerspiel Doom, für das mehrere, unterschiedliche Spieleengines verfügbar sind.

Aus diesem Grund ermöglicht Debian Ihnen als Systembetreuer zusätzlich zu den bereits vorher beschriebenen Varianten auch noch die Festlegung eines sinnvollen Standardprogramms über das Debian Alternativen-System. Basierend auf den lokal installierten Werkzeugen legen Sie dieses Standardprogramm manuell fest oder lassen dieses automatisch auswählen.

Das Alternativen-System ist eine Debian-Eigenheit, die für viele Programme und -Pakete existiert. In RedHat/Fedora wurde das System in leicht veränderter Form übernommen [Debian-Wiki-Alternatives]. Ubuntu präferiert hingegen XDG und greift vor allem dann auf das Debian Alternativen-System zurück, wenn es die Pakete unverändert von Debian übernimmt.

Es basiert auf symbolischen Verweisen (kurz Symlink) nach und in das Verzeichnis /etc/alternatives/ sowie gemäß der vom Paketbetreuer zuvor festgelegten Priorität pro Alternative. Folgen Sie den Vorgaben, wird dabei stets das Programm ausgeführt, welchem die höchste Priorität zugeordnet ist. Eine manuelle Festlegung hebt die Vorgaben auf.

Das Werkzeug zur Verwaltung dieser Symlinks auf der Kommandozeile heißt update-alternatives, für die graphische Benutzerschnittstelle steht Ihnen galternatives aus dem gleichnamigen Paket bereit [Debian-Paket-galternatives]. In Abbildung 18.1, „Auswahl mit Hilfe des Programms galternatives sehen Sie exemplarisch die Möglichkeiten für die Gruppe x-www-browser.

Abbildung 18.1. Auswahl mit Hilfe des Programms galternatives

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[30] X Desktop Group (XDG), seit dem Jahr 2000 freedesktop.org