Unter einem Frontend verstehen wir ein Programm oder ein Werkzeug mit einer Bedienoberfläche, welches im Alltag von Ihnen für die Verwaltung der Softwarepakete verwendet wird. Es deckt alle dafür notwendigen Aktionen auf ihrem System ab und umfasst die grundsätzliche Pflege des Paketbestands. Dazu zählen bspw. die Installation, die Aktualisierung und die restlose Entfernung von Softwarepaketen, wobei das Gesamtsystem stets in einem konsistenten, benutzbaren Zustand verbleibt.
Frontends existieren in recht unterschiedlichen Varianten und folgen
divergierenden Bedienkonzepten. Die nachfolgende Übersicht orientiert
sich daher an der Benutzerschnittstelle und dem Paketformat, für das Sie
das jeweilige Programm benutzen können. Einige Programme sind Zwitter
und stellen mehrere Bedienmodi zur Verfügung, so bspw. SmartPM
(Abschnitt 6.4.3, „Smart Package Management (SmartPM)“), welches Sie sowohl über die Kommandozeile, als auch
über eine graphische Oberfläche (GUI) bedienen können. aptitude
(Abschnitt 6.3.2, „aptitude
“), cupt
(Abschnitt 6.2.5, „Cupt“) und wajig
(Abschnitt 8.44.6, „wajig
“) stellen über die Kommandozeile hinaus auch ein eigenes Text
User Interface (TUI) bereit. Die nachfolgende Zusammenstellung in
Tabelle 6.1, „Frontends zur Paketverwaltung“ ist daher nicht ganz diskussionsfrei und erhebt zudem
keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Tabelle 6.1. Frontends zur Paketverwaltung
Kategorie | deb -basierte Systeme | rpm -basierte Systeme | andere Paketformate |
---|---|---|---|
Kommandozeile |
|
|
|
Text User Interface (TUI) |
| Yet another Setup Tool (YaST), DrakConf oder Mandriva Linux Control Center (MCC) [Mandriva-Wiki] bzw. Mageia Control Center (MCC) (Textkonsole) | pcurses |
Graphical User Interface (GUI) | Synaptic, SmartPM, Muon, PackageKit, Apper (früher KPackageKit), | Yet another Setup Tool 2 (YaST2), DrakConf oder Mandriva Linux Control Center (MCC) [Mandriva-Wiki] bzw. Mageia Control Center (MCC) | PacmanXG4, PacmanExpress, tkPacman, GNOME PackageKit, Zenity Pacman GUI, Octopi |
webbasierte Verwaltung (WUI) | IP Brick [ipbrick], Univention Management Console für Univention Corporate Server (UCS), Ubuntu Landscape , Appnr, Communtu, Debian Pure Blends |
Basierend auf der Einordnung in die unterschiedlichen Softwarestapel und Ebenen (siehe Abschnitt 2.3, „Softwarestapel und Ebenen“) lässt sich der Aufgabenbereich und damit der Funktionsumfang eines Programms zur Paketverwaltung konkreter fassen. Dabei kommen häufig die UNIX-Prinzipien „Ein Werkzeug für eine Aufgabe“ und „Keep it simple, stupid“ (sinngemäß: Mach’s so einfach wie möglich) sehr stark zum tragen.
Zur unteren Ebene gehört das Programm dpkg
. Es bietet grundsätzliche
Funktionen, die ein erforderliches Minimum abdecken. Die Funktionen
betreffen nur das lokale System und setzen voraus, dass alle notwendigen
Informationen und deb
-Pakete bereits vorliegen. Dazu gehören die
Fähigkeiten, Informationen über installierte und noch zur Verfügung
stehende Pakete und Paketdateien anzuzeigen sowie bereits lokal als
Datei vorliegende Pakete zu installieren, zu konfigurieren und wieder
vom System zu entfernen. dpkg
fokussiert dabei eher auf Einzelpakete,
bspw. der Aufruf dpkg -i Paketname
zur Installation eines Pakets
(siehe auch Abschnitt 8.38, „Pakete installieren“).
Die obere Ebene beinhaltet im weitesten Sinne alle übergeordneten
Aufgaben, wie bspw. komplexere Verwaltungsfunktionen. Dazu zählt das
Herunterladen der Paketlisten von den vorher von Ihnen festgelegten
Paketmirrors, das Aktualisieren der lokalen Paketlisten, das Auswählen
und Beziehen eines Pakets von einem passenden Paketmirror, das Auflösen
der Paketabhängigkeiten und das Klären weiterer, dazu benötigter oder
empfohlener Pakete, die zum ausgewählten Paket passen und welche für Sie
als Benutzer interessant sein könnten. Ebenso gehört die Validierung
eines Pakets anhand seines GPG-Schlüssels (siehe
Abschnitt 8.32.1, „Prüfung eines Paketes auf Unversehrtheit“) dazu. Zur oberen Ebene zählen bspw.
Programme wie tasksel
, APT, aptitude
, SmartPM, das Ubuntu Software
Center und die PackageKit-Varianten apper (KDE) und gnome-packagekit
(GNOME).
Eine Mischform stellen hingegen die Programme cupt
, wajig
und gdebi
dar. Deren Anspruch ist es, beide Ebenen in einem einzigen
Programm abzudecken und alle erforderlichen Funktionen zur
Paketverwaltung bereitzustellen. Die genannten Programme kommen diesem
Ziel derzeit in unterschiedlicher Qualität nahe. Dabei erfolgt ein
Zugriff auf die bestehenden Bibliotheken, der durch eigene, zusätzliche
Funktionalitäten ergänzt wird.
Es gibt keine Regelung oder Empfehlung dafür, welches Programm aus obiger Liste Sie benutzen sollen. Dafür sind die Wissensstände, Gewohnheiten und Vorlieben im Umgang mit Software zu unterschiedlich (siehe auch „Ausblick und Empfehlungen für Einsteiger“ in Abschnitt 49.2, „Empfehlungen für Einsteiger“).
In der Praxis zeigt sich, dass apt-get
häufig die schnellste und
effizienteste Variante ist, sofern Sie den exakten Namen eines
Debian-Pakets (siehe dazu Abschnitt 2.11, „Benennung einer Paketdatei“) oder
zumindest einen Großteil davon wissen. Die Kommandozeilenwerkzeuge sind
sehr flexibel und verfügen über eine hohe Anzahl von Funktionen. Diese
sprechen Sie über vielfältige Unterkommandos, Schalter und Parameter an.
Viele Schalter und Parameter der Kommandozeilenwerkzeuge werden in den TUI, GUI und WUI nicht oder nur unzureichend abgebildet, sind zudem in den meisten Fällen geschickt versteckt, anders benannt oder auch mitunter sinnentstellend übersetzt. Das sorgt vielfach für Unmut und Verzweiflung bei der Suche nach einer bestimmten Funktionalität. Erfahrenere Benutzer vermissen häufig die Flexibilität der vielen Optionen und greifen daher bevorzugt zur Kommandozeile oder zum TUI, da das schneller und einfacher geht. Das hoffnungs- und erwartungsvolle Herumklicken in einer graphischen Anwendung möchten sie den Marketingfritzen und Mausschubsern überlassen.
Die Komplexität der Kommandozeilenwerkzeuge kann Einsteiger überfordern — gleiches gilt aber auch für graphische Oberflächen. In jedem Fall setzt es bei Ihnen den Willen zur Einarbeitung voraus — gleich welches Werkzeug es auch ist. Der Vorteil der Kommandozeilenwerkzeuge liegt darin, dass sie meist zur Basisinstallation Ihres Debian-Systems gehören und somit auch auf ferngewarteten Serversystemen zur Verfügung stehen. Graphische Werkzeuge sind in der Regel nur auf Desktopsystemen installiert. Webbasierte Benutzerschnittstellen sind deutlich in der Minderheit und haben den Exotenstatus. Steigt der Verbreitungsgrad UNIX/Linux-basierter Smartphones und TabletPCs mit Android bzw. Ubuntu weiter an, ist mit einer Zunahme von Programmen wie Appnr (siehe Abschnitt 6.5.2, „Appnr“) im Alltag zu rechnen.